Die Unit HiLo thront auf der obersten Plattform des Forschungs- und Innovationsgebäudes NEST auf dem Empa-Campus in Dübendorf, Schweiz. Als Primärstruktur der Schalung des doppelt gekrümmten HiLo-Daches wurde ein gespanntes Kabelnetz verwendet. Die eigentliche Schalungsschicht lag auf dem Kabelnetz und bestand aus einem dünnen Gewebe. Die erste Schicht Beton wird auf die Textilschalung gesprüht. Die fertige doppelt-gekrümmte Dachschale. Schalung für die Leichtbau-Gewölbedecke mit Aussteifungsrippen auf der Westseite. Bei der Installation der Deckenschalung sind die integrierten Heiz- und Kühlleitungen sichtbar. Montage der 3D-gedruckten Schalungsteile für die Leichtbau-Gewölbedecke auf der Ostseite. Die Installation der adaptiven Solarfassade. Aussenansicht der NEST-Unit HiLo aus südlicher Richtung mit Blick auf die adaptive Solarfassade. Der offene Hauptraum der NEST-Unit HiLo mit Blick gegen Westen. Die Hauptstütze der selbsttragenden Dachkonstruktion. Der Büroraum auf der Ostseite mit Blick auf die Adaptive Solarfassade und die Leichtbau-Deckenkonstruktion. Der Büroraum auf der Westseite mit der Unteransicht der Leichtbau-Deckenkonstruktion. Der Büroraum auf der Westseite mit der Unteransicht der Leichtbau-Deckenkonstruktion.

Projektdaten

Basisdaten

Lage des Objektes
Überlandstrasse 129, 8600 Dübendorf, Schweiz
Projektkategorie
Fertigstellung
10.2021
Links

Gebäudedaten nach SIA 416

Stockwerke
2
Nutzfläche
139 m²
Gebäudevolumen
782 m³
Anzahl Arbeitsplätze
8

Beschreibung

Die «NEST-Unit HiLo» vereint neuartige, digitale Planungs- und Konstruktionsmethoden für effiziente Betonstrukturen mit einer selbstlernenden und adaptiven Gebäudetechnik.

Ausgangslage

Ein flexibler «Design-to-Fabrication» Datenfluss wurde entwickelt, um die Entwicklung und Planung von «HiLo» digital zu koordinieren.
Die «NEST-Plattform» repräsentiert den Bauherren und hat das Ziel Technologien für die Zukunft des Bauens zu erforschen. Die Bauindustrie ist für einen grossen Teil des weltweiten Ressourcen- und Energieverbrauchs und der ausgestossenen Treibhausgasemissionen verantwortlich. Gleichzeitig sieht sich der Bausektor einer ständig wachsenden Weltbevölkerung gegenüber. In der «HiLo» Unit kommen Innovationen zur Anwendung, die diese Herausforderungen angehen.

Entwurfsidee

Der integrierte Design- und Fertigungsansatz ist der Ausgangspunkt für die Art und Weise, wie wir in Zukunft planen, entwerfen und bauen werden.
In der neuesten «NEST-Unit» mit dem Namen «HiLo» treffen Bauprinzipien aus dem Mittelalter auf Baumethoden der Zukunft: Geplant und gebaut wurde das zweistöckige Gebäudemodul mit dem markanten doppelt gekrümmten Betondach mit modernsten Design- und Fabrikationsmethoden. Für die neuartige Leichtbau-Gewölbedecke wurden die Forschenden der ETH Zürich allerdings nicht zuletzt inspiriert von den alten Kathedralenbaumeistern, die es verstanden, Strukturen zu schaffen, die sich selbst tragen. Wissenschaftler um Philippe Block, Professor für Architektur und Tragwerk, und Arno Schlüter, Professor für Architektur und Gebäudesysteme, wollen gemeinsam mit Industriepartnern mit dem Gebäude Leichtbauweisen erproben und sie mit intelligenten und adaptiven Gebäudesystemen kombinieren.

Projektierung

Besonders auffällig ist das doppelt gekrümmte Dach, das seine Tragfähigkeit aus der Geometrie und dem zweischaligen Aufbau gewinnt. Gebaut wurde es mit einer flexiblen Schalung aus einem gespannten Seilnetz und einer Membran, auf die der Beton aufgespritzt wurde. Dadurch werden grosse Mengen Beton und Schalungsmaterial eingespart.
Insbesondere für die Zwischenböden der zweistöckigen Unit sollte möglichst wenig Material verwendet werden. Die Leichtbau-Deckenkonstruktion spart im Vergleich zu herkömmlichen Betondecken mehr als 70% an Material. Erreicht wird dies durch die intelligente Gewölbe Geometrie. Die digitalen Fertigungsmethoden ermöglichen es, Lüftung, Kühlung und Niedertemperaturheizung in die gerippte Gewölbedecke zu integrieren und weiteres Material und Volumen einzusparen.
In der HiLo-Unit ist auch eine von der Gruppe um Arno Schlüter entwickelte adaptive Solarfassade im Einsatz. Diese besteht aus 30 Photovoltaik-Modulen, die sich nach der Sonne ausrichten können. Diese Module lassen sich dafür nutzen, den Sonneneinfall in den Raum zu steuern, um passiv zu heizen, oder den Kühlungsbedarf zu senken. Die adaptive Solarfassade ist Teil einer innovativen Gebäudetechnik für die effiziente Regulierung des Raumklimas. Im Betrieb wird das Zusammenspiel der einzelnen Technologien unter Einbezug der Benutzer mittels «Machine Learning» ständig optimiert, um zu untersuchen, wie komfortable Innenraumbedingungen mit möglichst wenig Energie und Emissionen erzielt werden können.

Realisierung

Die Fabrikation der Komponenten der Dachschalung und Dachkonstruktion erfolgte komplett durch informierte 3D Modelle und ohne klassische Planung in Papierform.

Die Koordination aller Planungsdaten erfolgte über ein zentrales Cloud Modell, in welches alle Planungspartner Ihre Daten einpflegen und ständig aktualisieren konnten. Das gesamte Projektmanagement und die Ausführung wurde mit voller Unterstützung von BIM 4D und Autodesk 360 durchgeführt.

Die präzise Installation und Kontrolle der flexiblen Dachschalung auf der Baustelle war eine besondere Herausforderung für die Realisierung des Betondaches. Für die Lagekontrolle der Bauteile wurden 3D Daten durch einen «BIM to Field» Prozess direkt aus dem zentralen Cloud Modell an eine digitale Vermessungsstation übergeben und ohne Zeitverzögerung wieder in den Planungsprozess eingespeist. Dadurch konnten eine Vielzahl an Messpunkten mit sehr geringem Aufwand im Vergleich zu klassischen Methoden überwacht werden.

Besonderheiten

Alle wichtigen Details der Dachkonstruktion und des Schalungssystems wurden mit Hilfe von Prototypen in Zusammenarbeit mit Experten und Partnern aus der Industrie ausgearbeitet. Die Prinzipien der auf diese Weise entwickelten Lösungen wurden in einen flexiblen «Design to Fabrication»-Workflow integriert. Dieser wurde mit «COMPAS» (https://compas.dev/), dem Open-Source-Computational-Framework für Forschung und Zusammenarbeit in Architektur, Ingenieur- und Bauwesen, implementiert. «COMPAS» diente als zentraler Knotenpunkt für die computergestützte Entwicklung, Koordination und Planung der «HiLo»-Innovationen und bot zugleich einen effektiven Transfermechanismus von der Forschung in die Praxis.

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