Dirty Harry

 
4056 Basel,
Schweiz

Veröffentlicht am 09. Januar 2023
NEUME GmbH
Teilnahme am Swiss Arc Award 2023

Projektdaten

Basisdaten

Lage des Objektes
Lothringerstrasse 164, 4056 Basel, Schweiz
Projektkategorie
Fertigstellung
01.2022
Links

Gebäudedaten nach SIA 416

Gebäudekosten (BKP 2)
3,7 Mio. CHF

Beschreibung

Das Grundkonzept des Projektes wie Lehmbau, natürliche Materialien und eine Mietküche im Dachgeschoss als öffentlicher Ort im Quartier haben sieben «zusammenwohnenwilligen» Freunden geholfen, eine Baurechtsparzelle im Lysbüchel Areal von der Stiftung Habitat zu erwerben. Das Team aus Architekten, Künstlern, Hobbygastronomen und IT-Enthusiasten hat sich als Genossenschaft Point Commun das Projekt weitergeführt. Das Stadthaus beherbergt elf Wohnungen und neben der Mietküche im Dachgeschoss mehrere für alle Bewohner zugängliche Flächen wie Gästezimmer Badezimmer und Reduits.

Flexibilität und Character
Essenz des Grundrisses basiert auf einer räumlichen Verbindung zwischen Strassen- und Hofseite, um Durchwohnen zu ermöglichen. Die räumliche Kontinuität und Transparenz in den knapp geschnittenen Wohnungen sind mit rahmenlosen, raumhohen Pivottüren betont. Die Ost-West ausgerichtete 2,7-Meter-hohen Wohnungen sind dadurch mit warmem Sonnenlicht durchflutet. Die bewusste Drehung des formal abstrakten Treppenkerns ermöglicht einen vielfältigen Wohnungsmix und verleiht einen charakteristischen Fassadenausdruck innerhalb des neuentwickelten Stadtteils Lysbüchel Süd. Die Schaltzimmer können je nach Lebensabschnitt der Bewohner den Wohnungen zugeteilt werden. Hierarchisch unterschiedlich grosse Öffnungen wie rahmenlosen Türen betonen die räumliche Verbindung.

Teilen statt Haben
Im Dachgeschoss befindet sich eine Gewerbeküche mit öffentlicher Ausstrahlung, die auch als Treffpunkt für die Bewohner gedacht ist. Die grosse Terrasse im Attikageschoss und der hofseitige Aussenbereich bieten Gemeinschaftsbereiche mit unterschiedlichen Qualitäten. Das Treppenhaus bietet für die Wohnungen zusätzlich nutzbare Flächen und wird dadurch ebenfalls zum Kommunikationsraum.

Mit Patina entwerfen
Die Materialisierung des Hauses ist auf wenige Elemente reduziert. Sie sind von konstruktiver Natur und treten nicht nur innen, sondern auch aussen in Erscheinung. Dirty Harry ist auf die Einfachheit der Natur und die Elemente roher Texturen zurückgeführt, anstatt auf den falschen Vorwand eines kristallklaren Raumes mit einer materialistischen Idealisierung von Perfektion. Jedes Element an der Fassade ist von einem konstruktiven Ursprung abgeleitet. Die Gestaltung wurde dadurch auf das Wesentliche reduziert. Fassadenkonstruktion ist eine zweischalige nichttragende Lehmsteinfassade. Die gemauerten Steine regulieren das Raumklima und sind in der Schweiz hergestellt worden.
Die Wohnungen bestehen bewusst aus nicht versiegelten natürlichen Materialien, um die Prinzipien der Baubiologie erfüllen zu können. Dadurch unterscheidet sich das Haus von üblichen Innenausbaustandards, wie man es sich in Mietwohnungen in der Schweiz gewöhnt ist. Sobald diese Herangehensweise einmal angenommen ist, öffnet es ein Tor zu einem verlockenden Glauben, der die Macht hat, die Denkweise und die allgemeine Wahrnehmung dessen zu ändern, was Schönheit und Ästhetik wirklich sind und was sie sein können.

Kunst am Bau
Die Renovierung der Wohnungen und der Holzwände nach einem Mietwechsel ist ein Thema im Haus. Hier beschäftigen wir uns mit diesen Themen in der Mentalität der alten japanischen Kunst des Kintsugi. Analog zu dieser Kunstform werden die Holzwände ausgebessert. Die Löcher und Druckstellen im Innenraum werden veredelt und sichtbar gemacht. Hierdurch wird der Wert der bestehenden Wände erhöht und nicht durch eine Standard-Sanierungsmassnahme herabgestuft. Patina gehört zum Haus, und mit der Zeit machen diese kleinen blauen Flecken das ganze Interieur lebendiger.

Der Text wurde von den Architekt*innen im Zusammenhang mit der Einreichung des Projektes für den Arc Award 2023 verfasst.

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