Sennhof Chur – vom Gefängnis zum offenen Stadtquartier

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7000 Chur,
Schweiz

Veröffentlicht am 26. März 2025
Ritter Schumacher AG
Teilnahme am Swiss Arc Award 2025

Aussenansicht Aussenansicht Dachaufsicht Vogelperspektive mit Blick auf Chur Fassade Wohnung Neubau «KostBar» Zimmer Hostel Flur Hostel Übernachten im Gefängnis Wohnung Altbau Flur Hostel

Projektdaten

Basisdaten

Lage des Objektes
Sennhofstrasse 19, 7000 Chur, Schweiz
Fertigstellung
05.2023
Links

Gebäudedaten nach SIA 416

Stockwerke
3 bis 5
Anzahl Kellergeschosse
1
Anzahl Wohnungen
35
Grundstücksfläche
4535 m²
Geschossfläche
8909 m²
Nutzfläche
7602 m²
Gebäudevolumen
28'843 m³
Gebäudekosten (BKP 2)
22,5 Mio. CHF
Anzahl Arbeitsplätze
30
Parkplätze
4
Anzahl Betten
70

Beschreibung

Rückbindung und Aufbruch – der Sennhof als lebendiger Stadtraum der Zukunft
Die Transformation des Sennhofs bewegt die Vergangenheit und die Gegenwart in die Zukunft hinein. Der neue Sennhof gewinnt Orientierung und Halt in der Nutzung bestehender Gebäude. Durch Neubau und Abbruch findet er zurück zu seiner Identität und spielt sich frei für die Zukunft. Die Idee, die den Sennhof zu neuem Leben erweckt, ist die Erweiterung der Altstadt durch das Ausschöpfen seines Potenzials. Zentral für die Verwirklichung dieses Ziels im Äusseren ist die Öffnung des bisher abgeschlossenen Areals durch einen Abbruch des nördlichen Sennhoftraktes. Dadurch wird der Blick frei für die Schönheit der Umgebung und ein Gefühl von Offenheit und Austausch kann entstehen. Im Inneren erreichen wir Lebendigkeit durch eine bewusst breite Streuung der Nutzungsmöglichkeiten und eine heterogene Nachbarschaft. Wohnen heisst hier teilhaben an einer gemeinsamen Struktur, die individuelle Ausgestaltung fördert.

Neues Leben in alten Mauern
Viele Jahre galt er als härtester Knast der Schweiz. Im Sennhof untergebracht zu sein, war kein Ver­gnü­gen. Doch diese Zeiten sind vorbei, seit die Justizvoll­zugsanstalt 2019 nach Cazis umgezogen ist. Inzwischen ist viel umgebaut worden. Wo ein Teil des ehemaligen Gefängnisses abgerissen wurde, ent­stand ein fünfstöckiger Neubau mit 29 Wohnungen. Daneben ist der Gebäudekomplex nicht mehr zusammengebaut, sondern zum Rebberg hin offen. Erhalten sind der denkmalgeschützte Turm aus dem 13. Jahrhundert, der ge­wölb­te Bogentrakt und die Bauten entlang der Sennhofstrasse. Das ehemalige Gefängnis ist mittlerweile ein Hostel – ein Ort der Freiheit, der Kreativität, des sozialen Austauschs und vor allem ein Ort, an dem Reisende auf Einheimische treffen und einen Aufenthalt in einem lebendigen Quartier erleben.
Im Bogentrakt hat sich im Erdgeschoss die «KostBar» eingerichtet. Sie kombiniert Restaurant, Bar und Lounge, bietet kulinarische Kreationen sowie ein vielfältiges Bier-, Wein- und Cocktailangebot. In den drei Etagen darüber ist das Hostel Bogentrakt entstanden, mit rund siebzig Betten in 25 Zim­mern. Das Be­sondere: In alle Zimmer tritt man durch die ehemaligen Zellentüren aus Stahl ein. Die Wände des Aufent­haltsraums hat der Churer Streetart-Künstler BANE gestaltet.

Nachhaltigkeit in allen Aspekten
Es war für uns äusserst wichtig, dass wir den historischen Geist am Ort erhalten und respektvoll damit umgehen. Wo immer möglich, haben wir mit der bestehenden Substanz gearbeitet. Gleichzeitig wollten wir das ganze Areal aber auch in die Moderne bringen und beleben. Wir wollten ein in allen Belangen nachhaltiges Projekt realisieren», erklärt Christian von Ballmoos, Energie- und Nachhaltigkeitsexperte der Ritter Schumacher. Dem ökologischen Anspruch an Nachhaltigkeit wurde durch Massnahmen wie die Erhaltung bestehender Bausubstanz sowie Fernwärme, Materialwahl und Bauweise beim Neubau Rechnung getragen. Mit der Durchmischung von Eigentum im Neubau und Mietmöglichkeiten im Altbau an Gross- und Clusterwohnungen, Ateliers und für Gewerbe wurden ökonomische Aspekte der Nachhaltigkeit berücksichtigt. Soziale Nachhaltigkeit wurde mit einem Angebot an günstigem Wohnraum für Studierende oder Angebote für flexibles Wohnen umgesetzt.

Nach dem Beschluss, das Gefängnis 2020 vom Sennhof nach Cazis zu verlegen, initiierte der Kanton Graubünden 2018 einen Investorenwettbewerb. Dessen Ziel war es, das beste Konzept für die neue Nutzung des Gebäudeareals zu finden. Sieger des Wettbewerbs wurde das Projekt «Kontinuum» des Investors «Einfache Gesellschaft Sennhof». Diese besteht aus der Brandis Invest­ment sowie der Miro Immo, Chur. Das Architekturbüro Ritter Schumacher plante den Um- und Neubau des Areals. Ein zentraler Aspekt von «Kontinuum» war, den historischen Turm, den Bogentrakt und die Gebäude entlang der Sennhofstrasse zu erhalten. Dadurch wird das neue Areal zu einer Weiter­führung der Altstadt. Der Innenhof wirkt durch die Öffnung zum Rebberg hin viel grosszügiger. Den neuen Gebäudeteil mit Wohnungen ist eine nahtlose Erweiterung der be­stehenden Bauten – ein Kontinuum, das Alt und neu verbindet. Der neue Sennhof sollte weder Schlaf­quartier noch reines Geschäftsviertel werden, sondern eine belebte Stadt in der Stadt mit Restaurant, Läden, Wohn- und Kulturräumen.

Das Projekt von Ritter Schumacher wurde im Rahmen des Swiss Arc Award 2025 eingereicht und von Nina Farhumand publiziert.

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