Aufstockung Maschinenfabrik Habegger

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3600 Thun,
Schweiz

Veröffentlicht am 21. August 2023
Johannes Saurer Architekt
Teilnahme am Swiss Arc Award 2024

Projektdaten

Basisdaten

Lage des Objektes
Mittlere Strasse 66, 3600 Thun, Schweiz
Fertigstellung
06.2023
Links

Gebäudedaten nach SIA 416

Stockwerke
3 bis 5
Anzahl Kellergeschosse
1
Grundstücksfläche
2517 m²
Geschossfläche
2473 m²
Gebäudevolumen
8878 m³
Gebäudekosten (BKP 2)
4,5 Mio. CHF
Anzahl Arbeitsplätze
80
Parkplätze
14

Beschreibung

Der Umbau der ehemaligen Uhrenstein- und späteren Maschinenfabrik in Thun wurde von Johannes Saurer Architekten aus dem Ort und dem Bestand heraus entwickelt. Das Objekt aus den frühen 1960er-Jahren bleibt weitgehend in seinem Zustand belassen, typische Merkmale wie Satteldach, Vordach, Fensterteilung und Materialisierung werden erhalten und zeitgemäss interpretiert.

Ausgangslage

Das Werk befindet sich im Westquartier von Thun in der Industriezone an der Kreuzung Mittlere Strasse/Militärstrasse. Das Fabrikgebäude wurde 1952 vom damals 35-jährigen Thuner Architekten Franz Wenger erbaut. Typisch für die Bauten der Uhrenindustrie waren die schmalen Gebäude mit hohen Räumen und grossen Fensterbändern. 28 Jahre später erfuhr das Gebäude mit dem Auszug der Uhrensteinfabrik und dem Einzug der Maschinenfabrik Habegger seine erste grosse Veränderung. Nach weiteren 42 Jahren steht nun die nächste Veränderung an. Eine Informatikfirma wird in die Fabrikräume einziehen.

Entwurfsidee

Infolge einer Machbarkeitsstudie, in der sowohl Abriss und Neubau der Fabrik geprüft wurden, entschied der Bauherr, das Gebäude nicht abzureissen, sondern umzubauen. Vor der Industrialisierung war der Umbau ein selbstverständlicher Teil des Bauens. Wertvolle Baustoffe, Arbeitskraft und Arbeitszeit sind in den Gebäuden gebunden. Ein Abriss bedeutet die Vernichtung dieser Ressourcen. Daher erschien es sinnvoll, das Gebäude weiter zu nutzen und es den neuen Bedingungen anzupassen. Es gibt kein Gebäude aus der Vormoderne, das nicht umgebaut wurde.
Die Entwurfsidee folgt dem Bauen mit Bestand, also dem Ziel des selbstverständlichen Hauses. Das selbstverständliche Haus besteht aus Teilen verschiedener Bauphasen. Das Alte ist Vorbild für das Neue und das jetzt Neue wiederum Vorbild für das Zukünftige. Das Neue hat das Alte vollständig aufgenommen. Das selbstverständliche Haus geht selbstverständlich mit dem Bestand um: unverändert, wo es funktioniert, eingreifend, wo es nicht funktioniert. Ohne Ablesbarkeit der Bauphasen wird nichts durch die Architek*innen ersetzt, sondern allenfalls repariert. Dafür wurden die besten Handwerker zugezogen: Handwerker, die die Philosophie mittragen. Ersetzt wird nur, was wirklich kaputt ist. Die Patina gehört zur Originalsubstanz. Sie dokumentiert die Geschichte und ehrt das Alter. So entsteht ein stimmiger Gesamteindruck und der Kontrast zwischen Alt und Neu bleibt minim.

Projektierung

Das Fabrikgebäude wurde um ein Geschoss aufgestockt, um dem Raumprogramm der neuen Nutzer gerecht zu werden. Das Empfangsgebäude sowie das ehemalige Wohnhaus werden ohne grössere bauliche Massnahmen als Büroräume weiter genutzt. Das Fabrikgebäude behält sein charakteristisches Erscheinungsbild, die Aufstockung unterscheidet sich nur dezent durch eine höhere Geschosshöhe und eine vereinfachte Fenstereinteilung vom Bestand. Die Dachneigung wurde von 25° auf 10° gesenkt und das Dach mit Wellblech eingedeckt. Während die Fenster der bestehenden Fabrikgeschosse ersetzt wurden, bleibt die Aufteilung und Farbe gleich. Ebenso wurde die Fassadenfarbe des Bestandes unverändert übernommen. Die Lamellenstoren wichen Ausstellmarkisen aus hellem Stoff. Die in den 80er-Jahren angebaute Lagerhalle wurde bis auf die Stahlskelettkonstruktion rückgebaut, besser wärmegedämmt und mit Wellblech verkleidet. Neue Fenster und Oberlichter sorgen für eine gute Belichtung im Inneren der ehemaligen Lagerhalle. Die bestehende Anlieferungsbühne wurde verlängert und mit Wellblech überdacht. Ein weiterer gedeckter Aussenraum auf dem nördlichen Fabrikanbau ist vom obersten Geschoss aus zugänglich und bietet eine einmalige Aussicht auf das Schloss Thun.

Der Text von Johannes Saurer Architekten wurde von Elisa Schreiner publiziert.

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