Mehrgenerationenwohnen «DasHaus»

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8047 Zürich,
Schweiz

Veröffentlicht am 14. September 2021
K Plus Architekten AG
Teilnahme am Swiss Arc Award 2022

Die Aussenbereiche laden zum Aufenthalt ein. Der Neubau schreibt viele vorhandene gestalterische Merkmale des Quartiers fort. Die vielen Veloständer verraten, dass hier fitte alte Menschen leben. Der Laubengang soll zum gemeinsamen Schwatz einladen. In der Gebäudemitte verbindet eine Passade DasHaus mit dem Quartier. Es gibt Sichtbezüge zwischen dem Restaurant, der Passage und dem Briefkastencluster. Einen Tropfen in Ehren kann niemand verwehren. Sauna und Ruheraum Die Wohnungen haben viel Tageslicht. Die zahlreichen Loggien öffnen Blickbezüge zum Hof.

Projektdaten

Basisdaten

Lage des Objektes
Else-Züblin-Strasse 60, 8047 Zürich, Schweiz
Projektkategorie
Links

Gebäudedaten nach SIA 416

Stockwerke
6 bis 10
Anzahl Kellergeschosse
1
Geschossfläche
16'440 m²
Gebäudevolumen
59'700 m³
Gebäudekosten (BKP 2)
63,4 Mio. CHF

Beschreibung

Die Siedlungsgenossenschaft Sunnige Hof in Zürich hat sich für den Bau eines Prototyp-Gebäudes innerhalb des Else-Züblin-Ensembles in Albisrieden entschieden. Basis hierfür war das Bewusstsein, wie gross die Bedeutung der demographischen Alterung für die Gesellschaft und die Stadtgestaltung ist.

Die 1942 gegründete Siedlungsgenossenschaft Sunnige Hof ist heute eine der grössten im Grossraum Zürich. Mit einem Seniorencafé, das 2014 eröffnet wurde, um die ältesten Mitglieder aus ihrer Einsamkeit zu holen, begann die Genossenschaft sich verstärkt dem Wohnen im Alter zu widmen.
Nach der Evaluation unterschiedlicher Konzepte setzte sie auf eine Durchmischung der Generationen und ein «inhouse» Dienstleistungsmodell. Daraus ging das Gebäude Else-Züblin-West – «DasHaus» – hervor. Das Projekt soll älteren Menschen ein selbstständiges Leben in einer Umgebung ermöglichen, die den Bewohnern alle zwölf Pflegestufen bietet. Beauftragt wurden die Firma Allco als Totalunternehmer und das Büro Kaufmann Architekten. Das Know-how brachte Senevita (vormals Sensato) ein, ein auf die Pflege älterer Menschen spezialisiertes Unternehmen, das mehrere Gebäude betreibt.

Ein Dorf mitten in der Siedlung
Der Sunnige Hof setzt mit ihrem Entscheid, einen Teil des Else-Züblin-Ensembles zu verdichten, ein Konzept um, das in vielen Studien über das Wohnen im Alter empfohlen wird: Integration in die Mitte der Städte, mit der die Selbstständigkeit der Bewohner ermöglicht werden soll. Die Siedlung befindet sich im Herzen von Albisrieden, einem Stadtteil mit zahlreichen Dienstleistungsangeboten. «DasHaus» ergänzt ein Ensemble aus typischen, länglichen Gebäuden aus den 1950er-Jahren und aus frei angeordneten Blöcken (Burkhalter Sumi Architekten, 2012). Durch den Abriss von 69 Wohnungen aus den 1950er- und 1970er-Jahren konnten 78 Wohnungen, und zahlreiche Dienstleistungen errichtet werden.
Das in Abstimmung mit dem Zürcher Amt für Städtebau entwickelte und anschliessend dem Baukollegium unterbreitete Projekt hat eine hohe Qualität. Durch den Austausch mit dem Amt für Städtebau war es unter anderem möglich, die Forderung eines Minergie-Standards zu sichern und städtebauliche Regeln festzulegen, welche die umliegenden Gebäude zum Beispiel durch den Verzicht auf ein zurückgesetztes Attikageschoss respektieren. So windet sich das Gebäude frei und doch präzise durch seine Umgebung: ein sich verdichtendes Quartier, das von einem intensiven Dialog zwischen den Gebäuden und der Vegetation geprägt ist.

