Umbau Hochstud zu Künstlerhaus Boswil

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5623 Boswil,
Schweiz

Veröffentlicht am 05. Januar 2022
Gian Salis Architektur GmbH
Teilnahme am Swiss Arc Award 2022

Projektdaten

Basisdaten

Projektkategorie
Fertigstellung
08.2021
Links

Gebäudedaten nach SIA 416

Gebäudekosten (BKP 2)
4,5 Mio. CHF

Beschreibung

Das ehemalige Sigristenhaus von Boswil, ein einfach gebautes, jedoch durch frühere Umbauten verschachteltes, denkmalgeschütztes Hochstudhaus wurde in ein helles, luftiges und multifunktionales Künstlerhaus umgebaut. Dabei wurde konsequent mit Holz gearbeitet in einer jahrhundertealten Haltung im ökonomischen Umgang mit Baumaterial: Fichte für die Tragstruktur, Tanne für den Innenausbau, Hagenbuche für die Möbel. Das alte rauchgeschwärzte Holz wurde nur gewaschen, die abgewetzten Bodendielen gehobelt und wieder eingebaut. Je dunkler das Holz, umso älter ist es.

Ausgangslage

Das ehemalige Sigristenhaus von Boswil wurde um 1700 als einfaches Bauernhaus erstellt. Es bestand aus einem Wohntrakt in Bohlen-Ständer-Bauweise und daran anschliessendem Tenn und Stall in einer Hochstudkonstruktion – eine archaische, für den Aargau typische Firstständerbauweise. Das Haus wurde mehrmals stark umgebaut, so wurden beispielsweise die äusseren Kammern im Wohntrakt später angebaut und darüber das Dach angehoben, was zur geschwungenen Dachform geführt hat. Erhalten geblieben sind drei Hochstüde im Tenn. Es steht unter kantonalem Denkmalschutz.

Entwurfsidee

Im Auftrag der Stiftung Künstlerhaus Boswil hat Architekt Gian Salis es nach einem gewonnenen Studienwettbewerb zum Künstlerhaus umgebaut. Alle Einbauten aus dem 20. Jahrhundert wurden entfernt und die rohe alte Struktur freigelegt. Nach einer genauen Analyse vom Bestand wurden die neuen Nutzungen dort eingeplant, wo sie am besten in die alte Struktur passen: Im hohen Dachgeschoss entstanden unter der erhaltenen alten Dachkonstruktion zwei Proberäume mit optimierter Akustik für Musikproben. Diese werden jeweils giebelseitig optimal belichtet, im grossen Saal durch eine vollflächige Verglasung hinter Holzlamellen, im kleinen Saal durch sieben Fenster, wobei drei in Abstimmung mit der Denkmalpflege neu erstellt werden durften. So waren in der Dachfläche keine neuen Fenster nötig. Eine Blickachse durch den ganzen Dachraum verbindet die Räume. In den alten Kammern im Obergeschoss sowie im Heustock wurden sieben Gästezimmer mit je eigenem Bad erstellt, wobei die Decken höher gesetzt wurden, um eine genügende Raumhöhe zu erreichen. Und in den alten Täferstuben im Erdgeschoss entstanden Büroräume, wobei die Täfer ausgebaut, dahinter gedämmt und dann wieder eingebaut wurden. In den Ställen entstanden Werkstatt sowie Lager. Im neuen lichtdurchfluteten, wie eine Gartenlaube wirkenden Anbau Ost – anstelle eines Anbaus aus den 1980er-Jahren – entstand ein Sitzungszimmer.

Projektierung

Erschlossen werden all diese Räume neu mit Lift und einer zentralen Treppe im ehemaligen Tenn, wo alle im 20. Jahrhundert eingezogenen Böden radikal ausgeräumt wurden und wodurch eine imposante Halle entstand. Diese ist geprägt von der Hochstudkonstruktion, welche beidseitig der Treppe über die ganze Höhe bis in den First erlebbar wird. In der Bohlen-Ständerwand zu den Büroräumen konnte ein Feld ausgeschnitten werden, dort befindet sich nun die Rezeption und zentrale Empfangstheke des Künstlerhauses. Durch ein vorgefundenes Dachziegelfenster fällt ein über den Tag wandernden Sonnenfleck in die Halle und belebt und belichtet diese. Ebenso fällt Licht durch das geöffnete Tenntor und durch das lichte Sitzungszimmer gegenüber. So wurde aus dem ehemals dunklen Tenn eine lichtdurchflutete Halle. Raum-Nischen und Sichtbezüge machen den Raum zu einem attraktiven Pausen- und Aufenthaltsraum, wo auch informelle Treffen stattfinden können. Weitere neue Sicht- und Lichtachsen geben dem Haus eine innere Grosszügigkeit.

Realisierung

Da die Fassaden aussen in guten Zustand waren, wurden diese nur gereinigt und innenseitig mit einer neuen Tragstruktur verstärkt und gedämmt, teils die alten Täfer wieder eingebaut, teils neu vertäfelt. Hinter den alten Fenstern wurden auf der Innenseite neue Isolierglas-Fenster eingebaut. Einzig an der Nordfassade und dem Anbau Ost, welche grosszügig verglast und mit Holzlamellen zu ruhigen Flächen zusammengefasst wurden, ist der Umbau von aussen erkennbar. Das ganze Haus musste auf neue Fundamente gestellt werden – zuvor lagen die Holzbalken teils direkt auf der Erde. Der neue Liftschacht sowie neue steife Platten in den Aussenwänden stellen die Aussteifung sicher. Die alten Bohlen-Ständer-Wände wurden wo möglich sichtbar gelassen und nur mit einer weichen Bürste abgewaschen. Entsprechend der Nutzung waren hohe Anforderungen an Schallschutz und Brandschutz gestellt. Dank des objektspezifischen Brandschutzkonzepts wurden auch im vertikalen Fluchtweg hölzerne Oberflächen möglich.

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