Museum Stapferhaus Lenzburg

 
5600 Lenzburg,
Schweiz

Veröffentlicht am 10. September 2019
pool Architekten
Teilnahme am Swiss Arc Award 2021

Direkt gegenüber des Bahnhofs  strahlt dervorfabrizierte und in 3D geplante Holzbau mit der einladenden  Pergola Leichtigkeit und Offenheit aus. Das disponible Raumgitter zieht die  Besucher förmlich in seine nachtblaue Gebäudehülle hinein. Stapferhaus Lenzburg Eine flexibel im Deckenraster anzuordnender Treppenlauf lässt zusätzlich mehrere Varianten für einen zweigeschossigen Ausstellungsparcour mit maximal 1500 Quadratmetern Ausstellungsfläche zu. Die räumliche Grundstruktur im Ausstellungsgeschoss (1. OG) ist nahezu stützenfrei. Anthrazitfarbene Tannenriemen spielen mit den gleichfarbenen Wänden  und offenen Balkendecken zusammen. Der fest eingebaute Erschiessungskern als Wendeltreppe aus rohem Stahl, der farblos geölt  ist, verbindet sämtliche Etagen des Hauses. Der Geschossaufsatz im 2. Obergeschoss überrascht mit lichtdurchfluteten Büroräumen. Die Aussicht reicht von den Gleisen des benachbarten Bahnhofs bis in die umgebende Landschaft.    Die naturholzfarbenen Wänden und Decken  sind stilvoll mit einem hellen

Projektdaten

Basisdaten

Lage des Objektes
Bahnhofstrasse 49, 5600 Lenzburg, Schweiz
Projektkategorie
Fertigstellung
06.2018

Gebäudedaten nach SIA 416

Gebäudekosten (BKP 2)
15,6 Mio. CHF

Beschreibung

Blauschwarze Hülle – Im Oktober 2018 hat das Stapferhaus in Lenzburg den Ausstellungsbetrieb in seinem nagelneuen «Blauen Haus» aufgenommen. Mit einem überzeugenden Projekt haben Pool Architekten aus Zürich den heterogenen Bahnhofsbereich in einen attraktiven öffentlichen Ort transformiert.

Ausgangslage

Die Stiftung Stapferhaus entschied sich aufgrund einer bislang provisorischen Zwischennutzung im Zeughaus für einen neuen Standort in Lenzburg. Nach der Ausschreibung im Juni 2014 gingen im selektiven Verfahren insgesamt 58 Bewerbungen aus dem In- und Ausland ein, von denen sich 18 Büros für die zweite Wettbewerbsphase qualifizieren konnten.

Entwurfsidee

Das Siegerprojekt mit dem Titel «Blaues Haus» von Pool Architekten aus Zürich überzeugte die Jury des Architekturwettbewerbs in mehrfacher Hinsicht: Die funktionalen Ausstellungsflächen, die sich über zwei Geschosse erstrecken und grosszügige Raumhöhen aufweisen, lassen den Ausstellungsmachern viel Flexibilität bei der Umsetzung ihrer Projekte.
Das Projekt bestach aber nicht nur in architektonischer sondern auch in städtebaulicher Hinsicht. Gegenüber des Bahnhofs strahlt der Holzbau mit der einladenden Pergola Leichtigkeit und Offenheit aus. Das Stapferhaus erhält damit ein neues und selbstbewusstes Gesicht, das der heterogenen Umgebung des Bahnhofs standhalten kann.
Die Architekten bewiesen Eleganz und Sorgfalt im Entwurf des Grundrisses, der sich den Proportionen eines doppelten Quadrats annähert. Gepaart mit der differenzierten Höhenentwicklung entstand ein komplexer Baukörper, deren bahnhofseitig bar gelassene Tragstruktur den Vorplatz rahmt. Die Besucher zieht es förmlich in die nachtblaue Gebäudehülle.

