Im Chorb
,
Schweiz
Veröffentlicht am 18. April 2023
Staufer & Hasler Architekten AG
Teilnahme am Swiss Arc Award 2023
Projektdaten
Basisdaten
Gebäudedaten nach SIA 416
Beschreibung
Ein grossformatiger Produktions- und Lagerbau sollte in die hochsensible Kulturlandschaft der Klosterinsel eingebettet werden. Die Auseinandersetzung mit der Geschichte der Klosteranlage und deren Verhältnis von Haupt- und Ökonomiebauten führten zu einer zeitgemässen Übersetzung in Hybridbauweise.
Ausgangslage
An schönster Lage unweit der Rheinufer-Klosterinsel soll das Ensemble «im Chorb» mittel- bis langfristig zu einem ruralen Wohn- und Arbeitsort verdichtet werden, der die Haltung der involvierten Fintan Stiftung und der Sativa Samenproduktion widerspiegelt; mit dem vorliegenden Bauwerk wurde die erste Etappe dieses Ensembles realisiert. Eine der grössten Herausforderungen lag in der volumetrischen Einbettung des überdimensionalen Fussabdrucks (30 x 30 m) für das geforderte Raumprogramm im feinkörnigen Kontext.
Entwurfsidee
So werden die benachbarten Ökonomiebauten – insbesondere der Schweinestall mit seinem langgezogenen Satteldach – zur massgebenden Ausgangslage für eine vierteilige Giebelfolge. Als Abbild des hölzernen Bogentragwerks bildet sie als Schaufassade eine identitätsstiftende Adresse in der geschützten Kulturlandschaft. In den Tälern der Giebelstruktur können PV-Anlagen und Oberlichter für die Büroeinheiten «versenkt» werden, um sie der Einsicht aus der Landschaft zu entziehen – eine Strategie, die auch den Heimatschutz überzeugte, der an diesem sensiblen Ort erstmals einer Dach-PV-Anlage zugestimmt hat.
Projektierung
Entsprechend den diffizilen Anforderungen der Saatgutproduktion, -lagerung und -abfüllung wurden die verschiedenen Temperaturzonen im Haus in einem zwiebelartigen System so angeordnet, dass die Haustechnik maximal minimiert werden kann: Die biodynamischen Samen lagern tief unten im kühlen und steinernen Grund, die Produktion wird erdgeschossig auf Anlieferungsebene angeordnet und die Büroräumlichkeiten liegen in den luftigen Höhen des Holzbaus – mit Blick auf die Landschaft.
Realisierung
Vor dem Hintergrund der geschilderten Ausgangslage kamen – trotz engem Kostenrahmen – biologische Materialien zur Anwendung. Dem starken Wunsch der Bauherrschaft betr. Mitbestimmung und Mitwirkung wurde in einem interaktiven Kooperationsprozess bis hin zur Umsetzung begegnet. So wurden etwa die Fundamentplatten anlässlich einer öffentlichen Feier durch Bauherrschaft und Mitarbeitende eingebracht oder das Treppenhaus, die Möblierung, die Beschriftung sowie die Kunst am Bau von Bauherren und Nutzern mitgestaltet und teilweise umgesetzt.
Besonderheiten
Die besondere Leistung der Auslober- und Bauherrschaft liegt im Bewusstsein, dass den üblicherweise gerade in ländlichen Gegenden vernachlässigten Gewerbebauten eine besondere Zuwendung und Sorgfalt zu schenken ist. Mit dem vorliegenden Bauwerk sollten Anforderungen auf unterschiedlichsten Ebenen (Kulturschutzlage, Technikminimierung, Tragwerksinnovation, Nachhaltigkeit, biologisches Bauen, Identitätsstiftung) verschränkt werden. Besonders erfreulich ist die Tatsache, dass ein Erhalt des zum Abbruch vorgesehenen «Brückenbauwerks» auf dem Areal verhindert werden konnte. Dieses dient nun der Gemeinschaft als gedeckter Parkplatz und als offener Veranstaltungsraum.
Der Text wurde von den Architekt*innen im Zusammenhang mit der Einreichung des Projektes für den Arc Award 2023 verfasst.