5egg Flawil
,
Schweiz
Veröffentlicht am 10. März 2020
Brechbuehler Walser Architekten GmbH
Teilnahme am Swiss Arc Award 2021
Projektdaten
Basisdaten
Gebäudedaten nach SIA 416
Beschreibung
Der markante, fünfeckige Neubau am Bahnhofplatz von Flawil verfügt über 30 altersgerechte Wohnungen, eine Pflegestation, den Spitexstützpunkt und ein öffentliches Restaurant im Erdgeschoss und bietet rüstigen Rentnern und Personen die Pflege benötigen, unabhängiges Alterswohnen.
Ausgangslage
Die Flawiler Stiftung für Wohnungen mit Pflegeangebot (WOPF) übernahm das Grundstück mitsamt bestehendem Gestaltungsplan, mit der Idee, darauf ihr neuartiges Konzept für das Wohnen im Alter zu realisieren.
Das Problem war, dass der Gestaltungsplan wegen einer Einsprache gegen das bestehende Projekt blockiert war und nur ein Wettbewerb mit Fokus auf eine "städtebauliche Vorzüglichkeit" die vorliegende Einsprache abwenden konnte.
Entwurfsidee
Es schien uns wichtig das neue Haus am Platz im in einer unaufgeregten und zeitlosen Modernität zu gestalten, wie wir sie zum Beispiel von Häusern in Norditalien der 50er Jahre her kennen. Die repräsentative Fassade wurde durch ein Sockelgeschoss und ein Gurtgesims im obersten Geschoss in den Kontext eingepasst. Die Profilierung der Betonelemente sollte zusammen mit den französischen Fenstern, den ornamentalen Geländern und den expressiven Stoffmarkisen zu einem reichhaltigen, feingliedrigen Ausdruck führen, der sich gut in die kleinteilige Umgebung mitten im Zentrum einpasst. Die Arkade und das dahinterliegende öffentliche Restaurant, bilden das Gesicht zum Bahnhofplatz.
Als zweite leitende Idee war es uns wichtig, dem Programm des Wohnens im Alter (und den gängigen Bildern dazu) den Fokus auf das Wohnliche und Elegante gegenüberzustellen. Das Innere des Hauses wurde deshalb durch zwei grosszügige Atrien gegliedert, die in Ihrer Ausgestaltung an eine Hotellobby erinnern und zum Verweilen einladen sollen. Die ringsherum angeordneten Wohnungen wurden wenn immer möglich an den Gebäudeecken organisiert, sodass möglichst verschiedene Ausrichtungen entstehen. Einer Perlenkette ähnlich wurden Entrée, Wohnraum und Erkerküche aufgereiht, sodass trotz knapp bemessenen Flächen eine unerwartete Grosszügigkeit entsteht. Zusammen mit der zurückhaltend edlen Materialisierung sollte man den Wohnungen die Pflegetauglichkeit nicht ansehen.
Projektierung
Die Planung und Ausführung der Fassadenkonstruktion aus selbsttragendem Kalksteinbeton hat sich als aufwendig erwiesen, da man nur teilweise auf bekannte Konstruktionsmethoden zurückgreifen konnte und deshalb vieles neu erarbeitet werden musste. Die vielfältige Reliefierung führte dazu, dass wir auf ein Mischsystem zurückgreifen mussten, bei dem teilweise riesige, vorgefertigte Teile in die Schalung gestellt und mit dem Rest vergossen werden mussten. Um wiederum die Farbunterschiede, die sich bei Vorfertigung und Betonieren vor Ort ergeben, zu minimieren und den gewünschten monolithischen Eindruck zu erhalten, wurde die gesamte Fassade gestockt. Der Kalkstein, der dadurch freigelegt wurde, gibt dem Haus die feine und charakteristische Farbgebung.
Anspruchsvoll war auch die Tatsache, dass die an sich einfach klingende Idee des «Wohnen mit Dienstleistungen» unterschiedliche Kooperationspartner zusammenführte und so das Betriebskonzept rollend entwickelt werden musste. Erschwerend kam dazu, dass die Platzverhältnisse knapp waren und Diensträume geteilt werden mussten. Die verschiedenen Unternehmenskulturen der Kooperationspartner und deren Bedürfnisse prallten aufeinander und von allen Seiten mussten Kompromisse eingegangen werden. Wir als Planer waren da natürlich direkt betroffen und wurden in die Diskussionen und Lösungsfindungen wortwörtlich «reingezogen». Dies war eine sehr aufwendige, aber auch interessante und lehrreiche Phase des Projekts.