Institut für Sportwissenschaften, Universität Lausanne
,
Schweiz
Veröffentlicht am 29. Oktober 2021
Karamuk Kuo Architekten GmbH
Projektdaten
Basisdaten
Gebäudedaten nach SIA 416
Beschreibung
Am Rand des Campus der Universität Lausanne wurde ein Neubau für Ausbildung und Forschung im Bereich Sportwissenschaften errichtet. Die Architekt*innen haben ein Gebäude mit zwei unterschiedlichen Zonen erstellt: Der skulpturale Kern ist eine dreidimensionale Begegnungszone und im Ring liegen Büros und Unterrichtsräume mit fantastischer Aussicht auf die umliegende Parklandschaft.
Das Zürcher Architekturbüro Karamuk Kuo war vor die Aufgabe gestellt, auf dem Campus der Universität Lausanne aus den 1960er-Jahren ein Gebäude zu entwerfen, welches vier Lehr- und Forschungseinheiten im Bereich Sportwissenschaften unter einem Dach vereint. Einfachheit, Eleganz, Effizienz und Kommunikation waren Leitbegriffe bei der Planung. Den Architekt*innen lag zudem sehr daran, Räume zu schaffen, die die Begegnungen, das Miteinander und den Dialog der Nutzer*innen fördern. 2018 wurde das Synathlon genannte Gebäude fertiggestellt.
Je nach Tageszeit und Wetter reflektieren die Glasfassaden das Abbild der alten Bäume im Park oder sie lassen Einblicke auf die Aktivitäten im Inneren zu. Das emsige Treiben gleicht dem in einem Bienenstock. Und im Herbst und Winter wirkt der Ort beinahe mystisch, wenn der Nebel vom See das Ufer hinaufwabert.
Eingebettet in den Kontext
Der Neubau ist Teil eines Campus, der Ende der 1960er-Jahre nach dem Masterplan von Guido Cocchi errichtet wurde. Dieser sah vor, die Institutsgebäude lose in eine baumbestandene Parkanlage einzustreuen. Leider nahm dieses Ensemble kaum Bezug auf den Genfersee. Zudem gab es auch keine architektonische Landmark, die den Campus sichtbar gemacht hätte, wenn man sich ihm vom Zentrum Lausanne mit dem Auto oder zu Fuss nähert. Um sensibel auf den gewachsenen Kontext zu reagieren, konzipierten die Architekt*innen einen ruhigen und zurückhaltenden Solitär. Der leicht aufgeständerte Synathlon-Bau scheint mitunter gar über dem Boden zu schweben. Nur wenige Stufen und eine Rampe verbinden ihn mit dem Erdboden. Doch zugleich hat er Kraft und wirkt wie ein neues südliches Eingangstor für den gesamten Campus.
Kern und Ring
Angesichts der Tiefe des Gebäudes schlugen Karamuk Kuo vor, dieses in zwei Zonen zu gliedern: in periphere Arbeitsbereiche und einen Kern. Üblicherweise würden im dunklen Zentrum lediglich Nebenräume angeordnet. Doch die Architekt*innen fanden eine bessere Lösung: Sie entwarfen einen Kern, der sowohl eine inspirierend komplexe Erschliessungszone als auch informeller Aufenthaltsbereich ist. Entstanden ist eine faszinierende Raumkaskade aus Plattformen, Treppen und Galerien – ein Ort für kollektive Begegnungen und informellen Austausch. Die poröse Raumskulptur lässt Tageslicht vom Dach bis ins Erdgeschoss fallen. Zugleich wurden in den geschlossenen Bereichen verschiedene dienende Räume versteckt, wie beispielsweise Laborräume oder Aufzüge. In jedem Stockwerk öffnen sich den Betrachtenden neue Perspektiven. Durch den cleveren Entwurf ist ein eigentlich eher zweckmässiger und sekundärer Bereich zum Herzstück des Gebäudes geworden, das die Nutzenden motiviert, miteinander zu interagieren.
Im Ring drumherum liegen zweckmässige und flexible Arbeitsbereiche. Die Büros bieten fantastische Ausblicke in die Parklandschaft. Ihr modularer Raster mit einem Achsmass von 1,22 Metern entspricht der Gliederung der Fassaden. Leichte Innenwände ermöglichen es, die Grösse der Räume bei Bedarf zu verändern. Bei einer Tiefe von weniger als fünf Metern werden alle Arbeitsbereiche optimal mit Tageslicht versorgt.
Materialien und Struktur
Kern und Ring sind strukturell miteinander verbunden. Letzterer wird durch den Kern ausgesteift, wobei durch das Zusammenspiel der beiden Systeme eine grosse räumliche Vielfalt enstanden ist. Materialität und Farbe unterstreichen den hierarchischen Bezug der Elemente. So trifft der weisse Beton von Pfeilern und Riegeln des Rings auf die traditionelleren grauen Betonkörper des zentralen Kerns. Alles ist bewusst hell, neutral und nüchtern. Die Nutzer*innen wie auch farbige Möbel sorgen für Farbakzente. Aber auch der Werkstoff Holz kommt für Türgriffe und Fensterrahmen zum Einsatz und lädt die Nutzenden ein, sie zu berühren.
Der «neue Eingangsbau» rundet den Campus der Universität Lausanne ab, ohne sich dabei selbst zu sehr in Szene zu setzen. Durch die schlichte und elegante Architektur haben die Architekt*innen einen Ort mit einer ungezwungenen Atmosphäre geschaffen, die Begegnungen stimuliert und eine Freude am Studieren vermittelt.
Text: Valentin Oppliger
Erstveröffentlichung im Magazin der Schweizer Baudokumentation 6.2021