Schulanlage Röhrliberg

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6330 Cham,
Schweiz

Veröffentlicht am 18. April 2023
Baumgartner Loewe Architekten AG
Teilnahme am Swiss Arc Award 2023

Schulhaus Röhrliberg I, Anbau West und Aufstockung, Transformation Hof Aula und Turnhallen, Aufstockung Garderobentrakt mit neuer Bibliothek Aufstockung Schulhaus Röhrliberg I, Blick vom Gruppenraum zum Klassenzimmer Anbau Süd Nordfassade Schulhaus Röhrliberg I, Anbau West und Aufstockung, neue Rampe zum Hof Foyer Aula mit neuer Treppe zur Bibliothek Sanierung und Erdbebenertüchtigung kleine Turnhalle Pausenhof, Werk-Archithese Bd. 65, 1978

Projektdaten

Basisdaten

Lage des Objektes
Röhrliberg, 6330 Cham, Schweiz
Projektkategorie
Fertigstellung
04.2021

Beschreibung

Die Sanierung und Erweiterung der Schulanlage Röhrliberg in Cham verfolgt einen zugleich integrativen wie auch offensiven Umgang mit einem identitätsstiftenden Bauwerk und denkmalpflegerischen Schutzobjekt.

Ausgangslage

Das Projekt soll exemplarisch für den Erhalt und die Weiterentwicklung einer bewährten Architektur aus der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts stehen. Dabei kondensieren sich zahlreiche Themen aktueller Aufgabenstellungen in der Architektur: Verdichtung, Pflegen und Weiterbauen anstatt Abbrechen, Substanzerhalt und Wiederverwertung, ressourcenschonende Bauweise, differenzierte energetische Sanierung, integrale Erdbebenertüchtigung, Nutzungsflexibilität vor dem Hintergrund, sich wandelnder pädagogische Konzepte etc.

Entwurfsidee

Städtebaulicher und architektonischer Ansatz
Das Grundkonzept für die Sanierung und Erweiterung der Schulanlage Röhrliberg knüpft an die präzise städtebauliche und architektonische Grammatik des Bestands an. Die verschiedenen Gebäudeteile und die Anlage als Ganzes werden durch sorgfältige Pflege der bestehenden Substanz, gezielte Eingriffe und selbstverständliche Ergänzungen in einen nächsten Lebenszyklus geführt. Das Ziel ist, die Interventionen in Einklang mit den bestehenden räumlichen und atmosphärischen Qualitäten zu bringen und dadurch die Identität des Orts für die Zukunft zu stärken. Als massgebend werden unter anderem folgende Prinzipien identifiziert und weiterverfolgt: Städtebaulich ist die Anlage als klassischer Campus angelegt, wobei die durch Gebäude gefassten, hofartigen Aussenräume in einem spannungsvollen Verhältnis zum umgebenden Grünraum stehen. Die Morphologie der Anlage und der einzelnen Gebäude basiert auf einer übergeordneten Grundgeometrie und einem einheitlichen Masssystem, dessen Ursprung im Modul des Backsteins begründet liegt. Die räumlichen Strukturen werden durch Addition einzelner Teile gebildet. Die Staffelung der Höhen beschreibt eine Hierarchie unter den verschiedenen Gebäudeteilen und schafft übergeordnete räumliche Bezüge. Das Ensemble wird durch die einheitliche Formensprache, die massive Bauweise und die homogene Materialisierung charakterisiert.

Projektierung

Räumliche Erweiterung
Die Erweiterungen von Röhrliberg I für ein zeitgemässes Raumangebot wird mit zwei sechsgeschossigen Anbauten und einer vollständigen Aufstockung realisiert. Die beiden Anbauten nehmen die Gliederung des bestehenden Baukörpers in zwei Gebäudeflügel auf und führen deren clusterartige Struktur im Grundriss mit je einem neuen Klassenzimmer pro Geschoss fort. Die Aufstockung setzt demgegenüber einen Akzent in der Vertikalen und stärkt die Präsenz des feingliedrigen Baus von Röhrliberg I gegenüber dem massigeren Volumen von Röhrliberg II. Die Aula als eigentliches Herz der Anlage wird in der heutigen Form erhalten. Die neue Bibliothek wird als länglicher, flach gehaltener Aufbau auf dem Garderobentrakt der Turnhalle angeordnet, mit Blick zum Hof. Die Erschliessung erfolgt wie bisher über den Eingang und das Foyer bei der Aula. Dort führt im Bereich der heutigen Bibliothek eine breite einläufige Treppe ins Obergeschoss direkt zur neuen Bibliothek.

Realisierung

Backstein
Das dominierende Material ist der rote Backstein, der äusserst qualitätsvoll im abwechselnden Verband gemauert ist. Diese vom Sichtbackstein-Mauerwerk geprägte «natürliche» Materialisierung setzt sich im Inneren fort. Die durchlässige Materialsprache wird durch die markanten Betonelemente, den gepflästerten Porphyrbodenbelag und die dunkel gefassten Holzfenster mitgeprägt. Mit der expressiven Materialisierung, der präzisen Setzung auf dem flachen Hügelrücken und der hochwertigen Umgebungsgestaltung stellt die Schulanlage ein identitätsstiftendes Ensemble mit einem hohen baukulturellen Wert dar.

Besonderheiten

Clusterbildung durch Anbauten
Beim Schulhaus Röhrliberg I wird pro Gebäudeflügel je ein neues Klassenzimmer angefügt, während eines der beiden bestehenden Klassenzimmer neu für die Gruppenräume genutzt wird. Durch die gewählte Position des Anbaus kann der von den temporären Gruppenräumen befreite, grosszügige Pausenraum über die bestehenden Fenster natürlich belichtet werden. Die beiden neuen Gruppenräume liegen zwischen den beiden Klassenzimmern und können direkt von den Klassenzimmern sowie unabhängig vom Vorraum erschlossen werden. Die vorliegende Konstellation von Vorraum, zwei Klassenzimmern und zwei Gruppenräumen und den dazwischenliegenden Falttrennwänden, Flügel- und Schiebetüren bildet pro Gebäudeflügel und Stockwerk eine maximal flexibel und multifunktional nutzbare Raumgruppe – einen Unterrichtscluster. Darüber hinaus übernehmen die Anbauten eine zentrale Rolle in der Erdbebenaussteifung vom Schulhaustrakt.

Der Text wurde von den Architekt*innen im Zusammenhang mit der Einreichung des Projektes für den Arc Award 2023 verfasst.

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