Busludscha-Denkmal: Rettung einer sozialistischen Architekturikone

 

Wissen

Veröffentlicht am 02. Juli 2021 von
Silva Maier

Busludscha-Denkmal

Ein Ufo aus der Vergangenheit? Das Busludscha-Monument wurde 1981 erstellt und zerfällt seit dem Fall des Eisernen Vorhangs zusehends.©Dimitry Anikin

Ein Ufo aus der Vergangenheit? Das Busludscha-Monument wurde 1981 erstellt und zerfällt seit dem Fall des Eisernen Vorhangs zusehends.©Dimitry Anikin

Das Busludscha-Denkmal in Bulgarien wird nicht saniert und restauriert, sondern lediglich vor dem weiteren Verfall bewahrt. Zurzeit wird es von einem Team der TU München konserviert und gesichert, sodass man es dereinst wieder besuchen kann.

Als wären hier in fernen Zeiten Ausserirdische gelandet und hätten ihr Raumschiff danach den Elementen überlassen: Das Busludscha-Denkmal auf dem Gipfel des Chadschi Dimitar im Herzen von Bulgarien erinnert an eine fliegende Untertasse. Mit dem Gebäude wollte der bulgarische Staat einst der sozialistischen Bewegung des Landes gedenken, 1981 ist es zur Feier des 1300-jährigen Geburtstags der Staatsgründung eingeweiht worden. Doch mit dem Sturz der Regierung in den Jahren 1989/90 verfiel das Monument zusehends. Der Beton korrodierte, die gigantischen Mosaike, die in seiner Kuppelhalle von einem Durchmesser von 60 Metern das Sowjetreich verherrlichten, verloren ihren bunten Glanz und durch die zum Teil zerborstene Kuppel leuchtet längst der Himmel. Ausserdem wurde diese Ikone der sozialistischen Architektur im Nachkriegseuropa zunehmend Opfer von Vandalismus. Dies auch, weil sie für viele Bulgaren mit schmerzhaften Erinnerungen verbunden sein dürfte.

Die Kuppelhalle des Busludscha-Monuments erzählt ihre eigene Geschichte.©Darmon Richter

Die Kuppelhalle des Busludscha-Monuments erzählt ihre eigene Geschichte.©Darmon Richter

Die Kuppelhalle des Busludscha-Monuments erzählt ihre eigene Geschichte.©Darmon Richter

Schliesslich ist das Monument derart baufällig geworden, dass man es für die Öffentlichkeit sperrte und seine Eingänge verbarrikadierte. Das ändert sich zurzeit: Der Zeitzeuge, der im Laufe der Zeit zum Anziehungspunkt für Freunde des «Dark Tourism» und Architekturinteressierten geworden ist, wird konserviert und soll wieder begehbar werden. Hinter dem ambitionierten Projekt steht ein Team der TU München (TUM) unter der Leitung von Thomas Danzl, ebenfalls mit dabei sind die Buzludzha Project Foundation und Icomos Deutschland. «Ich denke, es ist wichtig, dieses Gebäude zu erhalten, damit es als Mahnmal wirken kann. Wir brauchen das», sagt Uwe Brückner von der TUM, der auch an dem Projekt mitarbeitet, in einem Video der Buzludzha Project Foundation. «Wenn wir alles eliminieren, was wir in der Vergangenheit nicht gemocht haben oder auf der sogenannten dunklen Seite gestanden hat, dann gibt es auch keine Bereitschaft, mit Vergangenheit umzugehen.»

