Jardin Métropole – Bären Tour de l'Ours

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2504 Biel/Bienne,
Schweiz

Veröffentlicht am 21. Oktober 2025
HHF architekten GmbH

Projektdaten

Basisdaten

Lage des Objektes
Poststrasse 19, 2504 Biel/Bienne, Schweiz
Projektkategorie
Gebäudeart
Fertigstellung
06.2024
Links

Gebäudedaten nach SIA 416

Anzahl Wohnungen
16
Geschossfläche
3253 m²
Gebäudevolumen
20'470 m³
Gebäudekosten (BKP 2)
10,6 Mio. CHF

Beschreibung

Rund um das ehemalige Dorfzentrum hat sich das Bieler Quartier Mett in den letzten Jahrzehnten stark verändert. Neue Bauten mit jeweils eigener Formensprache ergänzen das historische Gefüge, während Infrastrukturen und Verkehrsachsen das Gebiet zunehmend urbanisieren. In diesem heterogenen Kontext setzt das neungeschossige Wohn- und Geschäftshaus am Kreisel des Bärenplatzes einen klaren städtebaulichen Akzent. Es vermittelt zwischen dem alten Dorfkern und dem Bahnhof Mett und markiert als Landmarke und neuer Orientierungspunkt zwischen Biel und Solothurn den östlichen Eingang zur Stadt. Der Neubau setzt die Bieler Tradition moderner, markanter Hochpunkte fort, die als städtische Wegweiser fungieren – hier neu interpretiert im Kontext von Biel-Mett, eingebettet in ein Ensemble aus Bahnhof, Kirche, Friedhof, Schule und dem Grünraum entlang der Schüss.

Vertraute Formen, neue Lesbarkeit
Bei näherer Betrachtung offenbart das Gebäude eine architektonische Sprache, die bewusst auf den Ort Bezug nimmt. Drei unterschiedlich grosse Kuben gruppieren sich um ein zentrales, tageslichtdurchflutetes Treppenhaus. Das Erdgeschoss – eine moderne «Rotonde» – belebt sowohl den Bärenplatz als auch die Poststrasse. Die 16 Wohnungen in den Obergeschossen bieten weite Ausblicke Richtung Jura und öffnen sich zum ruhigen alten Dorfkern. Die Wohnungsgrössen von 2.5 bis 5.5 Zimmern sind für unterschiedliche Lebensformen konzipiert: Paare, Familien, Wohngemeinschaften. Aufgrund des starken Verkehrs im Süden befinden sich in den unteren Geschossen grosszügige Gewerbeflächen. Das Gebäude staffelt sich nach Norden. Das Erdgeschoss nimmt die Baufluchten und Höhen der Nachbarschaft auf und öffnet sich ganz selbstverständlich zum Platz. So ergänzt der Neubau die südöstliche Kante des historischen Zentrums von Mett und leitet in einen neuen öffentlichen Grünraum mit Spielplätzen über, der bis zur Mühlenstrasse reicht.

Geschichte trifft Zukunftsfähigkeit
Architektonisch knüpft der Neubau an Bieler Baugeschichte an – und interpretiert sie neu. Die Komposition aus Turm und Rotunde zitiert Eduard Lanz’ Volkshaus. Die Vorhangfassade verweist auf das Farelhaus und das Kongresshaus von Max Schlup – klassische Referenzen in Biel. Gleichzeitig stehen der sorgsame Ressourceneinsatz und eine präzise städtebauliche Setzung im Zentrum des Projekts. Der langgestreckte Garten zwischen Mühlenstrasse und Bärenplatz findet seine Fortsetzung im Inneren und zieht sich bis hinauf aufs Dach. Dort entstehen gemeinschaftliche Dachgärten mit Hochbeeten – Orte für nachbarschaftliches Leben. Jede Wohnung besitzt eine begrünbare Loggia, drei davon haben private Terrassen. Eine Retentionsschicht unter den Aussenräumen übernimmt das Regenwassermanagement. Die vorgelagerten Loggien und Wintergärten bieten nicht nur private Rückzugsorte, sondern dienen auch als Puffer gegen Lärm von Strasse und Platz.

Eine Haut mit wechselnden Reflexionen
Die Fassade bringt die Staffelung der Baukörper zur Geltung und spielt mit Licht, Tiefe und Reflexion. Die gewählte Materialpalette ist zurückhaltend, aber nuanciert: Unterschiedliche Texturen erzeugen ein lebendiges Fassadenbild – sowohl in der Horizontalen als auch in der Vertikalen. Profilierte Keramikpaneele sind präzise im Fassadenraster eingepasst; die Fugenbreiten variieren zwischen 8 und 15 Millimetern und unterstreichen die sorgfältige Planung. Hinter der Verkleidung liegt eine mineralische Wärmedämmung aus rund 80 % recyceltem Glas, die hohe thermische Leistungen gewährleistet. Die Paneele sind auf eine textile Doppel-Unterkonstruktion montiert und verschraubt – eine robuste, gut wartbare Lösung. Vertikal wechseln sich verglaste Photovoltaikmodule mit emaillierten Keramikelementen ab. Die „Glas-Glas“-Solarmodule stammen von Megasol und sind direkt in eine tragende Stahlstruktur integriert. So entsteht eine funktionale und gleichzeitig ausdrucksstarke Fassadenhaut: langlebig, natürlich, wartungsarm – und mit einem lebendigen Wechselspiel aus Licht, Tiefe und Reflexion. Ihre haptische Qualität erinnert an die Klinkerfassaden des Volkshauses, interpretiert sie aber mit heutigen Mitteln neu.

Eine aktive, solare Fassade
Das Gebäude setzt auf eine dezentralisierte, nachhaltige Energieversorgung mit dem Ziel, den Verbrauch nicht erneuerbarer Ressourcen zu minimieren. Heizung und Warmwasser werden durch Geothermie-Sonden bereitgestellt, während ein Belüftungssystem Wärmeverluste reduziert, indem es Frischluft zuführt, ohne dass Fenster geöffnet werden müssen. Hier wird die Fassade selbst zu einem echten Akteur der Energieproduktion. Anstatt die Solarmodule nur auf dem Dach zu platzieren, sind alle vertikalen Flächen des Gebäudes mit Photovoltaikmodulen ausgestattet, während die Dächer begrünt sind. Das Ergebnis ist eine optimierte Energiedeckung und eine geringere Belastung des Stromnetzes. Mit 400 m² aktiver Oberfläche und einer Leistung von 55 kWp maximiert die Anlage den Eigenverbrauch durch einen effizienten Wechselrichter und speist überschüssige Energie ins Netz zurück. PV-Module sind auf eine Lebensdauer von mindestens 30 Jahren ausgelegt und erleichtern zudem die Wartung. So wird die Fassade zu einem vertikalen Solarkraftwerk, das architektonische Intelligenz mit Energieeffizienz verbindet.

Das Projekt wurde von HHF architekten eingereicht und von Jeannine Bürgi publiziert.

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