Ersatzneubau Gemeindehaus mit Wohnungen

 
8006 Zürich,
Schweiz

Veröffentlicht am 01. April 2022
Ramser Schmid Architekten GmbH + Helsinki Zürich Office GmbH
Teilnahme am Swiss Arc Award 2022

Blick von Kirche zum Ersatzneubau Blick vom Ersatzneubau zur Kirche Beckenhofpark mit Blick zum Ersatzneubau Eingang Kurvenstrasse Zugang zur Kirche durch Ersatzneubau Gemeindesaal 1 Gemeindesaal 2 Gemeindesaal 3 Wohnungen 2. - 4. OG Wohnungen 2. - 4. OG Wohnungen 2. - 4. OG Zugang Kurvenstarsse Treppe Wohnhaus Geländer Treppe Gemeinde Attika Wohnung

Projektdaten

Basisdaten

Projektkategorie
Fertigstellung
03.2022

Gebäudedaten nach SIA 416

Stockwerke
6 bis 10
Anzahl Kellergeschosse
1
Anzahl Wohnungen
7
Grundstücksfläche
537 m²
Geschossfläche
1190 m²
Nutzfläche
1040 m²
Gebäudevolumen
4815 m³
Gebäudekosten (BKP 2)
5,5 Mio. CHF
Anzahl Arbeitsplätze
2
Parkplätze
2

Beschreibung

Gewonnener Wettbewerb für ein Hybridgebäude der evangelisch-lutherischen Kirchgemeinde Zürich. Auf der Parzelle mit denkmalgeschütztem Kirchenbau entsteht ein Ersatzneubau, über welchen die Kirche erschlossen wird und der die Räume der Kirchengemeinde beherbergt. Darüber befinden sich Wohnungen.

Ausgangslage

Die Kirchgemeinde ist Eigentümerin von zwei Parzellen, auf denen sich ein Gebäude mit Wohn- und Gemeindenutzungen sowie eine Kirche befinden. Der zu ersetzende Bau wird für die Kirchgemeinde und zu Wohnzwecken genutzt. Er ist an die inventarisierte Kirche der Architekten Krägel und Steinbrüchel aus den Jahren 1957-58 angebaut. Der Betonbau nutzt die dreieckige Parzelle des ehemaligen Gartens für eine eindrückliche dynamische Gebäudeform. So prägnant und klar sich der geschützte Baukörper zeigt, so komplex gestaltet sich das Verhältnis zum angrenzenden Bau, der ersetzt werden soll.

Entwurfsidee

Der Ersatzneubau entspringt dem Wunsch, die Teile des Ensembles in ein klareres Verhältnis zueinander zu setzen und dem expressiven Sakralbau deutlicher den Hauptauftritt zu überlassen. Der Neubau weist dementsprechend eine geometrisch einfache Kubatur auf und ist vom Kirchenschiff abgerückt. Zwischen den beiden Teilen des Ensembles entsteht dadurch gewissermassen als gebaute Fuge, ein niedriger Zwischenbau mit einem neu geschaffenen Eingangsfoyer. An der Kurvenstr. springt er zurück und artikuliert damit den Nebenzugang zur Empore der Kirche sowie einem neu geschaffenen Velounterstand. Das bestehende Eingangsportal erscheint nicht mehr als einseitig an die Kirche angelehnter Appendix, sondern fungiert neu als eigenständige Fassade des Zwischenbaus und wird durch ein hangabwärts ansteigendes Dachvolumen bekrönt. Die Anordnung der Fassadenöffnungen verleiht dem einfachen Volumen des Neubaus zu den beiden Strassen hin unterschiedliche Gesichter. Talseitig ergibt sich damit eine etwas stattlichere Kirchenseite, hangseitig dagegen eine etwas bescheidenere Wohnhausseite. Von der Zugangsseite der Kirche her erscheint das Haus allein schon durch seine topografische bedingte Mehrhöhe erhaben. Die grosszügigen Fenster des Mehrzweckraums im Sockelbereich verweisen mit ihrem festlichen Charakter auf die gemeinschaftliche Bedeutung der Kirchgemeinderäume. Die zum Beckenhofpark hin orientierten Loggien der darüber liegenden Wohnungen verstärken den feierlichen Charakter der Hauptfassade.

