Wohn- und Atelierhaus Lind

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7427 Urmein,
Schweiz

Veröffentlicht am 08. April 2024
Bearth & Deplazes AG
Teilnahme am Swiss Arc Award 2024

Blick von Süden Laube Süd Laube Ost / Innenhof Laube Süd / Innenhof Wohn- und Essbereich Haus Ost Blick von Westen Atelier Haus Ost Laube innen im Zwischengeschoss Kammer im Zwischengeschoss Nachtblick von Süden

Projektdaten

Basisdaten

Lage des Objektes
Unterdorf 5, 7427 Urmein, Schweiz
Projektkategorie
Fertigstellung
08.2022

Gebäudedaten nach SIA 416

Stockwerke
3 bis 5
Anzahl Kellergeschosse
1
Anzahl Wohnungen
2
Grundstücksfläche
56'087 m²
Geschossfläche
34'324 m²
Nutzfläche
24'271 m²
Gebäudevolumen
1158 m³
Gebäudekosten (BKP 2)
1,4 Mio. CHF

Beschreibung

Die beiden Wohneinheiten des Doppelhauses in Urmein sind in Holzbauweise errichtet. Im Grundriss schmal umschliessen sie einen Hof mit einfachen Fachwerkwänden und Veranden. So grosszügig der Bauplatz und die Anforderungen waren, so knapp fiel das zur Verfügung stehende Budget aus. Um den architektonischen Spagat überhaupt wagen zu können, entwickelten Bearth & Deplazes ein strenges Programm: Im Dachgeschoss befinden sich die Wohnräume. Im Blindgeschoss mit nur zwei Metern Raumhöhe sind die Bäder und Schlafräume wie in einem Schlafwagen angeordnet. Darunter liegen die beiden mit antiken Specksteinöfen beheizten Ateliers im Erdgeschoss. In den von beiden Wohneinheiten genutzten Kellerräumen befinden sich neben der Hauswirtschaft eine Dunkelkammer und eine selbst gebaute Boulderwand.

Ausgangslage
Das Baugrundstück in der Heinzenberger Gemeinde Urmein ist grosszügig bemessen, und – so waren die Architekt*innen überzeugt – nur ein ebenso grosszügiges, grossvolumiges Gebäude würde die Lücke in der Struktur des Dorfs ausfüllen können.Das zur Verfügung stehende Budget hingegen war äusserst knapp, obwohl damit ein Doppelhaus gebaut werden sollte. Und schliesslich sollten beide Haushälften auch über Atelierräume verfügen – eine Wunsch aus Coronazeiten, die ihre Spuren im Wunsch- und Wohnprogramm hinterlassen hat.

Entwurfsidee
Um diesen architektonischen Spagat überhaupt wagen zu können, bedurfte es rigider Beschränkungen und radikaler Interpretationen. Das Wohnprogramm, die Grössen der Räume, die Tiefe ihrer Ausstaffierung, die Bauweise, der Lebensstandard: alles musste überprüft und neu bewertet werden. Schnell wurde klar, dass Räume, die im Winter beheizt und daher gut gedämmt sein müssen – nennen wir sie Winterräume – in der Erstellung wesentlich teurer sind als unbeheizten Sommerräume. Man könnte folglich ein Winterhaus bauen mit minimalen, aber hinreichend grossen Räumen; ein Refugium, das ergänzt wird durch grosszügige Sommerräume, die von Frühling bis Herbst nutzbar sind. Sie würden im Sommer Schatten spenden und in den Übergangszeiten vor Wind und Wetter schützen.

Projektierung
Über die Veranden erreicht man die Hauszugänge. Erdgeschossig schliessen am Hof auf beiden Seiten die Ateliers an. Sie könnten bei Bedarf umgebaut werden, beispielsweise in Alters- oder in Kleinwohnungen. Oben unter dem Dach befinden sich die Wohnräume inklusive Küchen und Essbereichen. Die Dachsituation verleiht räumliche Grosszügigkeit.
Dazwischen, in einem Blindgeschoss von nur zwei Metern Raumhöhe, befinden sich Bad und Schlafkammern. Sie sind nur 3,5 Quadratmeter gross, wie in einem Schlafwagen. So entsteht der Eindruck, dass die beiden Haushälften im Schnitt nur aus zwei Langräumen bestehen, die übereinander liegen.
Die Konstruktion der beiden Haushälften in Holzbauweise wurde soweit möglich vereinfacht. Der lokale Zimmermann hat sie gebaut. Die Decken sind aus rohen Massivholztafeln erstellt und es gibt keine Trittschalldämmung, Unterlagsböden oder Bodenbeläge. Da die Aussenwandkonstruktionen der Winterräume gut gedämmt sind, wurde weder eine Boden- noch Radiatorheizung eingebaut. Für längere Kälteperioden reichen je zwei Specksteinöfen aus, die aus einem alten Haus gerettet werden konnten. Warmes Wasser wird mit einer einfachen Wärmepumpe aufbereitet. Nur eine Haushälfte ist unterkellert.

Besonderheiten
Das Winterhaus mit den notwendigen Räumen ist gut gedämmt. Das Sommerhaus ist ungedämmt, dafür aber umso grosszügiger. Die Holzbauweise ist für beide Elemente gut geeignet. Sie kann sowohl einfach gedämmt werden, als auch mit luftigen Beplankungen versehen, die dann für Schutz vor Sonne und Regen dienen.

Das Projekt von Bearth + Deplazes wurde im Rahmen des Swiss Arc Award 2024 eingereicht und von Valentin Oppliger publiziert.

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