NCS – das natürliche Farbsystem

 

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Veröffentlicht am 13. Oktober 2021 von
Redaktion Swiss Arc

Planende und Ausführende im Baugewerbe machen immer wieder die Erfahrung, wie langwierig und mühsam der Prozess der Auswahl, Bestimmung und Übermittlung von Farben sein kann. Das subjektive Farbempfinden und die Schwierigkeiten einer verbalen Beschreibung von Farben verlangen nach einer systematisch aufgebauten Farbsprache.

Auch in der Baubranche sind verschiedene Farbkarten verbreitet. In der Regel sind sie jedoch wenig oder gar nicht systematisch und enthalten nur eine beschränkte Anzahl von nicht aufeinander abgestimmten Farbtönen. Eine Verständigung ist nur über diese wenigen Farbtöne möglich; sie bieten keine Hilfe für die Bezeichnung anderer Farben. Darum schränken sie die Anwendungsmöglichkeiten und die gestalterische Arbeit mit Farbe ein.

NCS - das natürliche Farbsystem - setzt alle Farben zueinander in Beziehung. Es beschränkt sich nicht auf die Codierung der Farbtöne, sondern beschreibt darüber hinaus die Verwandtschaften der Farben untereinander und bildet Farbfamilien. Das erleichtert die Gestaltung durch gezieltes Auswählen ganz wesentlich. NCS ist eine optimale Farbsprache und ein hervorragendes Arbeitsmittel für alle, die mit Farbe gestalten, nicht nur im Bauwesen, sondern auch in vielen anderen Branchen.

NCS - the Natural Colour System

NCS - das natürliche Farbsystem - beschreibt die Farben so, wie der Mensch sie visuell empfindet (also nicht, wie Farben durch Mischen von Pigmenten oder durch Lichtbrechung entstehen).

NCS baut auf der Erkenntnis auf, dass der Mensch sechs Grundfarben als «reiner» Farben empfindet. Es sind dies die bunten Grundfarben Gelb, Rot, Blau und Grün sowie die unbunten Grundfarben Weiss und Schwarz, die als einzige keine Verwandtschaften zu anderen Farben aufweisen.

Alle übrigen Farben werden nicht als «rein» ernpfunden, sondern als Farben mit bestimmten Verwandtschaften zu zwei, drei oder vier der sechs Grundfarben.

Die vollbunten Farben (Vollfarben), d. h. die vier bunten Grundfarben und die zwischen ihnen liegenden, ordnen sich zum Farbkreis, die völlig unbunten Farben dagegen zu einer linearen Grauskala von Weiss bis Schwarz. Da Farben gleichzeitig mit den bunten auf dem Farbkreis als auch mit den unbunten auf der Grauskala verwandt sein können, lässt sich die ganze Welt der sichtbaren Farben in Form des Farbkörpers, eines Doppelkegels, darstellen (Abbildung 1, Farbkörper).

Abbildung 1

Abbildung 1

Abbildung 1

Der Farbkörper (aus dem NCS-Farbatlas)

Der NCS-Farbkörper enthält alle wahrnehmbaren Oberflächenfarben, angeordnet nach ihren visuellen Anteilen der vier bunten Grundfarben Gelb Y (yellow), Rot R, Blau B und Grün G sowie der zwei unbunten Grundfarben Weiss W und Schwarz S. Diese Anordnung der Farben führt zu einem symmetrischen Doppelkegel mit Weiss und Schwarz als Pole auf der Grauachse und den bunten Grundfarben auf den Quadranten des Äquators. Grün ist im NCS eine Grundfarbe, weil NCS die Farben so darstellt, wie der Mensch sie empfindet, und nicht nach Aspekten der Mischung von Pigmenten. NCS ist somit ein phänomenologisches System.

Dieser Doppelkegel, mit dem Kreis der bunten Vollfarben als Äquator und der Grauskala als Achse, enthält alle Farben, die der Mensch wahrnehmen kann. lhre geometrische Lokalisierung im Farbkörper dient im NCS als Codierungsmerkmal für die einzelnen Farben.

