Kantonsschule Limmattal

 
8902 Urdorf,
Schweiz

Veröffentlicht am 03. April 2025
PENZISBETTINI Architekten GmbH
Teilnahme am Swiss Arc Award 2025

Das Schulareal am Sportpark Grosszügige Sitzstufen verbinden den neuen Platzhof mit den bestehenden Aussenräumen Trakt E: Hochinstallierte Dekcen in den Chemielaboren Trakt E: Zentraler Bereich in nicht ausgebautem Zustand als Ausstellungsraum Trakt E: Zentraler Bereich ausgebaut als offene Sammlung der Biologie Trakt F: Wendeltreppe im Foyer aus passiviertem Stahl Trakt E: Modulation der Betonwände in den Musikräumen für optimierte Schalldiffusion Trakt E: Freistehende Treppe aus vorfabrizierten, untereinander vorgespannten Betonelementen Trakt F: Aula als eingestellter, hölzerner Raum als Abbild der dahinterliegenden Tragstruktur Trakt F: In der Tragstruktur geordnete Doppelturnhalle Trakt E: Montage der vorgefertigten Fassadenstützen Trakt E: Symbionse zwischen Tragwerk und Haustechnik im Rohbau

Projektdaten

Basisdaten

Lage des Objektes
In der Luberzen, 8902 Urdorf, Schweiz
Projektkategorie
Fertigstellung
12.2024

Gebäudedaten nach SIA 416

Stockwerke
3 bis 5
Anzahl Kellergeschosse
2
Geschossfläche
14'000 m²
Nutzfläche
9000 m²
Gebäudevolumen
69'000 m³
Gebäudekosten (BKP 2)
48,5 Mio. CHF

Beschreibung

Die Anlage der Kantonsschule Limmattal, entworfen und realisiert von den Architekten Bolliger Hönger Dubach in den Jahren 1984–1986, ist harmonisch in die grüne Umgebung eingebettet und grenzt sich deutlich von der umgebenden Bebauung ab. Sie stellt eine grüne Insel dar, zwischen der kleinteiligen Siedlungsstruktur im Süden und dem Industrie- und Gewerbegebiet im Norden. Der Bau der Limmattalbahn sowie das geplante Wachstum der Schule um 50 Prozent waren für uns Anlass, die Anlage neu zu denken und ihr einen offeneren, öffentlichen Charakter zu verleihen. Mit den zwei neuen Trakten (E und F) setzen wir die Reihenfolge der funktionalen Nutzungseinheiten (A, B, C, D) des Bestands fort. Die so entstandene «Perlenkette» definiert ein in sich stimmiges Areal, in dem die gruppierten Nutzungen kompakte Einheiten bilden. Die wachsende Gebäudehöhe der einzelnen Baukörper erreicht mit dem Aula- und Sporthallentrakt (Trakt F) ihren Höhepunkt als Adressierung an der Limmattalbahn. Grosszügige Baumdächer vermitteln zwischen dem Massstab der Gebäude und ihrer Umgebung. Die bestehende Mensa sowie die Trakte E und F rahmen den «Platzhof» als neues Zentrum des Schulcampus.

Nicht nur der volumetrische Bezug der Neubauten zum Bestand zeichnet sich durch Ähnlichkeiten und Differenzierungen aus, sondern auch ihr architektonischer Ausdruck. Der pragmatische Umgang mit Rohbau-Ästhetik und die offene Führung der Leitungen, die im Bestand charakteristisch sind, werden in den Neubauten fortgeführt, jedoch auf neue Weise interpretiert. Der Rohbau aus Beton prägt den Charakter der Räume, während Raumabschlüsse additiv mit Leichtbauwänden realisiert werden. Die Installationen sind geordnet an der Decke sichtbar.

Die Räume für die Naturwissenschaften sind im viergeschossigen Trakt E untergebracht, der als flexibles Betongestell aus vorfabrizierten Elementen eine robuste Identität vermittelt. Die Tragkonstruktion definiert mögliche Wandanschlüsse und erlaubt eine hohe Flexibilität bei der Raumaufteilung. Zukünftige Anpassungen sind somit möglich, ohne den Charakter des Hauses zu beeinträchtigen. Die Gebäudetechnik-Installationen verlaufen an den Decken zwischen den Rippen, wodurch sowohl die Raumhöhe optimiert als auch eine grundlegende Ordnung für die Gestaltung der Technik festgelegt wird. Die Mitte des Gebäudes bleibt auf allen Geschossen strukturell frei, dient der Hauptverteilung der Gebäudetechnik und beherbergt die Sammlungen der Fachschaften. Die Trennung durch Metallgitter ermöglicht Einblicke in die Sammlungen und verleiht jedem Geschoss einen fachschaftsspezifischen Charakter, der die Neugier der Schülerinnen und Schüler weckt.

