Haus auf der Vogelinsel

 
1028 Préverenges,
Schweiz

Veröffentlicht am 24. März 2022
Localarchitecture Sàrl
Teilnahme am Swiss Arc Award 2022

Projektdaten

Basisdaten

Lage des Objektes
Av. de la Plage 49, 1028 Préverenges, Schweiz
Projektkategorie
Fertigstellung
01.2021

Gebäudedaten nach SIA 416

Nutzfläche
49 m²
Gebäudevolumen
162 m³

Beschreibung

2016 erwarb der Cercle Ornithologique de Lausanne (COL) eine kleine Hütte gegenüber der Île aux oiseaux in Préverenges. Das künstliche Biotop in der natürlichen Mündung des Flusses Venoge wurde bereits 2001 dem Genfer See abgerungen. Das Naturschutzgebiet gilt aufgrund seiner einzigartigen geografischen Lage in der Achse des Rhonetals als einer der wichtigsten Rastplätze für ziehende Limikolen in der Schweiz: Die aus Afrika ankommenden Vögel legen dort einen Zwischenstopp ein, bevor sie ihr weit entferntes Sommerquartier in der arktischen Tundra aufsuchen.

Ausgangslage

Die elegante Architektur ist von der Vogelwelt, Zweigen, Nestern, Federn inspiriert. Die Struktur besteht aus massiven vertikalen Brettern. Ohne Leim zusammengefügt, biegen sie sich zu einem Netz aus dreidimensional geflochtenen Spitzbögen, die an die Spannung und Feinheit eines Nestes erinnern. Die spitz zulaufenden Dachstützen verlaufen durch das Gebäude und schmücken die Decke des Inselhauses. Im Inneren finden Besucher einen warmen Ort, verkleidet mit hellem natürlichem Tannenholz im Kontrast zum dunkleren Gebälk.

Entwurfsidee

Das Dach mit grossen Vordächern ist in Holzschichten aus dünnen, mit schwarzem Zink verkleideten Platten unterteilt. Leicht und luftig besteht die Konstruktion aus verleimten Holzscheiben, die übereinandergeschichtet sind. Eine Falte betont die schwebende und bewegliche Wirkung. Die leichte Form wirkt bis auf Grundriss: Der Pavillon fügt sich sensibel zwischen den grossen, fast hundertjährigen Waldkiefern dem Grundstück ein, ohne das vorherrschende Ökosystem zu stören.
Wie ein Vogel thront der Pavillon auf dünnen Metallbeinen am Ufer des Sees. Vergoldet und glänzend schützen sie vor den Unbilden des Wetters. Der Hauptzugang erfolgt über eine grosse, geschwungene Rampe. Zusammengesetzt aus vertikalen Brettern und auf Metallbeinen wie ein Holzsteg erinnern ihre gebogene Form und die kontrastierenden Farbtöne an den Schwanz eines Vogels. Ein Betonsockel definiert den Übergang zwischen dem feuchten Boden der Seepromenade und dem Holz, das sich vom Boden abhebt.
Der Grundriss ist einfach und besteht aus einem einzigen Raum, geteilt durch einen funktionalen zentralen Kern. Zwei separate, aber offene Bereiche separieren das Holzhaus: Eine von aussen sichtbare funktionale Box mit Küche und Toilette orientiert sich am grossen Rundfenster. Zwei lange Holzmöbel an den Seitenwänden stellen die Exponate aus. Das Publikum gelangt über die Uferrampe hinein. An der Rückfassade bilden ein Dienstboteneingang und ein kleineres Rundfenster ein Echo auf die Hauptfassade.

Projektierung

Durch den Übergang des Dachgebälks entstehen horizontale Schlitze, die als mögliche Nistplätze für Fledermäuse fungieren. Das Haus wird so zum Quartier für verschiedene Arten, ein Ort, an dem sie Zuflucht finden.
Ein grosses Rundfenster lenkt den Blick von der Uferpromenade in Richtung Vogelinsel. Gleich einer Linse, die ihren Kontext reflektiert, erinnert es an eine «Camera obscura» oder an einen Nistkasten. Das bei Einbruch der Dunkelheit leuchtende Glasauge verleiht dem neuen öffentlichen Ort seine starke Identität und Präsenz. Das Haus und die Vogelinsel bilden ein zusammenhängendes Ensemble. Der dunkle Farbton der Fassade erinnert an die subtilen Farbtöne von Gefieder und ergänzt die bestehenden kleinen Chalets sowie die Waldkiefern, die das Ufer säumen.

Realisierung

Für die Herstellung der pinzettenförmigen Elemente fiel die Wahl auf Weisstannenholz. Die heimische Holzart bietet die geforderten mechanischen Eigenschaften und eine hohe Widerstandsfähigkeit. Spitz zulaufende gebogene Bretter bildet mit dem Querbalken des unteren Bodens ein Netz. Um die Krümmung herzustellen, wurden auf einer hölzernen Gegenform jeweils drei dünne Bretter als Spitzbögen zusammengefügt. Anstatt Leim halten Zapfen aus Eschenholz in vorgebohrten und versetzten Löchern die Form. Sichtbare Eschenholzstreben sorgen für Stabilität der Spitzbögen und dienen als gelegentliche Sitzstangen für Vögel. Mit den Brettern bündig abschliessende Metallnägel verbinden alle Zwickel und formen die Spitze.
Selbststabilisierende Rahmen gewährleisten die seitliche Stabilität. Die Geometrie der Säulen und ihre Anordnung in den Zangen festigen die Längsachse. Alle Elemente des Rahmens sind in ihren Abmessungen variabel, nur ihre Dicke bleibt konstant. Die präzise Position der Zapfen, die exakte Krümmung der Bretter und die dreidimensionale Entwicklung der Struktur rühren von sorgsamer CAD-Entwicklung und digitalem Zuschnitt mit einer CNC-Maschine her. Die Festigkeit des Rahmens und die Stabilität der gewagten und innovativen Säulenkonstruktion wurden in Labortests geprüft. Die Struktur stellt somit einen starken Kontrast zwischen der Verwendung zeitgenössischer Techniken und älterer Methoden dar.

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