1950 Farbmuster

Der beschriebene Farbkörper enthält theoretisch unendlich viele Farben. Versuche haben gezeigt, dass der Mensch gegen zehn Millionen Farben zu unterscheiden vermag. Da ein Farbsystem sie nicht alle enthalten kann, musste auch für NCS eine Auswahl getroffen werden. Eine zu breite Auswahl wäre dabei teuer, unhandlich und unnötlg. Eine zu knappe Auswahl wäre zwar billig und handlich, in der Anwendung aber wegen zu grober Abstufungen unzweckmässig.

Dieses Optimierungsproblem wurde im NCS-Farbsystem einfach und zweckmässig gelöst: Der Farbkreis wird durch die vier bunten Grundfarben in vier Quadranten geteilt. Jeder Quadrant wird weiter in zehn Teile geteilt. Der Farbkreis wird somit durch 40 rein bunte Farben dargestellt, in Abständen von 10 %, z. B. Y (Yellow), Y10R (Yellow mit 10 % Rot), Y20R ... (Abbildung 2, Farbkreis).

Der Farbkreis (aus dem NCS-Atlas 1950 Original)

Der Farbkreis entspricht dem Äquator des Farbkörpers (Abbildung 1); er ist durch die vier Grundfarben Y = Gelb, R = Rot, B = Blau, G = Grün in vier Quadranten eingeteilt. Die Quadranten ihrerseits sind in je zehn Schritte zu 10 % unterteilt; Y, Y10R, Y20R... Der Farbenkreis enthält somit 40 rein bunte Farben, also Farben ohne Schwarz- und Weissanteil (sog. Vollfarben).

Die Wiedergabe in Vierfarbendruck vermag der Oualität der originalen NCS-Farben nicht zu entsprechen.

Bei jeder dieser 40 Farben wird nun ein axialer Schnitt durch den Farbkörper gelegt, von der betreffenden bunten Vollfarbe auf dem Äquator zur Grauskala auf der Achse. So entstehen 40 Farbdreiecke, mit dem maximalen Buntton (Vollfarbe C) rechts aussen an der Spitze und der Grauskala von Weiss (W) bis Schwarz (S) links aussen (Abb. 3, Farbdreiecke).

Die Verwandtschaft der einzelnen Farben im Dreieck mit dem maximalen Buntton, mit Weiss und mit Schwarz wird wiederum in Schritten von 10 % zur Darstellung gebracht. Diese Verwandtschaften drücken den Bunt-, den Weiss- und den Schwarzanteil der Farbe aus (C, W bzw. S). Damit werden theoretisch 2211 Referenzfarben festgelegt. Sie haben eine analoge Funktion wie die Striche auf einem Massstab. NCS hat aus diesen 2211 Farben einiges ausgelichtet, um das System nicht unnötig zu belasten. Da achsnahe Partien benachbarter Farbdreiecke räumlich sehr nahe beieinanderliegen, die Farbensich also sehr ähnlich sind, werden diese Partien nur in jedem zweiten Farbdreieck dargestellt.

An der Spitze C der Farbdreiecke, z. T. auch an ihren oberen und unteren Kanten, fehlen je nach Buntton 3 bis 19 Farben. Sie sind mit den heute zur Verfügung stehenden Pigmenten nicht herstellbar. Es handelt sich dabei um stark bunte bzw. hell- und dunkelklare Farben. Falls zukünftige Entwicklungen die Herstellung solcher Farben ermöglichen sollten, ist NCS als offenes System erweiterbar (im Gegensatz zu anderen, geschlossenen Farbsystemen).

