Alterswohnungen Fridau
,
Schweiz
Veröffentlicht am 07. April 2025
bernath+widmer Architekten AG
Teilnahme am Swiss Arc Award 2025
Projektdaten
Basisdaten
Gebäudedaten nach SIA 416
Beschreibung
Die von bernath+widmer Architekten realisierten Wohnungen in Stein am Rhein bieten Weitsicht – humanistisch als Ort des umsorgten und begleiteten gemeinsamen Älterwerdens und räumlich durch vielseitige Blickbezüge aus den Zimmern. Die beiden traubenförmig, sich hangabwärts verjüngenden Vollholzbauten, verorten sich achtsam über die Farbgebung und konstruktive Verweise zur ortsbaulichen Geschichte.
Städtebau und Situation
Die Fridau liegt am Fuss einer leicht geneigten Hanglage in Stein am Rhein. Sowohl die Sicht auf den Fluss, als auch der Bezug hangaufwärts zum Siedlungsrand und zum Schloss Hohenklingen bergen grosse Wohnqualitäten. Bereits im Architekturwettbewerb wurden zwei einfache, identische Baukörper vorgeschlagen, welche parallel zueinander und in ihrer Lage leicht versetzt in der Falllinie des Hanges liegen. Durch die plastische Gliederung der Baukörper werden die Volumen gebrochen und die Fassaden rhythmisiert, wodurch diese hangseitig als schmale stehende Körper wahrgenommen werden. Distanz und Nähe der beiden Baukörper sind so ausgelotet, dass ein gemeinsamer Hof entsteht. Dieser verweist wiederum auf die bäuerliche Geschichte des Ortes und wird analog zu den Wirtschaftshöfen als Durchgangs- und Aufenthaltshof ausgebildet. Im Sinne des guten Einvernehmens mit der Nachbarschaft zeigen sich beide Häuser von der Rietstrasse als dreigeschossige Bauten mit Flachdach und bewahren durch den offenen Hof die Durchsicht zum Rhein für die Nachbarschaft.
Innenräumliche Vielfalt
Die Erschliessung der fünf Wohnungen pro Geschoss ist kompakt und dennoch als Gemeinschaftsbereich ausgestaltet. Jede Wohnung besitzt eine eigene Eingangsnische. Jede Nische ist mit einer Sitzgelegenheit ausgestattet, die einen Ort zum Verweilen und zum gemeinsamen Schwatz bildet. Die Wohnungen betritt man über einen Eingangsraum mit integrierter Garderobe. Im rückwärtigen Bereich sind das Reduit und das Bad angeordnet. Ein Garderobenkörper zoniert jeweils die Wohnungen und ermöglicht mit der integrierten Schiebetür einen Umlauf. Im Übergang vom Wohnraum zum Zimmer ist den Grundrissen jeweils eine Loggia eingeschrieben, welche sich aussen von der Fassade freispielt und jeder Wohnung nach Süden den Blick zum Rhein freigibt. Die Staffelung des Grundrisses ermöglicht einen freien Ausblick aus jedem einzelnen Aussenzimmer. Im rückwärtigen Bereich der Wohnräume liegen in Nischen die Zeilenküchen. Das bei den Küchen gelegene seitliche Fenster zur Erschliessung hin dient der sozialen Interaktion der Bewohner untereinander. Mit einem Vorhang lässt sich der gewünschte Grad an Privatsphäre auf einfache Art und Weise steuern. Im Sockelgeschoss sind jeweils die öffentlicheren Nutzungen angeordnet. Das östliche Haus am Wisegässli 3 beherbergt im Süden die Spitex, das Haus am Wisegässli 7 den grossen Gemeinschaftsraum für die Bewohner beider Häuser.
Die gedeckte Verbindung zwischen den beiden Häusern ist als Laube ausgestaltet und bindet diese betrieblich zusammen. Der grosse Gemeinschaftsraum ist somit für alle Bewohner gut erreichbar und wird so zum Zentrum und Herz der Anlage. Der verbindenden Laube vorgelagert liegt der gemeinsame Hof. Er ist behindertengerecht nutzbar und gibt den Bewohner*innen Geborgenheit und Intimität. Die Höhe der Laube gewährleistet die freie Sicht durch den unverbauten Zwischenraum, sowohl vom gemeinsamen Hof den Hang hinauf, als auch von den nördlichen Nachbarn in die Weite in Richtung des Rheins.
Konstruktion und Materialisierung
Die beiden Gebäude sind in einer Mischbauweise konstruiert. Der innere Erschliessungskern wurde als Massivbau in Sichtbeton erstellt. Dies vereinfacht die Erfüllung der hohen Anforderungen an den Brandschutz. Die Geschossdecken bestehen aus liegenden Brettschichtholz-Elementen in Kombination mit einer Splittschüttung, welche zusammen ein sehr effizientes Holzdeckensystem bilden. Die tragende Aussenwand ist in einer Trockenbauweise aus vorfabrizierten und ausgedämmten Holzelementen ausgeführt. Die Fassade wurde vor Ort angebracht. Die massive Konstruktion der Loggien und deren Farbgebung suchen bewusst den Bezug zu den ortsüblichen Riegelbauten mit den ochsenblutrot gestrichenen Fachwerken. Die grün gefärbte Fassadenverkleidung lässt die Gebäude mit der Umgebung und der Natur verschmelzen. Aus Gründen der Nachhaltigkeit, der Behaglichkeit und der Optik hat man sich trotz Mehrkosten für einen reinen Holzbau entschieden, bei welchem so weit möglich Vollholz eingesetzt wurde. Für die Fassade wurde eine sägerohe, druckimprägnierte Holzschalung verbaut. Auch im Innenraum werden die Oberflächen naturbelassen oder mit ökologischen Materialien behandelt. Infolge der offenporigen Struktur der Holzoberflächen wird eine sehr gute Raumluftqualität erreicht. Da die Oberflächen als warm empfunden werden, kann dieselbe Behaglichkeit bei leicht tieferer Temperatur erreicht werden. Dieselben Oberflächen können im Vergleich zu Beton deutlich mehr Schall absorbieren. Die Sichtbarkeit der hölzernen Oberflächen prägt somit die Wahrnehmung innerhalb der Wohnungen und begünstigt ein angenehmes Raumgefühl.
Das Projekt von bernath+widmer Architekten wurde für den Swiss Arc Award 2025 eingereicht und von Elisa Schreiner publiziert.