Einhausung und Ueberlandpark

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8051 Zürich,
Schweiz

Veröffentlicht am 09. April 2025
agps architecture ltd.
Teilnahme am Swiss Arc Award 2025

Einhausung Autobahn und Ueberlandpark Autobahnschneise im Wohnquartier (2006) Portal Aubrugg mit Belvedere (2024) Überbrückung Saatlenstrasse Aufgänge Saatlen Aufgang zum Spielplatz Dreispitz Kaskadentreppe Mauerbegrünung am Otto-Nauer-Weg Schöneich-Parterre mit Schattendach Parkpromenade grünes Infrastrukturbauwerk Ueberlandpark und Einhausung im Stadtkontext Trockenmauern aus vorfabrizierten Betonelementen Aubrugg-Belvedere

Projektdaten

Basisdaten

Projektkategorie
Fertigstellung
04.2025

Gebäudedaten nach SIA 416

Stockwerke
1
Geschossfläche
31'000 m²
Gebäudekosten (BKP 2)
350,0 Mio. CHF

Beschreibung

Als markantes Volumen zieht sich die Einhausung ruhig und kontinuierlich durch Schwamendingen. Der Betonkörper der Autobahntunnels zeigt sich im Stadtraum als sorgfältig gestaltetes Infrastrukturbauwerk und wird durch den darauf angelegten, erhöhten Ueberlandpark zum landschaftlichen Verbindungselement zwischen Zürichberg und dem Flussraum der Glatt. Einprägsam für die Strassenbenutzer ist das Portal Aubrugg, welches mit seiner grossen seitlichen Ausladung ein neues Tor an der Stadteinfahrt bildet. Stählerne Treppen- und Rampenelemente in einheitlicher zeichenhafter Formensprache verbinden Stadtebene mit Hochpark und ermöglichen die Zugänglichkeit und Nutzbarkeit der neu geschaffenen Freifläche. Durch konsequente Anwendung gestalterischer Prinzipien auf der ganzen Länge bleiben die Einhausung und der Park als Ganzes erfahrbar und werden die unterschiedlichen Massstabsebenen verbunden.
Die Parkgestaltung legt sich wie ein Kleid um den Betonkörper, verhüllt ihn teilweise, nimmt dem Bauwerk seine Härte und stellt einen Dialog zur bestehenden Gartenstadt her. Der Ueberlandpark ist mit Pflanzenfeldern, Wegen, Hecken, Mauern und Bänken linear gegliedert und schafft eine lebendige Abfolge unterschiedlicher Räume. Eine grosse Vielfalt an trockenheitsresistenten Wildstauden, Pionierfluren und Bäumen schaffen auf flachgründigen Bodenschichten abwechslungsreiche Wuchsbilder und Farbräume. Der Park bietet stadtökologisch wertvollen Lebensraum für Wildbienen, Schmetterlingen, Reptilien, Käfer, Spinnen und Vögel.
Auf der Saatlen-Terrasse als mittiger Dreh- und Angelpunkt des Ueberlandparks bietet ein Pavillon Schutz vor Witterung und erweitert das soziokulturelle und gastronomische Angebot der Quartiere.

Interdisziplinärer Ansatz
Obwohl es sich um eine klassische Infrastrukturaufgabe handelt, wurden die Architekten und Landschaftsarchitekten frühzeitig für die Gestaltung beauftragt. Für die konkrete Projektplanung war die dialogorientierte, kooperative Zusammenarbeit von Bauingenieuren, Architekten und Landschaftsarchitekten sowie weiterer Spezialisten untereinander, wie auch mit der gemischten Bauherrschaft (Bund, Kanton und Stadt Zürich), ein wesentlicher Erfolgsfaktor.

Städtebauliche Einordnung
Stadträumlich schafft das Infrastrukturbauwerk mit dem Hochpark eine neue Verbindung vom Wald am Zürichberg bis zum Flussraum an der Glatt. Aus Sicht der benachbarten Quartiere erscheint das Bauwerk als eine Art Stadtmauer oder begrünter Felskörper, der vom Saatlen-Grünzug grosszügig unterquert und durch Rampen- und Treppenaufgänge überquert wird. Das von der Autobahn getrennte Quartier wächst wieder zusammen.

Gestalterisch-räumliche Konzeption
Konditioniert durch Topografie und verfügbarem Raum bildet die kontinuierliche Ausprägung des Betonkörpers die Basis des gestalterischen Konzepts. Durch das Aufrauen der Oberflächen erhält der Beton als Konglomerat von Kies und Zement eine haptische Qualität, die an einen Nagelfluhfelsen erinnert. In Kontrast dazu markieren die Portale in präzis geschaltem Sichtbeton den Übergang ins Tunnelinnere. Die in stählernen Funktionselemente und das biodiverse Vegetationskleid vermitteln zwischen Infrastruktur und Stadtraum, zwischen grossen und kleinen Massstäben und verleihen dem Verkehrsbauwerk einen menschlichen Massstab.

Durchdachtes Tragwerk
Die Herausforderungen vom im südlichen Teil unter der Strasse verlaufenden und seitlich ausschwenkenden Tramtunnel, dem wenig tragfähigen Baugrund und der Umsetzung bei laufendem Betrieb konnten mit Pfählungen, Abfangträgern und Fertigbetonträgern – jeder geometrisch ein Unikat – gelöst werden. Die Ausführung in Ortbeton im nördlichen Teil ermöglichte, die ausschleifenden Strassen mit grosszügigen und fugenlosen Portalträgern zu überbrücken und dem Park mehr Überschüttungshöhe für das Pflanzsubstrat zur Verfügung zu stellen.

Materialspezifische Innovationen
Beim Tunnelbauwerk kam mit Abwaschen der Zementhaut bei erhöhter Bewehrungsüberdeckung eine bewährte Technik erstmals grossflächig bei einem Nationalstrassenbauwerk zum Einsatz. Auf dem Hochpark bilden Trockenmauern aus vorgefertigten Betonelementen eine kilometerlange ökologische Infrastruktur, die mit unregelmässigen Fugen Nistplätze für Insekten und Eidechsenbietet – das längste Bienenhotel weit und breit.

Umfassende Nachhaltigkeit
Mit der Einhausung und der Sanierung des Schöneichtunnels werden die Emissionen von Lärm und Abgasen eliminiert, die Qualität von Wohnlagen und Stadträumen markant verbessert und mit dem Ueberlandpark ein vielfältiger nutzbarer Erholungsraum und biodiverser Lebensraum geschaffen, der Niederschlagswasser zurückhält und eine kühlende Wirkung bei Hitze erzielt.

Das Projekt von agps Architecture wurde für den Swiss Arc Award 2025 eingereicht und von Jeannine Bürgi publiziert.
Wer sich tiefer in das Projekt einlesen mag, dem sei das ausführliche Interview mit ​Manuel Scholl und Matthias Krebs​ aus Swiss Arc Mag 2025–2 empfohlen.

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