Haus aus Hanf
,
Serbien
Veröffentlicht am 16. Januar 2024
Bach Mühle Fuchs Partner:innen GmbH
Teilnahme am Swiss Arc Award 2024
Projektdaten
Basisdaten
Gebäudedaten nach SIA 416
Beschreibung
Die Geschichte dieses Hauses beginnt mit der Vision des Bauherren, ein Haus aus nachwachsenden Rohstoffen inmitten einer unberührten Landschaft zu errichten. Die karge, ungezähmte Gegend der Homolje Berge südöstlich von Belgrad war Ausgangspunkt für den Entwurf. Haus und Landschaft bilden zwei kontrastierende Objekte, die sich gegenseitig verstärken. Als autonomes Objekt konzipiert, ist das Haus vom Boden abgehoben und zur höchsten sichtbaren Erhebung in der Ferne ausgerichtet. Horizontale Platten bilden aussen einen Kontrast zur sanften Hügellandschaft und innen die Tribüne zum Panorama.
Projektierung
Winkelförmige Hanfkalkmauern formen die Räume dieses Pavillons. Hanfkalk ist ein Bio-Verbundmaterial, das aus dem faserigen Kern des Hanfstängels besteht, der mit Wasser und Kalk als Bindemittel gemischt wird. Das Material ist feuerfest, wasserbeständig und ein guter Dämmstoff, aber nicht tragend. Es wird traditionell in Kombination mit einer Holzkonstruktion verwendet. Für dieses Haus wurde der Hanfkalk schichtweise in die Schalung eingefüllt und von Hand gestampft. Die horizontalen Zeichnungen der Arbeitsschritte bleiben sichtbar und verbindet den Innenraum mit den sanften Konturen der umgebenden Hügellandschaft.
Ein grosses Dach schützt die Wände vor der Witterung und erweitert zusammen mit den zusammenhängenden Terrassenenfiladen die Innenräume nach aussen. Lineare Holzfachwerke, aus vier Meter langen Holzstäben zusammengenagelt, ermöglichen die grossen Spannweiten. Rhythmisch reihen sich die achteckigen Räume hintereinander. Es entsteht eine flexible und fliessende Raumstruktur, ein wahlweise offener und geborgener Raum. Das Haus ist gleichzeitig Pavillon und Höhle.
Realisierung
Das Gebäude wurde über zwei Ebenen entwickelt, die der Konfiguration des Bodens folgen. Jedes Einheitsmodul ist aus der Geometrie eines gleichseitigen Achtecks aufgebaut und rhythmisch aneinandergereiht. Alle Module sind durch eine durchgehende Terrassengalerie verbunden, die je nach den äusseren Bedingungen als integraler Bestandteil des Wohnraums betrachtet werden kann. Der Hauptzugang zum Haus erfolgt über die untere Ebene, die teilweise in den Boden eingegraben ist. Neben dem grosszügigen Entrée beherbergt die untere Ebene zusätzliche Einrichtungen wie eine Sauna und einen Wintergarten.
Besonderheiten
Die Art und Weise, wie Biokompositen in Bezug auf die architektonischen Merkmale des Hauses verwendet werden, kann als eine besondere Qualität dieses Hauses angesehen werden. Normalerweise ist es üblich, dass Gebäude, die aus Hanfmaterialien gebaut werden, den landestypischen Konstruktionsprinzipien ähneln oder diese direkt anwenden (traditionelle oder «Öko-Häuser»). Paradoxerweise ist in diesen Fällen das Material in der Regel weder an der Fassade noch im Inneren des Hauses sichtbar. Im Gegensatz zu diesen Praktiken zeigt dieses Projekt die Schönheit des nackten Materials, das sich mit der Zeit verändert und mit dem Haus altert. Die Hanfwände verleihen diesem modernen Gebäude eine Art ländliche Authentizität. Die Absicht ist, die Materialien Holz und Hanf unter rauen Witterungsbedingungen zu verändern und mit der Zeit eine Patina zu erhalten.
Der Entwurfsprozess berücksichtigte auch die Prinzipien der passiven Sonnenenergiegewinnung – die Ausrichtung des Hauses und der Öffnungen sowie der Winkel, in dem das Sonnenlicht in das Haus einfällt, in Abhängigkeit von den Jahreszeiten.
Dank der Nachtauskühlung und der Verwendung natürlicher und erneuerbarer Baumaterialien wie Baumaterialien wie Holz und Hanf entsteht ein angenehmes Raumklima ohne den Einsatz von mechanischen Geräten. Die Anlage verfügt über ein integriertes System zur Regenwassersammlung, Abwasserreinigung, Abwasseraufbereitung und die Sammlung organischer Abfälle. Im Untergeschoss befindet sich ein Gewächshaus für den Anbau von Gemüse und Kräutern. Dies ermöglicht eine zumindest teilweise Selbstversorgung auch ausserhalb der produktiven Sommermonate.
Das Projekt von Ljubica Arsić und Bach Mühle Fuchs Architekten wurde im Rahmen des Swiss Arc Award 2024 eingereicht und von Marianne Kürsteiner publiziert.
Weitere Beteiligte
Statik: Vladimir Pesić, Belgrad
HLS Planung: Koni Term d.o.o, Milan Đokić, Belgrad
Hanfkalk: Hemplicity d.o.o, Predrag Milosavljević, Belgrad