Phare Ylliam

 
1207 Genf,
Schweiz

Projektdaten

Basisdaten

Lage des Objektes
Quai Gustave-Ador 11, 1207 Genf, Schweiz
Projektkategorie
Gebäudeart
Fertigstellung
05.2025
Links

Gebäudedaten nach SIA 416

Geschossfläche
160 m²
Nutzfläche
120 m²

Beschreibung

Wenige Programme weisen eine derart starke und evokative poetische Substanz auf wie ein Leuchtturm. Der Leuchtturm ist zugleich Ort und Objekt; er ruft Traumbilder hervor – das Imaginierte der Ferne ebenso wie jenes der Rückkehr, des Orientierungspunktes und der Sicherheit nach stürmischen Fahrten. Der Leuchtturm ist der Inbegriff dessen, was er verkörpert und wozu er existiert: Licht zu tragen und zu bringen. Dieses in sich geschlossene Objekt ist unweigerlich und eng mit spezifischen landschaftlichen Bedingungen verbunden, oft von grosser Schönheit, da der Leuchtturm am äussersten Rand des, um zum letzten (oder ersten) vertikalen Zeichen zu werden, das der Seefahrer bei seiner Rückkehr von der Reise wahrnimmt. 

Der Kontext der Genfer Reede bietet vielleicht nicht jene dramatischen Landschaften, die man gemeinhin mit der Silhouette eines Leuchtturms verbindet. Umso stärker akzentuiert der Bau hier die ruhige, lakustrine Landschaft Genfs und unterstreicht deren unbestreitbare Schönheit. Das Projekt bestätigt damit bewusst seine Bestimmung als Infrastruktur. Es verweigert die figurative, stereotypisierte und architektonisch bewährte Präsenz des Leuchtturms und ersetzt sie durch eine infrastrukturelle Erscheinung, die auf einer Landschaft aus Enrochements aufsitzt. Die Bezugnahme auf das aussergewöhnliche Werk Wladimir Schuchows bleibt dabei zentral und wird durch den Verweis auf die Plaza del Tenis in San Sebastián des baskischen Architekten Luis Peña Ganchegui ergänzt – einen Ort, der vor allem durch Eduardo Chillidas skulpturales Werk «El Peine del Viento» bekannt ist, im Dialog mit der meteorologischen Dynamik eines kraftvollen Meeres. Schuchows hyperboloidale Strukturen, entwickelt zu Beginn des zwanzigsten Jahrhunderts, bilden den gedanklichen Ausgangspunkt des Projekts; der Leuchtturm von Adziogol ist nur eine seiner zahlreichen Erkundungen ultraleichter Konstruktionen dieser Art. Diese Leichtigkeit erschien uns für den Kontext der Genfer Reede besonders angemessen: ein Bild, eine Architektur aus Landschaft und Transparenz, in der der Leuchtturm nicht als Objekt, sondern als Struktur erscheint – als Artefakt, das mit seinem Erscheinen und Verschwinden spielt, mit seiner Evaneszenz im Himmel. Demgegenüber steht ein massiver, präsenter Sockel, mineralisch und verankert. Der Turm erhebt sich buchstäblich aus einer felsigen Basis, einer modifizierten Version jener mineralischen Blöcke, die in der Reede allgegenwärtig sind.

Der stille und sensible Ort bietet eine einmalige Gelegenheit, Landschaft zu formen und diesen ins Wasser vorgeschobenen Punkt durch eine kraftvolle, präzise gesetzte Anlage zu akzentuieren, die als Träger der Leuchtturmstruktur dient. Die Erfahrung des Ortes wird dadurch vielfältig und reich, sowohl im Aussenraum als auch im Inneren des neuen Bauwerks. Die drei Ebenen des Projekts bieten jeweils unterschiedliche Raumerlebnisse. Im Sockel, einem Aufenthaltsort, eröffnet sich ein Panoramablick in einem geschützten Innenraum, der sich auf ein langes Verglasungselement konzentriert. Dieser Innenraum erinnert an die magischen Bauten des zum Architekten gewordenen Künstlers César Manrique auf Lanzarote. In der verglasten Kabine schliesslich entsteht die Erfahrung einer Schiffskajüte: kompakt, effizient, den See überragend und mit vollständiger visueller Projektion. Ein letztes, wesentliches Element des Projekts ist die dynamische Laterne. Das Lichtelement kann über ein in die Stützen und die Struktur des Leuchtturms integriertes Führungssystem auf- und abfahren. Der Leuchtturm vereint so eine Gesamtheit landschaftlicher und struktureller, dynamischer Elemente, die mit dem See und der Reede, mit der Ferne, der Nähe und dem Intimen in Dialog treten können.

Das Projekt wurde von BUREAU eingereicht und von Nina Farhumand publiziert. 

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