Projektierung

Im Sinne einer Vereinheitlichung des Ensembles wird für die Fassade des Neubaus analog zur Kirche ein grober, weisser Kellenwurfputz realisiert. Die Ausgestaltung der Fenster schafft eine Differenzierung zwischen den unteren Geschossen mit den Kirchennutzungen und den darüberliegenden Wohnungsgeschossen. Die Fenster des Gebäudesockels sind als einfache Öffnungen in der grob verputzten Fassadenfläche ausgebildet, womit die hangseitig erdberührenden Sockelgeschosse ein kräftiges, rustiziertes Erscheinungsbild erhalten.
Die Sockelgeschosse sind als innengedämmter Massivbau in Beton geplant, was nicht zuletzt hangseitig eine einfache Abdichtung gegenüber dem Erdreich ermöglicht. Die Wohngeschosse sind als Mischbau mit massiven tragenden Innenwänden bzw. Decken und teilweise tragenden Aussenwänden in aussen verputzten Kompaktfassaden gepant. Die Konstruktion ermöglicht eine geringe Aussenwandstärke, was eine wichtige Voraussetzung dafür bildet, dass die baurechtlich maximal mögliche Ausnützung trotz des kompakten Baukörpers realisiert werden konnte. Trotz dem sehr engen Korsett in Bezug auf die Kosten konnte ein qualitätvolles Projekt realisiert werden.

Realisierung

Die Kleinheit der Parzelle und die beengte stadträumliche Situation der Umgebung war eine grosse Herausforderung. Es gab sehr beschränkt verfügbaren Platz im Strassenraum (kaum, Trottoir und Vorbereiche) für die Lagerung von Baumaterialien, keine Parkplätze und keinen Platz für einen Baucontainer. Für die Bauleitung und die Unternehmer und erforderte dies eine präzise geplante Baustellenorganisation. Erschwerend hinzu kam die Bauzeit während der Corona-Pandemie, was bedeutete, dass nicht zu viele Handwerker gleichzeitig auf der Baustelle anwesend sein konnten.
Die Hanglage der Parzelle, ihre knappe Gemessenheit sowie der Anbau an den denkmalgeschützten Kirchenbau erforderten mehrere Konzessionsgesuche, wie z. B. für die Absicherung der Baugrube, die Bewilligung des Vordachs sowie Abstimmungen mit dem Heimatschutz und dem Amt für Denkmalpflege.

Besonderheiten

Das Besondere ist der Umgang mit der Schnittstelle der denkmalgeschützten Kirche und dem Ersatzneubau. Der Kirchenraum und das Gemeindehaus werden über das gemeinsame und denkmalgeschützte Eingangsportal von der Beckenhofstrasse erschlossen. Das Innere des Eingangsbereichs steht nicht unter Schutz und wurde mit dem Ersatzbau neu als Eingangsfoyer konzipiert.
Herzstück des Erdgeschosses bildet das Foyer, welches geometrische Bezüge zum Kirchenraum herstellt und deren breiteres und zweigeschossiges Ende den Haupteingangsbereich mit den Zugängen zum Sakralraum und zur Sakristei räumlich betont. Trotz der Lage im Inneren des bergseitig eingegrabenen Eingangsgeschosses erhält das Foyer von verschiedenen Seiten Tageslicht: Vom Haupteingang, vom Nebeneingang auf die Terrasse und über eine zentrale Öffnung, welche zugleich die Sakristei belichtet.
Der unterteilbare und mehrheitlich überhohe Mehrzweckraum öffnet sich nach Südosten und nach Südwesten zum vorgelagerten Terrassenbereich. Der Gemeindesaal ist als «Schmuckkästchen» gestaltet. Über eine kirchgemeindeinterne, offene Treppe werden ein Zwischengeschoss und das Untergeschoss mit weiteren kirchlichen Nutzungen erschlossen.
Des Weiteren ist die Hybridisierung der zwei unabhängigen Nutzungen: die Nutzungen der Kirchgemeinde und die Wohnnutzungen. Zur Beckenhofstrasse präsentiert sich das Gebäude als Teil der Kirchenensembles, während es zur Kurvenstrasse eine klare Wohnadresse mit eigener Hauptfassade bildet.

192092280