Teatro dell’Architettura, Mendrisio

 
6850 Mendrisio,
Schweiz

Veröffentlicht am 04. Mai 2020
Mario Botta Studio d'architettura

Teatro dell’Architettura, Mendrisio Eine Mischung aus Stil und Epoche. Auf dem Universitätscampus der Akademie für Architektur in Mendrisio steht Mario Botta’s Teatro dell’Architettura neben dem  Palazzo Turconi. Backstein prägt das  gesamte Gebäude.  Besonders hervorzuheben  ist die Struktur der  Fassade. Goldene Farbe  und die rauhe Maserung  der mineralischen  Oberfläche unterstreichen  die eigentümliche  Identität des Gebäudes. Im Inneren wirft ein Oberlicht Lichtstrahlen auf die über dreitausend Quadratmeter grosse Fläche und verteilt das natürliche Tageslicht auf die insgesamt 27 Meter Durchmesser grosse Fläche. Die circa 2000 Quadratmeter grosse Fläche, die  sich über die vier Hauptebenen verteilt, erlaubt  eine Vielzahl unterschiedlicher Nutzungen, sodass sowohl parallel wie auch unabhängig voneinander stattfindende Veranstaltungen organisiert werden können.

Projektdaten

Basisdaten

Lage des Objektes
Via Turconi 25, 6850 Mendrisio, Schweiz
Projektkategorie
Fertigstellung
01.2017

Gebäudedaten nach SIA 416

Stockwerke
3 bis 5
Anzahl Kellergeschosse
2
Geschossfläche
3000 m²
Gebäudevolumen
17'300 m³

Beschreibung

Tempel für architektonische Debatten

Mario Botta hat das neue Teatro dell’Architettura entworfen – ein zylinderförmiger Bau,
der als Kulturlaboratorium und multidisziplinäres Zentrum fungieren soll.


Rund – so präsentiert sich das neueste Werk des Tessiner Architekten. Die Frontansicht lässt keinerlei Rückschluss auf die Nutzung zu. Das Gebäude mit dem Namen «Teatro dell’Architettura» befindet sich auf dem Campus der Architekturakademie Mendrisio, direkt neben dem Palazzo Turconi, mit dem er über unterirdische Gänge verbunden ist. Von aussen ähnelt das Werk von Mario Botta einem geschlossenen und undurchsichtigem Kasten. Seine ästhetische Erscheinung besteht aus einer bänderartig gegliederten goldfarbigen Steinverkleidung, die den Zylinder umfasst. Bei dieser geometrischen Form, von der Mario Botta in seinen Werken nur selten abweicht, handelt es sich um einen zylindrischen Körper von einem Durchmesser von 27 Metern mit zwei Untergeschossen und drei Obergeschossen. Das neue Gebäude, das auf einem ebenen, von Rasen umgebenen Gelände steht, folgt trotz seiner imposanten Grösse der Ausrichtung der anderen umliegenden Gebäude. Mit einem Volumen von ca. 17 000 Quadratmetern könnte man bei näherer Betrachtung meinen, dass es sich um einen kleinen runden Turm handelt. Kennzeichnend für das gesamte Gebäude ist zweifelsohne die Einsparung von Material (im vorliegenden Fall die Verwendung von Backstein). Diese sorgfältige und im Sinne der Nachhaltigkeit getroffene Entscheidung führt zu einem harmonischen Ergebnis. Besonders hervorzuheben ist die Struktur der Fassade. Das Farbduo und die rauhe Maserung der mineralischen Oberfläche unterstreichen die eigentümliche Identität des Gebäudes.

Anatomisches Theater als Inspirationsquelle

Das Konzept ist erstaunlich. Einzigartig in der Schweiz ist das Teatro dell’Architettura von alten anatomischen Theatern inspiriert. Sie bestanden aus einem grossen Raum, in dessen Zentrum sich das Studienobjekt befand, während die Studenten von den aufsteigenden Rängen auf die Vorgänge hinabblickten. Tatsächlich findet der Architekt Parallelen zu seinem Werk, das er als einen Tempel des Austauschs und des Wissens für verschiedene Lehren betrachtet. Ausserdem soll er dem transdisziplinären Charakter der Architekturausbildung mehr Sichtbarkeit verleihen, denn dieser spielt im Entwurfsprozess eine stetig wachsende Rolle. Für Mario Botta spielt Architektur in vielen Bereichen eine Rolle, mal mehr, mal weniger – in der Kunst natürlich, aber auch in der Mode, im Design, der Fotografie, im Tanz und letztendlich in allen Fachgebieten, die zu ihrer gesellschaftlichen Bedeutung beitragen.
Dennoch, so Mario Botta, suggeriert die Idee des Theaters immer auch den unmittelbaren Akt, ohne «Mediation zwischen dem vorgestellten Fachbereich und seinen Protagonisten, sondern in Form einer konkreten und unmittelbaren Mitwirkung», verbunden mit dem Wunsch nach einer
«intimen» Beziehung zum Publikum.

Kulturelle Auseinandersetzung auf allen Ebenen

Der Eingang im unteren Teil ist lichtdurchlässig und auskragend. In diesem Ambiente hat der Architekt, auch im Sinne der Wirtschaftlichkeit, mehrere nach Bereichen unterteilte Volumen kreiert. Von der Rezeption im Erdgeschoss erreicht man alle Ebenen. Zunächst befindet sich dort unten die Agora, ein grosses, aus einem einzigen Raum bestehendes Volumen, über dem sich die anderen Bereiche auf vier weiteren Ebenen mit einer Gesamtfläche von etwa 2000 Quadratmetern verteilen. Die Kellerräume werden durch Bullaugen beleuchtet, die geradlinig auf der Bodenoberfläche angeordnet sind. Diese spezielle Konfiguration ermöglicht eine Vielzahl von unterschiedlichen Nutzungen, sodass sowohl parallel wie
unabhängig voneinander stattfindende Veranstaltungen organisiert werden können. Im Obergeschoss sticht besonders die
Zuschauerterrasse hervor. Der Ort ist komplett offen gehalten und jedem zugänglich, sowohl Studenten als auch Besuchern. Sämtliche Veranstaltungen sind dem allgemeinen Publikum zugänglich, was die Grundidee des Projekts nochmals verstärkt und dem Gebäude seine kulturelle Berufung verleiht. Im Inneren wirft ein Oberlicht Lichtstrahlen auf die über dreitausend Quadratmeter grosse Fläche und verteilt das natürliche Tageslicht auf die gesamte 27 Meter Durchmesser grosse Fläche. Den Strahlenbündeln, die sich über die fünf Ebenen erstrecken, kommt daher eine besondere Bedeutung zu. Richtet man den Blick nach oben, entdeckt man einen Metallvorhang in Form einer Halbkugel, der an andere Projekte des Architekten erinnert.
Bei genauerer Betrachtung wird klar, warum sich dieses neue Gebäude, das Teatro dell’Architettura, genau hier an diesem Standort befindet. Indem das ursprüngliche Leitmotiv ein wichtiges Instrument in der Debatte wurde, hat es gleichzeitig dazu geführt, dass die Universität der italienischen Schweiz und die Fondazione Teatro dell’Architettura das Projekt vorangetrieben haben.

Text: Renzo Stroscio

Erstveröffentlichung: Magazin der Schweizer Baudokumentation 2018- 6

Projektbeteiligte Unternehmen

Planung

192117548