Überraschende Blackbox
Pool Architekten haben sich seit der Gründung ihrer Architektengenossenschaft im Jahr 1998 sowohl durch ambitionierte Wohnbauten wie auch Schul- und Universitätsbauten etabliert. Das Stapferhaus ist das erste realisierte Ausstellungsgebäude. Ein aktuelles Grossprojekt und ebenfalls ein konstruktiver Holzbau ist der neue Campus Biel, der seit 2018 auf dem sogenannten Feldschlössli-Areal südlich des Bahnhofs entsteht.

Projektierung

Das Stapferhaus ist keine White Cube im klassischen Sinn, sondern überrascht als Black Box. Die räumliche Grundstruktur im Ausstellungsgeschoss (1. OG) ist nahezu stützenfrei mit dem fest eingebauten Erschliessungskern einer Wendeltreppe. Die schneckenartig nach oben führende Treppe ist aus rohem Stahl erstellt und farblos geölt. Einige Fensterflächen öffnen die Räume zur Umgebung, lassen sich bei Bedarf aber auch völlig verdunkeln. Ein flexibel im Deckenraster anzuordnender Treppenlauf lässt zusätzlich mehrere Varianten für einen zweigeschossigen Ausstellungsparcour mit maximal 1500 Quadratmeter Ausstellungsfläche zu.
Im Erdgeschoss lassen der grosse Eingangsbereich mit Empfang, Bartheke und anschliessendem Cafébetrieb viel Platz für die zahlreichen Besucher, die sich mehrheitlich aus Schulklassen zusammensetzen. Im hinteren Teil können separate Räume, teilbar mit akustischen Vorhängen, für Veranstaltungen oder Workshops genutzt werden. Sie werden auch vermietet, beispielsweise für Vereine und deren Versammlungen.
Der Geschossaufsatz im 2. OG ist mit hellen naturholzfarbenen, offenen Büroräumen für das Team des Stapferhauses reserviert. Von dort aus wird man mit grosszügigen Ausblicken hinüber zur Lenzburg beglückt, wo früher die Büroräume untergebracht waren. Die Aussicht reicht von den Gleisen des benachbarten Bahnhofs bis weit in die umgebende Landschaft.

Realisierung

Nachtblaue Gebäudehülle
Das Besondere dieses Baus ist seine Hülle und dessen Farbgebung: Sie ist blauschwarz wie die Nacht. Im Inneren wiederholt sich die dunkle Nuancierung in den dunklen Eichenböden, der Farbigkeit der anthrazitfarbenen Wände und Decken. Bisweilen wirkt das ungewohnt dunkel, im praktischen Gebrauch hat es aber den Vorteil, dass die Technikstränge optisch im Raumeindruck verschwinden.
Das gesamte Holzhaus wurde in 3D geplant und in vorfabrizierter Holzbauweise aufgebaut. Die gehobelten Friese aus Weisstanne kombiniert mit den sägerauen Füllungen changieren je nach Lichtverhältnissen in blauschwarzen Nuancen. Die Raffinesse der Textur liegt im Detail: Die gestossenen Bretter der vertikalen Aussenverkleidung sind im Erdgeschoss 12 Zentimeter breit, in den beiden oberen jedoch 15 cm breit.
Die Textur erinnert an die feine Schraffur einer Bleistiftzeichnung. Die braun druckimprägnierten Bretter aus Weisstanne erhalten durch den zweifachen Auftrag von blauschwarzer Lasur eine enorme Tiefe.
Mit der Stapferbühne als offene, bespielbare Pergola funktioniert das «Blaue Haus» auch als Bindeglied zum Stadtraum. Bei der ersten Ausstellung «Fake – die ganze Wahrheit» wurde sie mit einer übergrossen Pinocchiofigur inszeniert. In Verbindung mit dem Café wird das disponible Raumgitter als Ort des Austauschs und der Begegnung bereits rege genutzt.

Besonderheiten

Text: Sibylle Hahner

Erstveröffentlichung: Magazin der Schweizer Baudokumentation 2019 - 5

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