Kunstpavillon Centre Albert Anker

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3232 Ins,
Schweiz

Veröffentlicht am 02. April 2024
Atelier Marcel Hegg
Teilnahme am Swiss Arc Award 2024

Projektdaten

Basisdaten

Projektkategorie
Fertigstellung
07.2022
Links

Gebäudedaten nach SIA 416

Grundstücksfläche
451 m²
Geschossfläche
337 m²
Nutzfläche
162 m²
Gebäudevolumen
1410 m³
Gebäudekosten (BKP 2)
2,1 Mio. CHF

Beschreibung

Der neue Kunstpavillon ergänzt die historische Wirkungsstätte des Schweizer Kunstmalers Albert Anker. Ganz in Holz erbaut, ist das Projekt von Atelier Marcel Hegg eine zeitgenössische Interpretation der traditionellen Speicher und bietet den Kunst- und Kulturgütern optimale klimatische und sicherheitstechnische Lagerbedingungen.

Ausgangslage

Das historische Künstlerhaus von Albert Anker ist das Herz der Anlage, welches die Besucher*innen empfängt und einmalige Einblicke in das Leben und Wirken eines der bekanntesten Künstler der Schweiz gibt. Zur sicheren Aufbewahrung der Kunst- und Kulturgüter der Stiftung wurde im Garten ein Neubau erstellt. Der Kunstpavillon ist nebst der sicheren Lagerung auch für die Vermittlung und die neue Ausstrahlung des Centre Albert Anker ein wichtiger Faktor.

Entwurfsidee

Der Kunstpavillon wurde in Analogie eines traditionellen Speichers zum historischen Gebäude, welches als typisches Seeländer Bauernhaus erbaut wurde, hinzugesetzt. Durch das Platzieren an der nordöstlichen Ecke des Grundstückes konnte der Blick auf das Albert Anker-Haus freigehalten und trotzdem ein Gegenüber geschaffen werden. Der Neubau nimmt verschiedene Aspekte eines Speichers auf: Das Abheben vom Terrain, der reine, massive Holzbau, das ausladende Vordach, die umlaufende Laube, den Steinblock als Antritt. Die schräg laufenden Streben der Laube binden das Gebäude zusammen, ermöglichen eine grazile Leichtigkeit im Garten und erzeugen eine starke, zeichenhafte Ausstrahlung mit Wiedererkennungswert. Der Hauptraum wird durch die Laube mit den horizontalen Lamellen von der Witterung geschützt und wird zu einem spannungsvollen Übergangsraum zwischen Garten und Architektur. Das Eintauchen in den Kunstpavillon über die steinerne Rampe, die leicht ansteigende Laube, den Windfang und schlussendlich die theatralische Eingangstüre in den Lager- und Ausstellungsraum wurde als bewusstes räumliches Erlebnis konzipiert. Der Hauptraum strahlt durch sein reduziertes Licht und seine mystische Atmosphäre eine Ruhe aus — ein Innehalten für die Kunst Albert Ankers.

Projektierung

Das Projekt verfolgt die Grundsätze des einfachen Bauens und der Reduktion der Gebäudetechnik. Durch den Einsatz der Vollholzkonstruktion mit seinen vorteilhaften Eigenschaften der Trägheit wird ein Raumkörper geschaffen, welcher nur sehr langsam auf klimatische Veränderungen reagiert. Dadurch können die Betriebsenergie minimiert und die strengen Anforderungen an ein konstantes Klima für die sensiblen Papierwerke eingehalten werden. Den natürlichen Stärken des Materials Holz wurde im Kunstpavillon grosse Aufmerksamkeit geschenkt. Die gesamte Gebäudehülle besteht aus Mondholz und ist dadurch robuster und langlebiger. Die der Witterung stark ausgesetzte Laubenkonstruktion wurde mit sägeroher Eiche gefertigt und trotzt auch dem in der Region oft vorherrschenden Nebel. Durch die rohe Oberfläche altert die Eiche natürlich und schafft mit der Patina einen eigenen Holzschutz. Der innere Vollholzraumkörper ist aus Tannenholz ausgestaltet. Die 50 Zentimeter dicken Fassadenwände bestehen aus Bretterlagen, welche nur mechanisch mit Hartholzdübeln ohne Leimstoffe verbunden sind. Für die inneren Bretter der Vollholzwand wird Sturmholz eingesetzt. Die spezielle Konstruktionsart wird durch die sichtbare Schichtung der Holzlagen sowie die vorstehenden ornamentalen Dübel für den Besucher erlebbar gemacht und erzeugen in der Perspektive der Laube eine Spannung.

Realisierung

Der Neubau ist in Elementbauweise erstellt worden. Die Laubenkonstruktion, die Vollholzwände und die Deckenelemente konnten vorgefertigt und innerhalb von zwei Wochen aufgerichtet werden. Die homogene Vollholzkonstruktion ist eine einfache Bauweise, an welcher auch nachträglich ohne Probleme Anpassungen vorgenommen werden können. Die Stützenfüsse der Laube wurden mittels Stahlelemente auf ein umlaufendes Streifenfundament versetzt und schaffen den Übergang vom Terrain zur Gebäudehülle. Der Anteil an Stahlbeton wurde auf ein Minimum reduziert. Für das Untergeschoss wurde lediglich eine Betonwanne erstellt, welche den Kontakt zum Terrain übernimmt. Innenwände im Untergeschoss und die darüberliegende Decke wurden ebenfalls in Holz ausgeführt.

Besonderheiten

Der Bedarf an Eichenholz für die Laubenkonstruktion erfolgte mit Bedacht und Respekt an diesem wertvollen Baumbestand. Der gesamte Verarbeitungsprozess vom Baum im Wald bis zum verarbeiteten Bauteil im Gebäude wurde dokumentiert und die Waldbesitzer wurden nach Fertigstellung zur Besichtigung eingeladen.

Das Projekt von Atelier Marcel Hegg wurde im Rahmen des Swiss Arc Award 2024 eingereicht und von Sabrina Hobi publiziert.

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