Modulare Schulprovisorien Brünnen
,
Schweiz
Veröffentlicht am 30. März 2022
Bauart Architekten und Planer AG
Teilnahme am Swiss Arc Award 2022
Projektdaten
Basisdaten
Gebäudedaten nach SIA 416
Beschreibung
In Brünnen standen seit den 1960er-Jahren Variel-Pavillons zu Schulzwecken. Nun wurden sie ersetzt durch drei zweigeschossige, modulare Schulpavillons aus Holz, die für 20 Jahre als Rochadefläche dienen, während umliegende Schulen saniert und erweitert werden – danach kann die Schule weiterziehen.
Ausgangslage
Bis 2040 müssen in den Stadtberner Schulkreisen Bümpliz und Bethlehem sechs Schulanlagen umfassend erneuert werden. Die betroffenen Schulen weichen während der Bauphase in eine temporäre modulare Pavillonschule aus, die Raum für vierzehn Klassen bietet. Auf dem Gelände in Brünnen standen bereits davor Pavillons des Typs Variel von Fritz Stucky. Der Zustand dieser Bauten liess eine Erweiterung nicht zu. Das Areal an der Nahtstelle zwischen den Grosssiedlungen aus den 1960er Jahren und dem Brünnenpark unterliegt einer Überbauungsordnung, darin werden hohe Anforderung an die Gestaltung definiert.
Entwurfsidee
Eine Studie zeigte, dass sich vier dreigeschossige Standard-Pavillons, wie sie in Bern bereits eingesetzt werden, in diesem Umfeld städtebaulich nicht befriedigend einordnen lassen und auch bezogen auf die Nutzfläche nicht dem Bedarf entsprechen. Deshalb erfolgte eine Weiterentwicklung, die aber mit modularen Standardpavillon von Bern kompatibel ist.
Die in Brünnen realisierte Variante ist nur zweigeschossig, wird vertikal über eine räumlich integrierte Treppenanlage sowie einen innen liegenden Korridor erschlossen. Das Volumen formt sich aus zwei längs zueinander versetzt angeordneten Gebäudehälften. Drei dieser Pavillons stehen frei angeordnet auf dem Areal und bilden zusammen mit der bestehenden Kleinturnhalle, die weiterverwendet werden kann, ein stimmiges Ensemble. Durch die Zweigeschossigkeit und den Versatz am Gebäudeende orientiert sich die Volumetrie der drei Pavillons an derjenigen, der direkt angrenzenden Bebauung. Zusammen mit der bestehenden Turnhalle bilden die drei Gebäude ein stimmiges Ensemble, mit einem gemeinsamen Zentrum, das durch ein offenes Pausendach betont wird. Die Treppenhäuser der drei Neubauten orientieren sich ebenfalls zu diesem Zentrum hin. Die vier Gebäude sind sorgfältig in die Umgebung eingefügt und ermöglichen eine gute Anbindung quartierseitig. Ein neuer Durchgang schafft zudem den direkten Zugang zum Brünnenpark.
Projektierung
Basis der drei Pavillons bilden im Werk vorgefertigte Raumzellen mit 3 Metern Breite, 9,42 Metern Länge und 3,45 Metern Höhe. Die beiden grösseren Bauten bestehen pro Geschoss aus jeweils 22 Modulen, beim kleineren, um eine Achse kürzeren Pavillon, sind es 20 Module pro Geschoss. Die einzelnen Module stehen jeweils quer zur Korridorachse und umfassen die Tiefe der Raumschicht plus die Hälfte der Korridorbreite. Durch den Versatz der Gebäudehälften konnte nicht nur das Volumen optisch reduziert, sondern an beiden Enden der Erschliessung seitlich ein Bezug nach Aussen geschaffen werden. Die Korridorenden bilden so eine willkommene Aufenthaltszone für die Schulkinder. Die Fassade der einzelnen Module umfasst jeweils ein grosses, fest verglastes Fenster, einen Lüftungsflügel mit einem verzinkten Lochblech als Witterungsschutz und Absturzsicherung und ein mit vorvergrauten Holzlatten verkleidetes Brüstungselement. Durch die Addition der Module bilden die Längsseiten eine feingliedrige Bandfensterfassade. Gelbe Stoffmarkisen nehmen die Farbigkeit der ursprünglichen Pavillons auf und bilden einen kräftigen Kontrast zum dezenten Silberton der Holzlattung. Die Stirnfassaden der Gebäude sind – analog zu den Brüstungen der Längsseiten – mit ebenfalls mit vorvergrauten Holzlatten verkleidet.
