Baumaterialien: Tropenholz-Imitat

 

Wissen

Veröffentlicht am 23. Dezember 2020 von
Stefan Gyr

Tropenholz-Imitat aus einheimischen Wäldern

Elena Nedelkoska ist Assistentin am Institut für Werkstoffe und Holztechnologie der Berner Fachhochschule.
Tropenholz ist wegen seiner Widerstandsfähigkeit und seines Aussehens beliebt, doch Regenwaldbäume werden oft illegal abgeholzt und gehandelt.

Einheimisches Holz, das ähnlich aussieht wie Tropenholz und fast dieselben Eigenschaften aufweist: Elena Nedelkoska von der Berner Fachhochschule (BHF) hat mit ihrer «WoDens»-Technologie einen Projektbeitrag der Gebert Rüf Stiftung gewonnen. Jetzt will sie ein Spin-off gründen.

«Unser Ziel ist es, durch die Modifikation von nachhaltigem einheimischem Holz einen neuen Werkstoff zu entwickeln, der den Tropenhölzern in Aussehen und Eigenschaften ähnlich ist», sagt Elena Nedelkoska. Die Assistentin am Institut für Werkstoffe und Holztechnologie der Berner Fachhochschule hat die «WoDens»-Technologie entwickelt. Damit kann Holz aus Schweizer Wäldern wie Buche, Ahorn, Fichte oder Linde zu einem Werkstoff verarbeitet werden, der aussieht wie Tropenholz und fast dieselben Eigenschaften hat.

Mit ihrer «WoDens»-Technologie konnte Nedelkoska die Jury der Gebert Rüf Stiftung überzeugen. Die Stiftung fördert mit dem Programm «First Ventures» Bachelor- und Masterstudierende von Fachhochschulen, die in ihrer Abschlussarbeit eine innovative Geschäftsidee entwickeln und diese nach dem Diplomabschluss weiterverfolgen wollen. Als Gewinnerin wird Elena Nedelkoska mit einem Projektbeitrag von 30 000 Franken sowie einem individuellen Businesstraining- und Coachingprogramm unterstützt.

Robust und widerstandsfähig

Die Industrie greift heute für Möbelstücke und Baumaterialien häufig auf tropische Hölzer zurück. Mahagoni, Meranti, Teak oder Bangkirai sind beliebt, weil sie robust und widerstandsfähig sind. In tropischen Regenwäldern wachsen die Bäume vom dunklen Waldboden zunächst kerzengerade nach oben, bis sie das Licht erreicht haben. Bis dahin bilden sie keine Äste aus – der Stamm wächst astrein und stabil.

Tropische Bäume lagern zudem besondere Abwehrstoffe ein: In dem feuchtwarmen Klima gibt es viele Schädlinge und Krankheiten. Um sich vor der Feuchtigkeit zu schützen, wächst das Holz besonders dicht, damit keine Nässe eindringen kann. Das Tropenholz erhält so eine besondere Farbe und Härte.

Viele tropische Baumarten gelten aber als gefährdet, und die Hölzer sind oft schwer erhältlich und sehr teuer. Regenwaldbäume werden zudem oft illegal abgeholzt und gehandelt. Schätzungen zufolge wird bis die Hälfte der Tropenhölzer im Handel illegal geschlagen. Wenn Hersteller Objekte aus Tropenholz verkaufen wollen, müssen sie Zertifikate erwerben, die eine nachhaltige Nutzung des Regenwalds sicherstellen sollen. Doch auch die legale Rodung ist nicht unproblematisch. Die Biodiversität im Regenwald schwindet, weil immer mehr Lebensräume zerstört werden. Laut dem WWF werden jedes Jahr 13 Millionen Hektar Regenwald abgeholzt. Pro Minute ist es umgerechnet eine Fläche von 35 Fussballfeldern.

Auch das Ökosystem gerät aus dem Gleichgewicht. Bäume dienen als Wasserspeicher. Durch die Rodung trocknen Gebiete aus und werden anfälliger für Waldbrände. Zudem gelangt CO2 in die Atmosphäre. Der Regenwald ist ein riesiger CO2-Speicher. Werden die Bäume abgeholzt, wird das CO2 freigesetzt. Auf den gerodeten Flächen wird meist die gesamte Vegetation entfernt und verbrannt. Dadurch wird besonders viel CO2 ausgestossen und ein Grossteil der Artenvielfalt vernichtet. Auf den Flächen werden häufig Plantagen für Soja oder Ölpalmen angelegt, die oft in Monokulturen wachsen.

Maschine

Mit dieser neuen Maschine können Holzfeuchtigkeit, Dampf, Temperatur und Druck gesteuert werden.

