Mythenpark-Initiative – Vision für einen Zürcher Central Park

 

Wissen

Veröffentlicht am 15. Februar 2024 von
Nina Farhumand

Am 3. März 2024 haben die Zürcher*innen die Möglichkeit, über die Initiative «Mythenpark» abzustimmen. Die Initianten setzen sich dafür ein, einen durchgehenden Grünstreifen entlang des linken Seeufers in Zürich zu errichten, indem der Bereich zwischen dem Strandbad Mythenquai und dem General-Guisan-Quai in einen weitläufigen Park, eine Art «Central Park» in Zürich umgestaltet wird.

Mögliche Verkehrsführungen | Plan © Openstreetmap / Maptiler / IG Seepärke Zürich

Mögliche Verkehrsführungen | Plan © Openstreetmap / Maptiler / IG Seepärke Zürich

Mögliche Verkehrsführungen | Plan © Openstreetmap / Maptiler / IG Seepärke Zürich

Standpunkte beleuchten

Die IG Seepärke, eine private Gruppe bestehend aus Architekt*innen, Politiker*innen und Unternehmer*innen, setzt sich für mehr Grünflächen und Parks in Zürich ein. Ein wichtiger Teil dieser Initiative ist der «Mythenpark»: Das Gebiet vom Strandbad Mythenquai bis zum Gerneral-Guisan-Quai soll der Bevölkerung als Park zugänglich gemacht werden. Damit kann dem zunehmenden Mangel an Freiflächen in der Stadt entgegengewirkt werden. Ein zentrales Element des «Mythenparks» wird eine erweiterte Sukkulentensammlung sein. Die bestehenden Gewächshäuser sollen durch einen neuen Glasbau ersetzt werden, der auch Platz für ein Schmetterlingshaus und die Voliere im Arboretum bietet.

Zu Beginn stiess die Idee auf breite Zustimmung. Trotzdem stimmten im Gemeinderat im September 2023 fast alle Parteien mit Ausnahem der Alternativen Liste und der Mitte dagegen. Grund dafür ist die komplexe Verkehrssituation. Der Verkehr soll gemäss dem Konzept der Initianten über die Alfred-Escher- und General-Wille-Strasse umgeleitet werden und hinter den Gebäuden der Zürich-Versicherungen und der Swiss Re vorbeifliessen, statt wie bisher davor. Der Stadtrat argumentiert, dass die Kapazität dort nicht ausreicht und die Umleitung den Verkehr nicht bewältigen kann. Die einzige Lösung wäre der Bau eines 700 Meter langen Tunnels. Die geschätzten Kosten von rund 250 Millionen Franken und Zweifel an der Machbarkeit haben ehemalige Sympathisant*innen aus SP und Grünen überzeugt, gegen das Projekt zu stimmen.

Aufhebung Teilbereich Mythenquai | Visualisierung © IG Seepärke Zürich
Neue Verkehrsführung Mythenpark | Visualisierung © IG Seepärke Zürich

Tunnel-Debatte: Wird eine gründliche Prüfung vernachlässigt?

Während die Debatte um den Mythenquai kontrovers bleibt und die Aussagen der verschiedenen Interessengruppen zu der Verkehrssituation widersprüchlich sind, setzt die IG Seepärke auf eine Umleitung des Verkehrs ohne Einsatz eines Tunnels. Zwei unabhängige Verkehrsexperten – Daniel Buchhofer und die Empfehlungen der international anerkannten Experten von Transitec im Rahmen der Testplanung Sukkulentensammlung – unterstützen diese Massnahmen. Zusätzlich wurde eine weitere Alternative ausgearbeitet, ein grosser Kreisel um das Swiss-Life Gebäude herum. Nach Meinung der Verkehrsexperten würde ein Kreisel den Verkehrsfluss erheblich verbessern.

