Haus im Hof

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4001 Basel,
Schweiz

Veröffentlicht am 10. März 2022
GfA Gruppe für Architektur GmbH + Piertzovanis Toews GmbH
Teilnahme am Swiss Arc Award 2022

Projektdaten

Basisdaten

Lage des Objektes
Matthäusstrasse 7, 4001 Basel, Schweiz
Projektkategorie
Gebäudeart
Fertigstellung
01.2021

Gebäudedaten nach SIA 416

Geschossfläche
36 m²

Beschreibung

Als ein Wohnquartier für die Kleinbasler Arbeiter wurde das Matthäusquartier in kaum mehr als einem Jahrzehnt errichtet. Zwischen 1890 und 1900 entstanden innerhalb kurzer Zeit ein von gleichmässigen Blockrandbebauungen geprägter Stadtteil. Wie in vielen Hinterhöfen wurde auch hier ein kleiner Gewerbebetrieb direkt hinter dem Wohnhaus angesiedelt. Die zweigeschossige Werkstatt hat im Laufe der Zeit bereits einige Änderungen erfahren und wird nun aufgestockt, um unter dem Dach einen zusätzlichen Raum zu schaffen, der als Arbeitsraum, Wohnraum und Gästestudio dient.

Unter Beibehaltung der First- und Trauflinien wurde das Dach in der Mitte aufgeklappt, um sowohl mehr Höhe als auch ein neues Fensterband zu erhalten. Die vorhandenen Materialien wurden angepasst und wiederverwendet. Der Dielenboden und das Fachwerk bleiben Teil des veränderten Hauses und begleiten es in neuem Gewand in den nächsten Lebensabschnitt. Auch die verzogenen und verdrehten Balken wurden ausgebaut, zugeschnitten, gebürstet und wieder sichtbar eingesetzt. Im Wechsel mit den präzise vorgefertigten Sperrholztafeln zeigen ihre Kerben und Risse Spuren vergangener Zeiten. Aussen sucht das fein gewellte Zinkblech den Anschluss an die halb industriellen und halb ephemeren Bauten des Hinterhofs.

In der Werkstatt befand sich eine Drechslerei, in der zahlreiche Holzprodukte für die ganze Stadt entstanden. Rahmen, Geländerstäbe, Kerzenständer, Billardstäbe, aber auch Trommelschlegel und Ratschen für die Basler Fasnacht. Aus dem Fundus der vielen Stäbe wurden einige ausgewählt, um als Schalform für einen einzigartigen Schüttstein zu dienen. Die hier vor Ort entstandenen Formen werden auf diese Weise an die nächste Generation weitergegeben und erzählen als Abdruck in einem neuen Material die Geschichte des Hauses weiter.

Die Last des ganzen Daches wird mit einer mittigen Stütze abgetragen, die sich allerdings der statischen Logik entzieht. In der denkbar ungünstigsten Form hält der aus Stahl gewalzte Ring ein Plädoyer für das Gestalten jenseits von Ratio und aufklärerischem Nützlichkeitsstreben. Aufgelöst und mit glitzerndem Lack überzogen wie ein Juwel, erzählt diese Trägerfigur als das einzig sichtbare statische Element nicht von Tragen und Lasten, sondern vom Leichten und von Fröhlichkeit. Das Prinzip, eine Stütze so zu bearbeiten, dass sie nicht mehr als Stütze erkennbar ist, fasziniert nicht nur uns, sondern scheint seit dem Beginn des Bauens immer wieder ein Thema gewesen zu sein.

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