Mit dieser neuen Maschine können Holzfeuchtigkeit, Dampf, Temperatur und Druck gesteuert werden.

Mit künstlicher Intelligenz

Eine nachhaltige Alternative könnte einheimisches Holz bieten, das Eigenschaften von Tropenhölzern aufweist. Dieses Ziel hat auch Elena Nedelkoska im Blick: «Wir möchten Tropenholz durch modifiziertes lokales Holz mit verbesserten Eigenschaften ersetzen.» Die «WoDens»-Technologie beruht auf einem Verdichtungsprozess in einem geschlossenen System. «Wir haben eine Maschine im Labormassstab gebaut, mit der Parameter wie Holzfeuchtigkeit, Dampf, Temperatur und Druck gesteuert werden können.»

Dabei kommt auch künstliche Intelligenz zum Einsatz: Ein maschinelles Lernmodell kann die endgültigen Eigenschaften des modifizierten Holzes vorhersagen. Mit dieser Technologie könne die Qualität des Holzes angepasst werden, erklärt die junge Holzexpertin mit Wurzeln in Mazedonien. So werden in der Verdichtungspresse die Eigenschaften des Holzes wie Dichte, Härte, Kratzfestigkeit, Farbe oder auch Farbveränderung unter UV-Strahlung und Beständigkeit gegen biologischen Abbau verbessert und mit den Qualitäten von Tropenholz vergleichbar. Nedelkoska: «Wir haben zum Beispiel mit Fichtenholz experimentiert: Wenn man es zusammenpresst, färbt es sich dunkel und erhält ähnliche Eigenschaften wie Tropenholz.»

Individuell angepasstes Holz

Das «Alleinstellungsmerkmal» der Technologie ist laut Nedelkoska die Möglichkeit, die Farbe des Holzes nach den Kundenwünschen individuell anzupassen. Gewöhnlich ist einheimisches Holz in hellen Farbtönen erhältlich, etwa beige, braun oder gelblich. Sie könne das Material aber direkt in der Maschine mit einer intensiven Farbe versehen, indem der Verdichtungsprozess mit der Imprägnierung des Holzes mit der gewünschten Farbe kombiniert werde.

Nedelkoska will nun die «WoDens»-Technologie weiterentwickeln. Deshalb bleibt sie als Assistentin am BFH-Institut für Werkstoff- und Holztechnologie angestellt, mit dem Ziel, das Spin-off «WoDens» zu gründen. «In Zukunft möchten wir in Dichte, Farbe und so weiter individuell angepasstes Holz anbieten, das auf die Bedürfnisse der Kundinnen und Kunden abgestimmt ist», so Elena Nedelkoska. «Gerade in der heutigen Zeit, in der Kunden wissen wollen, woher die Materialien kommen und wie sie hergestellt werden, hat diese Alternative viel Potenzial.»

Modifiziertes Buchenholz

Mit der «WoDens»-Technologie können Hölzer in Farbe und Dichte modifiziert werden. Von links nach rechts: Verdichtetes Buchenholz, unbehandeltes Buchenholz, gefärbtes Buchenholz, gefärbtes und vedichtetes Buchenholz

Mit der «WoDens»-Technologie können Hölzer in Farbe und Dichte modifiziert werden. Von links nach rechts: Verdichtetes Buchenholz, unbehandeltes Buchenholz, gefärbtes Buchenholz, gefärbtes und vedichtetes Buchenholz

Von Branchenpartner unterstützt

Unterstützt wird sie von der Arts and Design Manufacture SA in La Chaux-de-Fonds. Das Unternehmen, ein Branchenpartner der Berner Fachhochschule, ist in der Uhren- und Schmuckindustrie tätig. Mit seiner langjährigen Erfahrung und seinem Fachwissen soll es Nedelkoska helfen, Marktstrategien zu entwickeln. «Dadurch können wir auch Verbindungen zu Kunden aufbauen, die weltweit Luxus- und Premiumprodukte aus der Uhren- und Schmuckindustrie, aber auch Küchengeräte, Möbel und Accessoires vertreiben», sagt Nedelkoska. Sie strebt zudem eine strategische Partnerschaft an, zum Beispiel mit der Eidgenössischen Materialprüfungs- und Forschungsanstalt (Empa).

Bis dahin will sie mit ihrem Projekt einige Schritte vorankommen. «Wir haben bei null angefangen und verfügen im Moment nur über kleine Muster.» Jetzt will sie die Muster vergrössern. Auch die Farbpalette möchte sie erweitern.

Erstmal veröffentlicht im Baublatt, Ausgabe 20/2020

192268301