Universitätsbibliothek Basel

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4056 Basel,
Schweiz

Veröffentlicht am 04. Januar 2023
SCHRÖER SELL EICHENBERGER
Teilnahme am Swiss Arc Award 2023

Projektdaten

Basisdaten

Lage des Objektes
Schönbeinstrasse 18-20, 4056 Basel, Schweiz
Projektkategorie
Fertigstellung
09.2021
Links

Gebäudedaten nach SIA 416

Nutzfläche
3030 m²
Gebäudekosten (BKP 2)
5,1 Mio. CHF

Beschreibung

Seit Herbst 2021 ist der Umbau der UB Hauptbibliothek fertiggestellt. Schröer Sell Architekten aus Basel haben die Lernplätze nicht nur ausgebaut, sondern eine Lernumgebung für die Zukunft gestaltet. Doch der Planungsprozess ist noch nicht abgeschlossen, denn der Umbau war der erste Schritt einer kontinuierlichen Anpassung an neue Lern- und Arbeitsmethoden.

Mit der Digitalisierung haben sich die Anforderungen an Bibliotheken stark verändert und werden sich auch in Zukunft weiterhin verändern. Während Studentinnen und Studenten im analogen Zeitalter vorwiegend in die Bibliothek gingen, um Bücher auszuleihen, nutzen sie die Räume heute vermehrt zum gemeinsamen Lernen sowie als Ort für den Austausch. Die neue Art des Lernens führt dazu, dass bestehende Bibliotheken in Zukunft angepasst und umgebaut werden müssen.

Aus diesem Grund hat auch die Universitätsbibliothek Basel (UB) vor drei Jahren eine Ideenstudie ausgeschrieben: einerseits, um dem wachsenden Bedarf an Lernplätzen gerecht zu werden und andererseits, um die bestehenden Räume an die heutigen und zukünftigen Lernbedürfnisse der Studentinnen und Studenten anzupassen. Schröer Sell Architekten haben den Planungsauftrag erhalten und die Umbau- und Sanierungsarbeiten der UB Hauptbibliothek gemeinsam mit Moosmann Bitterli Architekten aus Basel von September 2020 bis Herbst 2021 bei laufendem Betrieb der Bibliothek umgesetzt. Doch die Wiedereröffnung ist nur vorläufig, denn die Interventionen in der UB Basel sind nicht abgeschlossen. In den nächsten Jahren steht eine Totalsanierung des komplexen Bestandes an. Mit dieser kann erst begonnen werden, wenn der zu schützende Sonderbestand aus dem Altbau in den eigens dafür noch zu planenden Neubau übersiedelt ist.

Somit mussten die Architekten mit minimalen und vor allem reversiblen Eingriffen eine neue räumliche Ordnung entwickeln, die die ästhetische Struktur erhält und gleichzeitig flexibel auf zukünftige Veränderungen reagiert. Im Wesentlichen besteht die UB Basel aus einem Altbau, von dem nur noch der Magazinbau von Emanuel La Roche aus dem Jahr 1896 besteht, und einem Erweiterungsbau von Otto Heinrich Senn aus den 1960er-Jahren. Besonders markant am neuen Bibliotheksbau ist der grosse Lesesaal mit Galerie, der von einer Betonschalenkuppel überspannt wird. Beim Umbau orientierten sich die Architekten an den jeweiligen Stilen der beiden ineinander übergehenden, inventarisierten Gebäude: Die Massnahmen im Altbau richten sich mit den Schreibablagen aus massiver Eiche, den Ohrensesseln, gewebten Teppichen und den Metalllampen nach der Epoche des ausgehenden 19. Jahrhunderts. Im moderneren Senn-Bau wurden dagegen die kubischen Formen, dass für die 1960er-Jahre typische Ulmenfurnier, die Holzlamellen der Decke und die Leinenstoffe neu interpretiert und eingesetzt. Ausserdem konnten viele originale Möbel saniert und wiederverwendet werden.

Die Aufteilung der unterschiedlichen Raumfunktionen hat sich in der Vergangenheit bewährt und konnte beibehalten werden: der Kopfbau mit der frei stehenden Treppenanlage und den Ausstellungs-, Veranstaltungs-und Seminarräumen sowie Cafeteria; im 1. Obergeschoss, die Bibliothek mit der Abfolge von Lesesälen und dem Kuppelsaal und die direkte Anbindung an die Magazine des 19. Jahrhunderts; seitlich und separat erschlossen liegt der Verwaltungsflügel. Was sich jedoch verändert hat, ist die vermehrte Nutzung der Bibliothek als Ort des Lernens und der Begegnung. Deshalb wurden die bestehenden Lernplätze durch zusätzliche 437 fast verdoppelt. Wie in einem «Lern-Laboratorium» können jetzt neue Lernformen an langen oder runden Tischen, in Lounges oder abgetrennten Kabinen sowie in versteckten Nischen erprobt werden. Dafür haben die Architekten die Möbel grösstenteils selbst entworfen.

Eine wesentliche Veränderung fand im Eingangsbereich und im Haupttreppenhaus des viergeschossigen Gebäudes statt. Diese wurden komplett freigespielt und durch eine Informationszone, eine Lounge und Steharbeitstische zu einer Aufenthalts- und Begegnungszone aufgewertet. Die aussergewöhnliche Treppenform kommt jetzt zur vollen Geltung, weil die Garderoben ins Untergeschoss und die Fluchtwege in zwei Nebentreppenhäuser verlegt wurden. Ausserdem ist durch die Einführung eines digitalen Ausleihsystems zusätzlicher Platz entstanden. Im 2. und 3. Geschoss, also auf dem Weg zu den verschiedenen Lernräumen, wird der Raum um das Treppenhaus durch Sofa-Inseln und Diner-ähnliche Tische neu auch als Arbeitsplatz genutzt. Neben einem Konferenzraum und Einzelarbeitsplätzen für verschiedene Lern- und Arbeitsformen steht den Studierenden im 3. Obergeschoss auch ein Familienzimmer zur Verfügung.

Neue Lern- und Leseplätze sind auch im Zeitschriftenmagazin im 1. Untergeschoss entstanden. Aus klimatischen Gründen sind diese in orangen Sperrholz-Boxen untergebracht, welche sich mit grossen Glasscheiben zum botanischen Garten hin öffnen. In anderen Nischen können die Studentinnen und Studenten hinter dicken, dunklen Vorhängen auf schwarzen Sitzsäcken ganz entspannt lesen und arbeiten. Im Freihandmagazin der Jahrhundertwende wurden ungenutzte Zwischenräume zu einladenden Lernplätzen im Stil des Fin-de-Siècle umgewandelt, indem man sie in die Fenstersimse und Nischen zwischen den historischen Bücherregalen einpasste.

Lerntechnologien entwickeln sich stetig weiter, und so ist die UB Basel ein Projekt in fortlaufendem Prozess. Es ist geplant, das Lernlaboratorium zu evaluieren, gegebenenfalls entsprechend anzupassen und die Ergebnisse auf die Anforderungen an die geplante Generalsanierung anzuwenden. Da diese Erkenntnisse auch auf andere Bibliotheken übertragbar sein werden, werden sie demnächst in einem Buch über «Neue Lernräume an der Universität Basel» veröffentlicht.

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