Die Spuren des Zerfalls erhalten: Konservieren statt restaurieren

Sowohl innen wie auch aussen haben zahllose Besucher ihre Spuren hinterlassen.©Dimitry Anikin

Sowohl innen wie auch aussen haben zahllose Besucher ihre Spuren hinterlassen.©Dimitry Anikin

Sowohl innen wie auch aussen haben zahllose Besucher ihre Spuren hinterlassen.©Dimitry Anikin

Thomas Danzl sieht es ebenfalls so. Auch Bauten, die mit heutigen politischen Verhältnissen nicht mehr vereinbar sind, «sind selbstverständlicher Teil unserer Geschichte, Teil unserer Identität. Ein Tilgen von Geschichte ist nicht immer von Vorteil.» Deshalb wird das Busludscha-Monument auch nicht restauriert und in seinen ursprünglichen Zustand zurückversetzt, sondern lediglich konserviert. In diesem Fall bedeutet dies laut Danzl, dass man «das Gewordene der Ruine» anerkennt und ein Gleichgewicht von Erhalt und kontrolliertem Verfall sucht: Das heisst, mit minimalinvasiven Mitteln seinen aktuellen Zustand erhält. Denn das Monument erzählt laut Danzl mehr als nur eine Geschichte aus dem einstigen Ostblock. «Das Material erzählt uns auch die Geschichte des Vandalismus in den 1990er-Wende-Jahren durch Bulgarinnen und Bulgaren, die sich mit dem Regime nicht mehr identifizierten», so Danzl. «Und es erzählt uns von einer Jugendkultur und deren Mitteln der Aneignung mit Graffitis oder der Idee, mit Quads durchs Gebäude zu preschen. Die Aneignung geschieht auf vielerlei Arten. Diese Geschichten sind als Ganzes wie ein Buch zu lesen. Wir wollen nicht unbedingt Antworten geben, sondern Fragen aufwerfen und diese Fragen moderieren.»

Riesige Mosaikflächen verfallen im Busludscha-Monument. Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler haben jetzt mit der Konservierung begonnen. Thomas Danzl und Nadia Thalguter kartieren hier die hohlliegenden Bereiche der Mosaike.©Buzludzha Project Foundation

Riesige Mosaikflächen verfallen im Busludscha-Monument. Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler haben jetzt mit der Konservierung begonnen. Thomas Danzl und Nadia Thalguter kartieren hier die hohlliegenden Bereiche der Mosaike.©Buzludzha Project Foundation

Riesige Mosaikflächen verfallen im Busludscha-Monument. Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler haben jetzt mit der Konservierung begonnen. Thomas Danzl und Nadia Thalguter kartieren hier die hohlliegenden Bereiche der Mosaike.©Buzludzha Project Foundation

Ein Wettbewerb für ein Schutzdach?

Um das sozialistische «Ufo» zu retten, wurden zunächst ein Schutzdach aus Metall und eine Schutzeinhausung mit Textilien errichtet, mit Hilfe von Helfern, die das Team um Danzl über die Sozialen Medien rekrutierte. «Die Winderosion ist jetzt ausgeschlossen, der direkte Wassereintrag ist vollkommen unterbunden und unsere neuesten Monitoring-Ergebnisse haben gezeigt, dass es auch frostfrei ist», sagt Danzl. Damit habe man eine Atempause. Allerdings soll auch diesen Sommer weiter an der Sicherung gearbeitet werden. Zudem soll das Monument auch für die Zukunft attraktiv gemacht werden. «Dazu brauchen wir ein richtiges Dach. Jetzt haben wir nur ein Schutzdach. Es wird die Aufgabe eines internationalen Wettbewerbs sein, vielleicht sogar eine ökologisch nachhaltige Hülle aus regenerativen Energien zu schaffen, die den Schutz des Gebäudes gewährleistet», erklärt Danzl. «Es sollte eine clevere Möglichkeit gefunden werden, um eine ganzjährige Nutzung zu ermöglichen.» Während das Gebäude nach und nach gesichert wird, startete die Buzludzah Foundation eine Kampagne: «Buzludzah's Unwritten Stories», in welcher Zeitzeugenberichte über Bau und Geschichte des Monuments gesammelt wurden. Damit sollte einerseits das Wissen in Erzählungen und Erinnerungen über das Denkmal festgehalten, andererseits auch der Dialog zwischen den Generationen gefördert werden.

192268086