Renovierung und Erweiterung Zweitwohnsitz LIH

 
6612 Ascona,
Schweiz

Veröffentlicht am 07. April 2025
Atelier Rampazzi
Teilnahme am Swiss Arc Award 2025

angolo entrata accesso camino accesso pedonale bagno armadi scala accesso cucina vano scala retro piscina Before After

Projektdaten

Basisdaten

Lage des Objektes
Strada del segnale 20, 6612 Ascona, Schweiz
Projektkategorie
Gebäudeart
Fertigstellung
06.2024
Links

Gebäudedaten nach SIA 416

Stockwerke
2
Anzahl Kellergeschosse
1
Nutzfläche
170 m²

Beschreibung

Der Zweitwohnsitze am Stadtrand von Ascona liegt in einem Viertel in der Nähe des Sees und ist geprägt von freistehenden Wohngebäuden, umgeben von weitläufigen, grünen Flächen. Ursprünglich handelte es sich um ein zweigeschossiges Einfamilienhaus mit einem eingeschossigen Nebengebäude, das als Lager und Parkplatz diente. Eine unbequeme Besonderheit des alten Gebäudes bestand darin, dass die beiden Stockwerke nicht intern verbunden waren, sodass man immer nach draussen gehen musste, um zwischen den Ebenen zu wechseln.
Atelier Rampazzi ordneten die Wohnräume neu, erweiterten das Bauvolumen und fragmentierten die architektonischen Körper, um deren Ursprung und Funktion klar erkennbar zu machen. Strassenseitig wurde das Wohngebäude um zwei Stockwerke erweitert, während ein paralleler eingeschossiger Nebentrakt errichtet wurde. Diese beiden neuen Baukörper schaffen einen repräsentativen Zugang und sorgen für eine bessere Abgrenzung des privaten Gartens von der öffentlichen Strasse. Die ursprünglichen Aussenwände wurden als sichtbare Erinnerung an das alte Gebäude erhalten.
Die Aussenbereiche wurden von baufälligen Nebengebäuden und unkontrolliert gewachsener Vegetation befreit. Der Garten wurde neu gestaltet, einschliesslich einer neuen Terrasse, die leicht erhöht liegt und das Wohnhaus mit dem Nebengebäude verbindet. Die Terrasse erstreckt sich nach Süden und beherbergt den neuen Pool, wodurch vielseitig nutzbare Aussenbereiche entstehen.
Die räumliche Organisation basiert auf dem Prinzip der römischen Stadtplanung mit zwei Hauptachsen: Die Ost-West-Achse Decumanus verbindet das Wohnhaus mit der Strasse und dient als Haupteingang. Eine verzierte Cortenstahlwand kontrastiert hier mit Sichtbeton, während ein Oberlicht den Eingangsbereich akzentuiert. Eine durchgehende Pflasterung aus Granitwürfeln verstärkt den Wegefluss. Die Süd-Nord-Achse Cardo verbindet den privaten Garten mit dem Eingangsatrium und bildet den internen Zugang zum Haus. Sie fungiert als zentrales Verbindungselement zwischen Natur und Architektur, zwischen dem alten Gebäude und dem neuen Anbau.
Das Erdgeschoss zeichnet sich durch eine Fragmentierung der Baukörper und eine gezielte Verschiebung ihrer Ausrichtung aus. Dadurch entstehen verschiedene Perspektiven, die an enge Dorfkerne erinnern und dem Raum eine besondere Qualität verleihen. Rücksprünge und Dachüberstände leiten Besucher*innen intuitiv zu den Eingängen und schaffen unterschiedliche Raumqualitäten – intime Rückzugsorte oder offene, exponierte Bereiche. Diese bewusste Gestaltung der Baukörper schafft eine enge, aber harmonische Wegeführung, ohne ungenutzte oder wertlose Zwischenräume.
Die Innenräume folgen einer klassischen Gliederung: Wohnbereich im Erdgeschoss, Schlafbereich im Obergeschoss. Im Zentrum des Hauses befindet sich eine vertikale Erschliessungszone mit einem zweigeschossigen Luftraum, der die Ebenen visuell verbindet und für zenitales Licht im Wohnbereich sorgt. Hier befindet sich auch ein bodenbündiger Kamin, dessen dunkle Cortenstahl-Verkleidung eine horizontale Linie setzt und so einen spannungsvollen Kontrast zur vertikalen Offenheit des Luftraums bildet.
Die Fassade ist mit grossflächigen, roh belassenen Cortenstahlplatten unterschiedlicher Breite verkleidet. Horizontale Zierbänder unterbrechen diese geschlossene Oberfläche: Das mittlere Band fasst die Erdgeschossvolumen zusammen, während das obere Band als Abschluss des Gebäudes dient. Der natürliche Alterungsprozess des Cortenstahls verändert das Erscheinungsbild des Hauses über die Jahre hinweg. Diese Materialwahl betont das Konzept eines wandelbaren Gebäudes, das sich harmonisch in die heterogene Umgebung einfügt.
Aus der Ferne erscheint die Fassade homogen, doch aus der Nähe offenbaren sich die fein ausgearbeiteten industriellen Details. Der kontinuierliche Wandel der Oberfläche – sei es über Jahre oder innerhalb eines einzelnen Tages durch unterschiedliche Wetterbedingungen – verstärkt die Wechselbeziehung zwischen Architektur und Natur. Die raue, matte Textur des Stahls lässt das Gebäude in den Schatten der Baumkronen und Rinden verschwinden.
Durch die bewusste Materialwahl wurde auch eine subtile Verbindung zum benachbarten Gebäude, Casa Rondinella, geschaffen. Beide Häuser sprechen eine ähnliche Architektursprache, erkennbar an den Sichtbetonelementen im Aussenbereich sowie den dunklen Farbtönen der Fensterrahmen und Sonnenschutzelemente.

Das Projekt von Atelier Rampazzi wurde für den Swiss Arc Award 2025 eingereicht und von Elisa Schreiner publiziert.

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