Neben den Farben in 10-%-Abstufungen sind im Graubereich noch Verfeinerungen vorgenommen worden, da das menschliche Auge in diesem Bereich besonders empfindlich ist. So ist die Grauleiter in 5-%-Schritte eingeteilt (die Ausnahme ist S 0300-N), und zusätzlich sind Grautöne in 2 % Buntanteilen dargestellt. ln 34 der 40 Farbdreiecke sind Reihen mit 2 - 5 % Buntanteil enthalten, welche als sog. «leicht gebrochene» Grautöne bezeichnet werden, wie sie speziell in der Architektur sehr viel angewendet werden.

Mit diesen Modifikationen enthält das NCS-System heute 1950 Farbtonmuster. Die Anwendung in der Praxis hat bestätigt, dass die Abstufung für die meisten Bedürfnisse fein genug ist. Die NCS-Codierung der Farben gestattet jedoch, auch beliebige, zwischen den Farbmustern liegende Farbtöne eindeutig zu beschreiben (lnterpolation zwischen zwei oder drei Nuancen bzw. Bunttönen).

Abbildung 3

Abbildung 3

Abbildung 3

Farbdreieck (aus dem NCS-Atlas 1950 Original)

Die Farbdreiecke entsprechen axialen Schnitten durch den Farbkörper (Abbildung 1), je an der Stelle der 40 Vollfarben des Farbkreises (Abbildung 2). Hier ist das Farbdreieck Y50R abgebildet

Die Farben eines Dreiecks weisen alle denselben Buntton auf (deshalb bunttongleiches Dreieck), unterscheiden sich aber durch ihre Nuance, d. h. durch ihren Schwarz-, Bunt- und Weissanteil. Farben mit gleichem Schwarzanteil S liegen auf Linien parallel zur oberen Kante, Farben mit gleichem Buntanteil C auf Linien parallel zur linken Kante und solche mit gleichem Weissanteil W auf Linien parallel zur unteren Kante.

lm Dreieck fehlen Farben, die technisch nicht herstellbar sind (Pigmente nicht genügend stark und rein).

Das Dreieck YSOR ist eines der acht Dreiecke, in denen zur Verfeinerung des Graubereichs eine zusätzliche Graureihe mit 2 % und 5 % Buntanteil dargestellt wird.

Verständliche Codierung

Die NCS-Codierung ist mehr als eine nichtssagende Nummer: Sie drückt aus, welche visuellen Anteile an Schwarz, Weiss und Bunt eine Farbe enthält und welchem Buntton sie zugehört. Eine NCS-codierte Farbe ist deshalb auch ohne Bemusterung vorstellbar (Abb. 4, NCS-Code).

Abbildung 4

Abbildung 4

Abbildung 4

Der NCS-Code

Die erste Codehälfte definiert die Nuance einer Farbe (= Lage im bunttongleichen Dreieck), die zweite Hälfte den Buntton (= Lage auf dem Farbkreis).

Die Nuance wird durch den Schwarzanteil S und den Buntanteil C definiert; die dritte Komponente der Nuance, der Weissanteil W, ist die Ergänzung auf 100 %. Der Buntton wird durch die Anteile der zwei bunten Grundfarben definiert, die eine Farbe enthalten kann.

Vielfältige Arbeitsmittel

Der Farbkreis mit seinen 40 Bunttönen, die 40 Farbdreicke mit bis zu 68 Nuancen des betreffenden Bunttons, die 19 Grautöne auf der Grauskala und die 267 erwähnten «gebrochenen» Grautöne sind heute im NCS Atlas 1950 Original systematisch dargestellt; er bildet die Grundlage des NCS-Farbsystems und ermöglicht sowohl ein leichtes Verständnis von System und Codierung als auch ein schnelles Auffinden beliebiger Farben.