Die Argumentation des Stadtrats, dass eine Umsetzung nur mit einem Tunnel möglich sei, wird von der IG Seepärke als politisches Manöver betrachtet. Die Stadt habe alternative Umsetzungsmöglichkeiten nie ernsthaft geprüft. Trotz der Entscheidung des Stadtrats, im März 2023 auf einen Gegenvorschlag zu verzichten und eine Umsetzungsvorlage zu erstellen, wurde bereits im Juli desselben Jahres ein Tunnel als angeblich einzige Lösung präsentiert. Die Initiative ist der Meinung, dass eine gründliche Prüfung einer komplexen verkehrspolitischen Frage nicht innerhalb von vier Monaten möglich ist.

Hafenpromenade Entwurf ARGE Schmidt Kuhn Landschaftsarchitekten, Loeliger Strub Architektur | Visualisierung © Nightnurse Images Zürich

Hafenpromenade Entwurf ARGE Schmidt Kuhn Landschaftsarchitekten, Loeliger Strub Architektur | Visualisierung © Nightnurse Images Zürich

Hafenpromenade Entwurf ARGE Schmidt Kuhn Landschaftsarchitekten, Loeliger Strub Architektur | Visualisierung © Nightnurse Images Zürich

Weichenstellung – Abstimmung am 3. März 2024 steht bevor

Die Realisierung des «Mythenparks» hängt auch vom politischen Willen ab. Die Zürcher*innen haben nun die Möglichkeit, über die Zukunft ihres Seeufers zu entscheiden. Abgestimmt wird am 3. März 2024 nicht über den Tunnel, sondern um die Grundidee. Die Initiative wurde bewusst als allgemeiner Vorschlag formuliert. Eine Annahme würde den Stadtrat verpflichten, die Machbarkeit ohne Tunnel vertieft zu prüfen. Weder das Initiativkomitee noch sonst jemand unterstützt die Idee eines Tunnels am Mythenquai. Dieser Plan würde einer weiteren Volksabstimmung unterliegen. Im Falle einer Ablehnung würden die laufenden Projekte der Stadt wie bisher weitergeführt. Der Parkplatz an der Hafenpromenade Enge würde in einen Park umgewandelt (geplanter Baubeginn 2026) und die Neugestaltung der Sukkulentensammlung würde fortgesetzt (frühesterBaubeginn 2028).

Ein Überblick auf das bisherige Geschehen

2017: Gründung der IG Seepärke, die sich für mehr Grünflächen in Zürich einsetzt. Dieser soll vor allem an den Seeufern entstehen. Dazu gehört auch die Mythenpark-Initative.

2018: Grundlage für die Einführung der Initiative: Das Gutachten des Verkehrsplaners Daniel Buchhofer bestätigt, dass eine Umgestaltung des Mythenquais zur Entlastung des Verkehrs möglich ist.

Juni 2021: Lancierung der Mythenpark-Initiative

November 2021: Einreichung der knapp 4000 Unterschriften

2021/2022: Im Rahmen der Testplanung für die Sukkulentensammlung schlägt das von der Stadt beauftragte Planungsbüro Transitec vor, den Mythenquai aufzuheben und einen verkehrsfreien Park am See zu errichten.

Juli 2022: Der Stadtrat und der Gemeinderat haben vereinbart, einen eigenen Gegenvorschlag zur Mythenpark-Initiative zu formulieren.

März 2023: Der Stadtrat überrascht mit der Ankündigung, auf einen Gegenvorschlag zu verzichten und stattdessen eine Umsetzungsvorlage zu erarbeiten.

Juli 2023: Lediglich vier Monate nach Beginn der Diskussion legt der Stadtrat eine Umsetzungsvorlage vor, die einen Tunnel als vermeintlich einzige Option vorsieht und empfiehlt seine eigene Umsetzungsvorlage postwendend zur Ablehnung.

September 2023: Nach anfänglicher Zustimmung hat der Gemeinderat nun die Argumentation des Stadtrats aufgegriffen und entschieden, die Mythenpark-Initiative sowie die Umsetzungsvorlage abzulehnen.

März 2024: Die Mythenpark-Initiative kommt zur Abstimmung. Ein Ja würde bedeuten, dass der Stadtrat dazu aufgefordert wird, eine gründliche Prüfung einer Umsetzung ohne Tunnel vorzunehmen.

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