Bedingungen für ein gelungenes Mehrgenerationen-Projekt
Während einige Entscheidungen aus dem Dialog mit der Stadt hervorgegangen sind, spiegeln andere den Willen des Bauherren wider, eine markante Architektur zu schaffen, mit der sich die Bewohner identifizieren können. Und damit sich diese die Räume aneignen, sollte das Gebäude gemeinschaftliche Nutzungen und den Austausch fördern.
Dies geschieht unter anderem im Erdgeschoss, das als Ergänzung zum Else-Züblin-Ensemble und als zentrales Identifikationsmerkmal des Gebäudes gedacht ist. Um eine halböffentliche Passage, welche die Vorplätze im Norden und Süden als Tor im Herzen der Siedlung verbindet, sind diverse Funktionen angeordnet, die intern oder auch von den Nachbarn des Quartiers genutzt werden.
Die Pflegestation belegt einen Grossteil des ersten Obergeschosses. Im zweiten, dritten und vierten Obergeschoss liegen 66 2,5- und 3,5-Zimmer-Wohnungen für Menschen ab 65 Jahren. Aktuell liegt das Durchschnittsalter der Bewohner bei 75 Jahren. Im Dachgeschoss stehen zwölf Wohnungen mit 2,5 bis 4,5 Zimmern für Familien und jüngere Paare zur Verfügung. Somit ist eine gewisse Altersdurchmischung gegeben.
Alle Räume entsprechen der SIA-Norm 500 «Hindernisfreie Bauten». Schwellenlose Duschen, Haltestangen in den Bädern, Notruf-Schalter, für Rollstuhl-Fahrer zugängliche Balkone und elektrische Rollläden erleichtern älteren Menschen das selbstständige Leben. Der über dem Durchschnitt liegende Wohnungsstandard rechtfertigt teilweise hohe Mieten für den genossenschaftlichen Sektor. Über eine Querfinanzierungsstrategie können jedoch sechs erschwingliche Wohneinheiten für Menschen angeboten werden, die auf Zusatzleistungen angewiesen sind.
Wie die Fassaden erinnern Materialien und Farben an die italienische Nachkriegsarchitektur und tragen so zu einer schlichten und eleganten Atmosphäre für ein schönes Wohngefühl bei.

Interne und externe Synergien
Doch Architektur allein reicht nicht, um in der Stadt ältere Menschen in die Gesellschaft zu integrieren: Die Verwaltung und der Betrieb der Gebäude sind ebenso wichtige, wenn nicht noch wichtigere Faktoren. Der Concierge-Dienst ist für die Bewohner von «DasHaus» ohne Frage ein integratives Element. Abends und an den Wochenenden übernehmen die Bewohner selber diese Aufgabe und tragen so zum Austausch und zur gegenseitigen Hilfe bei. Mehrere Treffpunkte stehen ihnen zur Verfügung: ein Briefkastencluster im Erdgeschoss, Waschküchen in den Obergeschossen oder breite Laubengänge, die zum Plausch unter Nachbarn einladen.
Der Aussenbereich – gestaltet von ASP Landschaftsarchitekten – dient ebenfalls als Begegnungsort und fördert Kontakte. Auf den Vorplätzen am Eingang und am Weg, der um das Gebäude führt, bieten Bänke Sitzmöglichkeiten für kurze Pausen. Die Wege sind für Rollstühle und Rollatoren barrierefrei gestaltet. Beim Eingang empfängt ein Springbrunnen die Besucher.
Der Sunnige Hof wollte ein offenes Haus in seinem Quartier. «DasHaus» verkörpert diesen Willen und bietet unterschiedliche Programme, die sich an alle Bewohner des Else-Züblin-Quartiers richten. Der Gemeinschaftssaal «DerTreffpunkt» ist zentrales Element im Genossenschaftsleben und öffnet sich zum Vorplatz im Norden. Er bietet Platz für 80 Personen und ist mit einer Küche ausgestattet, die kleine Feiern unter Freunden ermöglicht, obwohl das dunkle Eichenparkett die Nutzung erschwert. Im «DerTreffpunkt» finden Entspannungsaktivitäten statt sowie soziokulturelle Veranstaltungen, die von der Siedlungskommission Albisrieden angeboten werden.

Das soziale Potenzial ist noch nicht ganz ausgeschöpft.
Zahlreiche Studien über das Wohnen im Alter bestätigen, dass gemischte Programme einer einheitlichen Nutzung vorzuziehen sind. Gleiches gilt für Experimente gegenüber herkömmlichen Lösungen und für das Verdichten der Quartiere gegenüber dem Bauen auf der grünen Wiese: Durchlässigkeit ist eine interessantere Herausforderung als jede hermetische Struktur, aber auch eine schwierigere aus soziologischer Sicht.
Auch wenn der im Else-Züblin-Quartier entwickelte Prototyp ein Erfolg ist, bleibt «DasHaus» ein Top-Down-Projekt, bei dem die kollektive Kraft, die durch die Einbeziehung der künftigen Bewohner des Gebäudes in seine Entwicklung hätte entstehen können, nicht genutzt wurde. Dies hat den Aufbau einer gemeinschaftlichen Identität sowie die Nutzung des Potenzials und des Programms des Gebäudes verzögert. So wurde zum Beispiel das Konzept der Pflegestation nicht auf das Zusammenspiel mit seiner Umgebung fokussiert. Dies ist nicht alarmierend, kann aber genutzt werden, um daraus zu lernen.
«DasHaus» zeigt, dass eine Mischung unterschiedlicher Programme umsetzbar ist und zahlreiche Begegnungsmöglichkeiten eröffnet. Damit dies jedoch so bleibt, müssen die Konzepte für den Betrieb der wesentlichen Dienstleistungen auf den sozialen Austausch zugeschnitten sein. Einige im «DasHaus» getestete Modelle bilden eine gute Grundlage, auf der der Sunnige Hof die nächsten Schritte ihrer Entwicklung hin zu mehr Innovation im Bereich Wohnen und Gesellschaft aufbauen kann. Vor diesem Hintergrund bleiben Flexibilität und Anpassungsfähigkeit das Wichtigste – zwei Eigenschaften, die der Sunnige Hof schon unter Beweis stellen konnte.

Text: François Esquivié

Erstveröffentlichung im Magazin der Schweizer Baudokumentation 5.2021

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