E-Mitwirkung in der Raumplanung
Wie können Mitwirkungsverfahren durch die Digitalisierung beschleunigt weden? Diese Frage beschäftigen die beiden Start-Up-Unternehmen Luucy und Konova gleichermassen. Sie benutzen die Funktionen des Web 2.0 für planerische Anwendungen.
Zwei Schweizer Start-up-Unternehmen, Luucy und Konova, haben es sich zur Aufgabe gemacht, «Mitwirkungs- und Beteiligungsprozesse» durch Online-Tools zu vereinfachen.

Dank Luucy werden selbst komplexe Bauvorhaben so anschaulich dargestellt, dass sie auch Laien verstehen. Beispielsweise können Schattenwürfe veranschaulicht werden.Beispiel: Regionales Entwicklungskonzept Horw. Bild: Luucy AG
Eine Vorschau auf die Stadtentwicklung: Luucy
Die Onlineplattform Luucy kann die notwendige Schnittstelle sein, um den Stimmbürgern einen guten Eindruck über zukünftige Ortsplanungen und Projektentwicklungen zu vermitteln.
Auf der Gratis-Onlineplattform ist es möglich, ähnlich wie bei Google Earth, via Mouse eine 3D-Landkarte der Schweiz mit den bereits bestehenden Bauvolumen zu erforschen. Als Zusatzinformation kann man unter anderem den Schattenwurf sowie die Bauzonen einer Gemeinde einblenden.
Das digitale Abbild einiger Gemeinden beinhaltet dabei eingefärbte Volumetrien. Sie zeigen die Grösse künftiger Aufstockungen und Verdichtungen an, die durch eine Bau- oder Zonenplanänderung möglich sind.
Die visuell aufbereitete Information erlebt Luucy-Geschäftsführer Mark Imhof als wirksames Werkzeug, um mit kritischen, engagierten Bürgern transparent zu kommunizieren. «Bis vor etwa zehn Jahren hat man der Obrigkeit einfach noch geglaubt, dass alles gut kommt», meint er. «Inzwischen ist die Bevölkerung viel anspruchsvoller geworden. Deswegen braucht es neue Tools.»
Gemeinden, die bereits mit Luucy zusammenarbeiten, verwenden die erweiterten Funktionen der Plattform zur Kommunikation von Ortsplanungen oder für Machbarkeitsstudien. Architekten und Planer präsentieren ihre Konzepte auf der Plattform und entwickeln ihr Projekt im Dialog mit definierten Nutzergruppen. Die Anwendung wurde als Wissenportal konzipiert. Öffentliche, wie auch nicht öffentliche Datensätze werden dabei neuartig zu wertvollen Erkenntnissen vernetzt.
Dank Luucy wird die Komplexität mancher Vorhaben für Normalbürger auf ein verständliches Mass heruntergebrochen.

Die Grafik des Luucygrams stellt die Möglichkeiten der Mitwirkung in verschiedenen Planungsphasen dar. Die Zusammenarbeit von Luucy und Konova ermöglich steuerbare Prozesse über den ganzen Planungszeitraum mit früher Mitwirkung der Bevölkerung. Grafik: Luucy AG
Barrierefreie Kommunikation – Konova
Das Programm «E-Mitwirkung» des Zuger Start-Ups Konova AG ermöglicht den papierlosen Dialog zwischen Behörden und Bevölkerung bei Bürgerpartizipationen. In Zeiten von Corona wurde Konova besonders oft angefragt, bietet die Software doch einen barrierefreien Zugang zu partizipativen Planungsprozessen.
Dieser niedrigschwellige Zugang zum Mitwirkungsprozess ist laut Miro Hegnauer, Inhaber und Geschäftsführer von Konova, ein wichtiger Faktor für das Gelingen von Bürgerbeteiligungen. Viel zu oft werde zu Beginn eines neuen Grossprojekts versäumt, die Bevölkerung bereits vor Projektstart in den Planungsprozess einzubeziehen. Dabei kann diese Zeit genutzt werden, um auf die Rückmeldungen einzugehen und durch den Dialog mit den Anspruchsgruppen die Akzeptanz von Planungsprozessen zu fördern oder sogar die Planung anzupassen, bevor es zum Rekurs kommt.

Ein erstes Beispiel, wie die Funktionen der beiden Applikationen ineinander greifen könnten: Die Anwendung Luucy stellt anhand von Ansichten eines neu zu entwickelnden Hochhausgebiets die Höhe der geplanten Gebäude. Als Anwender klickt man sich von Ansicht zu Ansicht. Mit einer Markerfunktion ist es möglich, Kommentare zu hinterlassen, die mithilfe von Geodaten verortet werden und automatisch durch die Anwendung Konova an die richtigen Planer zugestellt werden. Damit erreichen die Kommentare geordnet die richtige Ansprechperson und können in die Planung einfliessen. Grafik: Luucy AG/Konova AG
Die Meinung platziert, an richtiger Stelle
Ihre Zusammenarbeit proben die beiden Unternehmen beispielsweise anhand einer Darstellung einer Hochhausarealentwicklung. In der Probeversion klickt man sich rund um das Gelände von Ansicht zu Ansicht durch. Die verschiedenen Blickwinkel geben Aufschluss über den Schattenwurf und die Setzung der Bauvorhaben und können direkt über einen Marker kommentiert werden.
Der nächste Schritt der Entwicklung könnte Virtual Reality beinhalten: Bereits heute gibt es die Möglichkeit, über einen QR-Code auf einem Baugerüst ein virtuelles Modell auf sein Smartphone oder eine VR-Brille zu laden. Vor Ort überlagert der digitale Zwilling sich mit der realen Landschaft, ähnlich wie bei dem Spiel Pokemon Go. Eine Kommentarfunktion würde dabei anhand von Geodaten die Rückmeldungen über die laufende Planung verorten.
Egal, ob in der Innenentwicklung, der Energie-, Objekt- oder Verkehrsplanung: Die Komplexität von Planungen wird über Datenmodelle sichtbarer und verständlicher. Damit wird die Planung unserer Zukunft nicht nur Fachleuten überlassen sein: Sie braucht die Überprüfung des Anwenders.
Erstmals veröffentlicht im Magazin der Schweizer Baudokumentation, Ausgabe 2020 - 4