Haus am Mühlestutz

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3150 Schwarzenburg,
Schweiz

Veröffentlicht am 04. April 2025
Raphael Hähni | Jens Knöpfel | Leopold Strobl Architekten
Teilnahme am Swiss Arc Award 2025

Projektdaten

Basisdaten

Projektkategorie
Fertigstellung
06.2024
Links

Gebäudedaten nach SIA 416

Stockwerke
2
Geschossfläche
364 m²
Gebäudekosten (BKP 2)
1,4 Mio. CHF

Beschreibung

Setzung und räumliche Aspekte
Das längliche Haus wurde so zwischen die alten Bäume gesetzt, dass es die Parzelle in zwei Räume teilt: eine grosse, dem Dorf zugewandte Wiese und einen intimen Hof mit niedrigen Obstbäumen. Von der Strasse aus bleibt der Blick auf die Alpen unverstellt. Eine zweigeschossige Halle schafft zwei gleichwertige Eingänge im Erdgeschoss. Im Sommer, wenn die grossen Tore offenstehen, verbindet sie die beiden Bereiche des Gartens durch das Haus hindurch. Gleichzeitig ist die Halle der Ausgangspunkt der verschiedenen Wege, die durch die unterschiedlichen Innen- und Aussenräume des Hauses führen. 

Die Tragstruktur mit ihren massiven Pfeilern ist innen sichtbar und  gliedert den Rhythmus der Räume – dabei ist jedes Fenster auf einen spezifischen Teil des Gartens und der umgebenden Landschaft gerichtet. Im Obergeschoss beziehen sich die kleinteiligeren Räume stärker nach innen und schaffen so intimere Bedingungen. Neben den hohen Fichten im Norden führt das Treppenhaus schliesslich ins Dachgeschoss, das sich über die ganze Länge des Hauses erstreckt und sich zu den Voralpen nach Süden hin öffnet.

Wandelbare Typologie – (K)Einfamlienhaus
Die Regelmässigkeit der Primärstruktur erzeugt eine Typologie, die eine flexible Anpassung der Räume an veränderte Nutzungen und Anforderung ermöglicht. Die Innenwände sind nicht tragend; die Wände der Halle hingegen sind strukturell und dienen als Rückgrat für Infrastruktur und Erschliessung.  Anstelle einer Unterkellerung bietet das Dachgeschoss einen unbesetzten Raum, dessen Boden zusätzlich gedämmt ist, sodass er auch als Zwischenklima funktioniert. Leitungsanschlüsse sind vorbereitet, sodass das Dachgeschoss bei Bedarf in eine Wohneinheit eingebunden werden kann.

Um Veränderungen in den Lebensweisen aufnehmen zu können ist von Beginn an eine Teilung in zwei Wohneinheiten mitgedacht. Die einzelnen Teile des Hauses können durch einfache bauliche Eingriffe unterschiedlich zusammengeschaltet werden. So ergibt sich, je nach Programmierung, die Möglichkeit einer Einliegerwohnung im Erdgeschoss oder zwei unabhängiger Haushälften mit geteilter Eingangshalle. 

Ein Prototyp für ein pragmatisches Bausystem
Bauen mit Hanfstein ermöglicht eine monolithische Bauweise ohne Schichten, ohne Dampfsperre und ohne Klebstoffe.  Hanfkalk ist ein natürlicher Verbundwerkstoff, der aus Hanfschäben (dem holzigen Teil des Stängels) und gebranntem Kalk besteht. Er hat neben seinen sehr guten Dämmeigenschaften auch eine hohe thermische Trägheit, dank seiner Masse hilft der Hanfkalk im Winter Wärme zu speichern und schützt im Sommer vor Hitze. So wird den Energiebedarf des Gebäudes erheblich reduziert. Hanfkalk und Kalkputz bilden eine diffusionsoffene und dadurch feuchtigkeitsregulierende Aussenwand, die antibakteriell wirkt und unempfindlich gegen Schimmel ist. Hanfkalk und Holz sind zudem CO₂ negative Baustoffe, das heisst, ihre Herstellung bindet mehr CO₂ als sie verursacht.

Vorfabrizierte Hanfkalksteine ermöglichen im Zusammenspiel mit dem Holzbau ein Bausystem, das mit konventionellen Bauabläufen kompatibel ist. Da die Tragstruktur innen vor der Wand steht, werden aufwendige Ausschnitte im Hanfstein minimiert. Der pragmatische und ökologische Ansatz setzt sich bei der übrigen Konstruktion fort: Die Bodenplatte ist mit Schaumglasschotter gedämmt, was die Betonmenge in den Fundationen reduziert. Elemente wie Fenster oder Storen sind so ausgeführt, dass sie bei Bedarf einfach demontierbar sind. 

Das Projekt von Raphael Hähni | Jens Knöpfel | Leopold Strobl Architekten wurde im Rahmen des Swiss Arc Award 2025 eingereicht und von Nina Farhumand publiziert.

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