Die Stapelung von Sporthallen und Aula im Trakt F führt zu einem kompakten, hochgradig effizienten Baukörper. Die neue Aula für 500 Personen ergänzt das Angebot der Kantonsschule Limmattal und bietet nun erstmals einen angemessenen Raum für Jahresveranstaltungen sowie für Konzert- und Theateraufführungen. Ihre vom Rohbau entkoppelte Holzkonstruktion ermöglicht den gleichzeitigen Betrieb der darüber- und darunterliegenden Sporthallen und optimiert die Akustik für unverstärkte Veranstaltungen. Zusammen mit den Übungsräumen für Musik und Gesang bildet die Aula eine Nutzungseinheit, die ebenerdig über das gemeinsame Foyer vom zentralen «Platzhof» zugänglich ist. Die funktionale Stapelung trägt zur strukturellen Effizienz bei: Die Längswand der Aula trägt die Hallen mit und optimiert so die Gebäudehöhe.

Die Fassaden spiegeln den Rohbau wider. Die aussteifenden Stirnwände sind aus Waschbeton, während die verglasten Fronten mit Trapezblech verkleidet sind – eine Anlehnung an die bestehende Welleternitfassade. Die Neubauten wurden in Standard Minergie-P Eco realisiert, um eine hohe Energieeffizienz zu gewährleisten. 

Interdisziplinäre Ansätze
In Trakt E werden Installationen, Statik und Raumwirkung kombiniert. Die Rippendecke mit flacher Mitte ermöglicht es nicht nur, die Installationen zu verteilen, sondern auch zu ordnen und in den Raum zu integrieren. Akustische Anforderungen bestimmen die Konstruktion in Trakt F: Die Aula wird als holzige Box-in-Box vom Betontragwerk getrennt, und die plastisch modulierten Wände der Musikräume sorgen mit minimalem Ausbau für die gewünschte Raumakustik.
 
Ortsspezifische Gestaltung
Die Neubauten erweitern den Bestand mit dem naturwissenschaftlichen Klassentrakt (E) und dem Hallentrakt (F) mit Sport und Musik. Trakt F bildet eine neue Adresse an der Limmattalbahn, während Baumdächer zwischen Gebäuden und Umgebung vermitteln. Analog zum Bestand sind die Neubauten strukturell konzipiert, und ihre Logik wird in den Fassaden abgebildet. Dieser spezifische Ausdruck, zusammen mit ansteigenden Gebäudehöhen, vermittelt zwischen den umliegenden Wohnquartieren und der Gewerbezone.
 
Gestalterisch-räumliche Konzeption
Als «Typostruktur» definiert das Tragwerk die Raumstruktur: die Rippendecke (E) erlaubt die flexible und spezifische Gestaltung der Räume mit nichttragenden Wänden. Sichtbare Installationen, vom Tragwerk geordnet als Schmuck des Rohbaus, werden Bestandteil des Raumes. Die Mitte der Geschosse kann frei bespielt oder als offene Sammlung (Schaulager) genutzt werden. Die Hallen (F) entfalten sich innerhalb der Rippenstruktur und werden gestapelt für möglichst effiziente Volumetrie und Statik.
 
Durchdachtes Tragwerk
Die Trakte werden konstruktiv unterschiedlich behandelt, zeigen sich jedoch einheitlich im Ausdruck. Vorfabrizierte Stabwerke (Trakt E) mit Ortbeton-Stirnwänden und Brüstungen ermöglichen es, auf stabilisierende Kerne zu verzichten. In Trakt F prägt eine monolithische Konstruktion die Hallen, bei der die gezielte Vorspannung von Wänden und Trägern das Tragwerk optimiert. Mit der 90 Grad Drehung der Aula wird die Stapelung von drei Halle als konstruktive Meisterleistung möglich.
 
Umfassende Nachhaltigkeit
Das integrale Verständnis von Raum und Tragwerk in Form einer «Typostruktur» fördert die Nachhaltigkeit. Es reduziert die Tragmasse (Material- und CO₂-Effizienz) erhöht die Lebensdauer (Trennung von Tragwerk und nichttragenden Wänden) und minimiert das Volumen (Kombination von Rippen und Installationen, gezielte Vorspannung). 50 Prozent des Baumaterials bestehen aus RC-Beton. Zudem wird die Bodenressource durch die Verdichtung eines urbanen Areals geschont.

Das Projekt von PENZISBETTINI Architekten wurde im Rahmen des Swiss Arc Award 2025 eingereicht und von Nina Farhumand publiziert.
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