Realisierung
Das bauliche Grundprinzip ist bei allen drei Pavillons gleich: Die einseitig belichteten Schulzimmer, Gruppen- und Nebenräume docken links und rechts am zentralen Korridor an. Um die Bauzeit kurz zu halten, wurden die Module weitgehend im Werk vorgefertigt. So konnte jedes Gebäude vor Ort innert einer Woche aufgerichtet werden. Die gesamte Bauzeit betrug nur gerade zehn Monate von der Bestellung bis zum Bezug. Die innere Optik der Pavillons unterscheidet zwischen dem Korridorbereich und der Zimmerschicht. Die Korridorwände wurden mit naturbelassenen Dreischichtplatten verkleidet, die Eingangsfronten zu den Zimmern sind in Dunkelgrün gehalten und raumhoch verglast. Die Decken der Erschliessungsachse bestehen ebenfalls aus Dreischichtplatten, die aber hellgrau gestrichen wurden. Die Wände der Schul-, Gruppen- und Nebenräume wurden mit demselben Material verkleidet, die Decken bestehen hier aber aus naturbelassenen, hölzernen Akustikelementen. Diese verleihen den Zimmern eine warme Atmosphäre.
Besonderheiten
Viel Wert gelegt wurde auf eine effiziente Energienutzung sowie ein gutes Raumklima. Hocheffiziente Konvektionselemente in den Brüstungen dienen als Heizung im Winter wie der Kühlung im Sommer. Die Wärmezufuhr erfolgt über eine Luft-Wärmepumpe. Auf den Dächern stehen Photovoltaikelemente, die übers Jahr hinweg soviel Strom produzieren, wie 50 Haushalte verbrauchen, so erzeugen die Schulpavillons mehr Energie als sie selber benötigen. Auch das Lüftungskonzept überzeugt mit Effizienz, einerseits durch eine installationsarme mechanische Lüftung andererseits durch eine bedarfsgerechte Ansteuerung. Neben der Versorgung der Räume mit Frischluft über die Fassaden, verfügen die Räume über eine mechanische Belüftung. Diese kommt ohne Rohrleitungen aus. Sie nutzt den Korridor als Zu- und Abluftkanal, was von grossem Vorteil ist für eine spätere Versetzung der Pavillons an einen neuen Standort. Ein Lüftungsgerät mit Wärmetauscher saugt Frischluft an der Fassade an und bläst sie über einen zentralen Auslass im unteren Drittel des Korridors ein. Dadurch entsteht am Korridorboden ein sogenannter Frischluftsee. Verbundlüfter transportieren die Luft vom Korridor in die Schulzimmer. Dort erwärmt sie sich, steigt nach oben und wird durch einen leichten Unterdruck in den Deckenbereich des Korridors zurück gesogen, von wo aus sie wieder in die Lüftungszentrale gelangt. Zusätzlich wird die Luft auch in den Toiletten abgesogen und ebenfalls zum Lüftungsgerät zurückgeführt. Der Verbundlüfter eines Raums wird aktiviert, sobald der Raum belegt ist, somit kann die Luft sehr bedarfsorientiert verteilt werden. Die drei neuen Schulpavillons bilden zusammen mit der bestehenden Turnhalle ein vollwertiges Schulhaus, das sich sowohl in den nächsten 20 Jahren abwechselnd für die Nutzung für die Primar- sowie die Sekundarstufe eignet.