Kirchenzentrum St. Christophorus

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4057 Basel,
Schweiz

Veröffentlicht am 31. März 2022
Lorenz Architekten GmbH
Teilnahme am Swiss Arc Award 2022

Altar. Ambo, Tabernakel Perspektive Strasse Kirchturm Tag Kirchturm Abend Kirchturm Detail Kirchenfenster Detail Attikageschoss Kapelle Marienaltar Gemeindesaal Foyer Wohnung Balkon Treppenhaus

Projektdaten

Basisdaten

Lage des Objektes
Kleinhüningeranlage 29, 4057 Basel, Schweiz
Projektkategorie
Fertigstellung
11.2020

Gebäudedaten nach SIA 416

Stockwerke
6 bis 10
Anzahl Kellergeschosse
1
Anzahl Wohnungen
38
Grundstücksfläche
2142 m²
Geschossfläche
5554 m²
Nutzfläche
3919 m²
Gebäudevolumen
18'362 m³
Gebäudekosten (BKP 2)
16,9 Mio. CHF

Beschreibung

Vereint unter einem Dach

Unweit vom Hafenbecken I und II in Kleinhüningen in Basel plant und baut das Büro Lorenz Architekten das «Neue Kirchenzentrum St. Christophorus» für die Römisch Katholische Kirche Basel-Stadt. Der Neubau schliesst den Blockrand mit einem Stadtbaustein, der unter einem Dach eine Kapelle mit kirchlichen Gemeinschaftsräumen vereint, aber auch Platz bietet für zwei Kindergärten, 23 Alterswohnungen und 13 weiteren, regulären Mietwohnungen.

Ausgangspunkt der Bauaufgabe war, einen zeitgemässen Ersatz für die bestehende Kirche St. Christophorus aus dem Jahr 1935 im Basler Quartier Kleinhüningen zu erarbeiten, welches zum wichtigen Stadtentwicklungsgebiet Basel Nord gehört. Im Zeichen des Strukturwandels setzte die zugeordnete Pfarrei St. Clara in Basel auf die Präsenz und Festigung der katholischen Kirche mit einem zukunftsgerichteten, kirchlichen Zentrum. Um das vorhandene Nutzungspotential des kircheneigenen Grundstückes auszuschöpfen, wurde mit dem Rückbau der bestehenden Kirche ein Aufbruch zur Erneuerung gewagt.
Die Römisch Katholische Kirche entschied, die neue Überbauung mit einem Wettbewerb zu entwickeln und 13 Architekturbüros aus Basel einzuladen. Überzeugen konnte das Projekt Camminato von Lorenz Architekten.
Das relativ junge Büro aus Basel entwarf einen Stadtbaustein, welcher die Lücke zwischen den beiden angrenzenden, sechsgeschossigen Wohnblocks aus den Fünfzigerjahren mit einer Blockrandtypologie schliesst.

Verkehrsachse im Dreiländereck
Mit der städtebaulichen Verankerung im Dreiländereck und der grenznahen Verbindung nach Frankreich und Deutschland, mit dem direkten Anschluss an die Tramlinie, welche die Einkaufstouristen nach Weil am Rhein bringt, befindet sich das Neue Kirchenzentrum an einer befahrenen Verkehrsachse, von der das öffentliche Haus profitieren kann.
Zusammen mit dem grenznahen Autoverkehr entlang der Kleinhüningeranlage steht das Haus unter starker Lärmbelastung, die durch die bestehende Allee zwar etwas gedämpft wird, welcher die strassenseitige Fassade aber Rechnung tragen muss. Die Hofseite des Grundstücks sorgt mit grossen Bäumen und einem halböffentlichen Freiraum indessen für angenehme Ruhe.

Halböffentlicher Charakter
Der langgestreckte Baukörper, perforiert von grossen Fensteröffnungen, wird durch seine Dreiteilung rhythmisiert und markiert durch seine vertikale Fassadengestaltung einen neuen Ort im langen Strassenzug.
Aus dieser vertikalen Struktur wird auch der Kirchturm entwickelt, der auf die sakrale Funktion mit der (eingebauten) zweigeschossigen Kapelle und dem Saal des Kirchenzentrums hindeutet. Mittig springt der Gebäudekörper von der Baulinie zurück. Über den so entstehenden Vorplatz mit Bäumen, Brunnen und Sitzbänken werden die Gläubigen und Besucher von Kapelle und Saal mit einer einladenden Geste empfangen.
Im linken Gebäudedrittel wird im Erdgeschoss ein Durchgang zum rückwärtigen Hof geöffnet. Über diesen wird der Doppelkindergarten mit hofseitigem Spielbereich erschlossen und komplettiert den halböffentlichen Charakter des Erdgeschosses.

Variable Nutzung
Das Besondere am Grundriss ist die Variabilität der Nutzung als Werktagskapelle mit Sitzbänken im Oval der Kapelle und der möglichen Vergrösserung des Sakralraums mit flexiblen Stuhlreihen im Gemeindesaal. Um beiden Nutzungen gerecht zu werden, haben die Architekten den Altarraum nach zwei Seiten ausgerichtet. Tabernakel, Altar und Ambo sind in der Überlagerung der beiden Räume so angeordnet, dass der Sichtbezug zu beiden Seiten gleichwertig ist.
Das Licht für die Kapelle wird von Osten und Westen eingefangen und von Oberlichtfenstern ins Innere gestreut. Als Ort der Andacht mag die neue Kapelle atmosphärisch zu überzeugen.
Ab dem ersten Obergeschoss finden sich insgesamt 36 Wohnungen, davon sind 23 altersgerecht ausgestattet, welche vom hofseitig gegenüberliegenden Pflegewohnheim St. Christophorus betrieben werden. Von diesen werden 16 Wohnungen über einen warmen Laubengang erschlossen, welcher sich in der zurückgesetzten Gebäudemitte befindet.
Zur lauten Strassenseite erweitert diese Erschliessungszone die 2½-Zimmerwohnungen um einen attraktiven Kommunikations- und Bewegungsraum. Die Wohnungseingänge sind transparent gestaltet und bieten Einblicke in die Küchen- und Essbereiche der Wohnungen.

Bezug zum Hafenareal
Die dunkelroten Klinkersteine der niederbayerischen Ziegelei Gima signalisieren Öffentlichkeit. Damit stellen die Architekten den atmosphärischen Bezug zum Hafenareal her, auf dem sich das denkmalgeschützte Silo von Hans Bernoulli befindet. Die strassenseitige Klinkerfassade reicht über den Durchgang bis in den grünen Innenhof und markiert die öffentliche Nutzung des Sockelgeschosses. Darüber erhebt sich im Hof die verputzte Wohnhausfassade mit ihren grosszügigen Balkonen, die das Abendlicht einfangen.
Lorenz Architekten gelingt ein engagiertes und ambitioniertes Projekt im Zeichen der sich wandelnden Urbanität und der Neuausrichtung einer kirchlichen Gemeinschaft. Im Sommer 2020 wird das Neue Kirchenzentrum St. Christophorus seine Pforten öffnen.

Text: Sibylle Hahner

Erstveröffentlichung: Magazin der Schweizer Baudokumentation 2020–1

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