Für die praktische Arbeit stehen eine ganze Reihe von NCS-Farbmustersammlungen zur Verfügung. Sie enthalten immer die gleichen 1950 Farben, unterscheiden sich aber nach Format, äusserer Form oder Ordnungsprinzip und entsprechen damit unterschiedlichen praktischen Bedürfnissen. Es sind dies u. a. die NCS-Blöcke (Fächerblöcke) im Format 2 x A9, entweder nach Bunttönen oder nach Nuancen (Schwarz-, Weiss- und Buntanteil) geordnet und die karteiartige Box im Format A6 sowie das NCS-AIbum mit Handmustern A9. Die Auswahl wird nach unten in der Preisskala durch den NCS-Index abgerundet, der sich vor allem für den Einsatz auf der Baustelle eignet, nach oben durch die NCS-Calibrated-Matching-Standard-Box. Ein optischer Helligkeitsmesser dient zur Beurteilung der Helligkeit von Farben, was in Zusammenhang mit Kontrastproblemen wichtig sein kann.

Bedürfnisorientierte Zusatzinstrumente wie z.B. alle NCS-Farben in Glanzausführung, NCS-Brilliant, das NCS-Farbmessgerät zur raschen und genauen Bestimmung bestehender Farbtöne oder der Farbfächer NCS-Exterior, ergänzen das vielfältige Sortiment.

Ebenfalls bieten wir den lT-Bereich die NCS-Palette für Grafik- und Visualisierungsprogramme sowie CAD-Anwendung geboten. Damit verfügen Sie bereits bei der Planung im EDV-Bereich über die wesentlichen Vorteile des NCS.

Um die Verbindung zu den RAL-Farben sicherzustellen, steht ein Schlüssel RAL - NCS zur Verfügung. Ein Schlüssel Munsell-NCS stellt die Verbindung zum amerikanischen Munsell-System her. Analoge Schlüssel sind für die Verbindung, zur britischen Norm BS 5252 und zu Euroskala erhältlich.

Um gewählte Farben und Farbkonzepte visualisieren zu können (Bauherr, Baubehörden, Denkmalpflege...), stehen alle 1950 Farben einzeln als Farbpapiere in den Formaten A4, A6 und A9 zur Verfügung.

Zusammenfassung

Die zweckmässige Vielfalt an Arbeitsmitteln und Material, die das NCS-System anbietet, ist eine einmalige, entscheidende Voraussetzung für eine vielseitige praktische Anwendung. Das Repertoire von 1950 Farben gestattet, schnell und zielgerichtet eine konkrete, marken- und produkteunabhängige Farbauswahl zu treffen, und macht das mühsame und zeitraubende Herstellen eigener Farbproben überflüssig. Sie dienen der Bemusterung, der Anfertigung von Collagen und Modellen und stellen ein hervorragendes lnstrumentarium dar, um mit Farben zu arbeiten.

Farbliche Grundprobleme des Architekten

Bestimmmen und Festhalten vorhandener Farben (Protokollieren)

Auswahl, gegenseitige Abstimmung und Festlegung der Farben eines Gestaltungskonzepts (Fassade, Innenraum...)

Eindeutige Übermittlung von Farben durch Sprache und Schrift

Überprüfung der ausgeführten Farbanwendung (Toleranz)

Farbliche Grundprobleme der lndustrie

Auswahl, gegenseitige Abstimmung und Festlegung der Farbeneines Produktesortiments

Eindeutige Übermittlung von Farben (z.B. in der Werbung fürfarbige Produkte)

Überwachung der Einhaltung von Farben in der Produktion (Toleranz)

Möglichkeiten des NCS-Farbsystems

Zweckmässige Arbeitsmittel für zielbewusste Farbgestaltung

Umfangreiches Material zur Dokumentation von Farben, Farbkonzepten, Farbsortimenten, Produktefarben usw.

Eindeutige Übermittlung von Farben durch Muster, Sprache oder Schrift

Festlegung und Codierung jeder beliebigen Oberflächenfarbe (visuell oder mit Hilfe von Farbmessung)

Eindeutige Definition von Farben und Farbbereichen

Einmessen beliebiger Farben in das NCS-System

Jederzeitige Rekonstruktion einer protokollierten Farbe

Auskünfte und Bezugsquelle

CRB Schweizerische Zentralstelle für Baurationalisierung

Steinstrasse 21, Postfach, 8036 Zürich

Telefon 044 456 45 45

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