Schulanlage Thurgauerstrasse

 
8052 Zürich,
Schweiz

Veröffentlicht am 17. Januar 2025
Bollhalder Walser Architektur AG
Teilnahme am Swiss Arc Award 2025

Umgebung mit Spielplatz und Pausenplatz Detail Südwestfassade mit Ballfangzaun Eingangsfoyer Erdgeschoss Boulevard Erdgeschoss mit Treppenaufgang Detail Treppenaufgang Blick in die Gemeinsame Mitte Detail Garderobe und Gruppenzone Detail Klassenzimmer Klassenzimmer Kindergarten Werkraum Detail Sporthalle mit Zuschauergalerie Aussensportplatz und Blick entlang Gebäude

Projektdaten

Basisdaten

Lage des Objektes
Thurgauerstrasse 55, 8052 Zürich, Schweiz
Projektkategorie
Fertigstellung
07.2024
Links

Gebäudedaten nach SIA 416

Stockwerke
3 bis 5
Anzahl Kellergeschosse
1
Grundstücksfläche
7570 m²
Geschossfläche
10'011 m²
Nutzfläche
6003 m²
Gebäudevolumen
50'268 m³
Gebäudekosten (BKP 2)
37,6 Mio. CHF
Anzahl Schüler
440

Beschreibung

Die Schulanlage Thurgauerstrasse umfasst neben 18 Primarschulklassen und 2 Kindergärten, eine Mensa, Sporthalle, Musikschule und Bibliothek sowie Betreuungsräume, Werkräume und einen Mehrzweckraum. Das Gebäude fügt sich harmonisch in den städtebaulichen Kontext ein, indem es als verbindendes Element zwischen den bestehenden Quartierstrukturen und den neuen städtischen Entwicklungen dient. Es leistet damit einen wesentlichen Beitrag zur Weiterentwicklung des bestehenden städtischen Gefüges, indem es gebaute und unbebaute Strukturen miteinander verknüpft. Durch ihre architektonische Gestaltung schafft die Schulanlage eine klare Adressbildung entlang der Thurgauerstrasse und stärkt die Identität des Quartiers. Die offene und durchlässige Bauweise fördert die Vernetzung mit dem umgebenden Grünraum und den angrenzenden Wohngebieten. Gleichzeitig setzt die Schule einen städtebaulichen Akzent, der die Transformation des Areals zu einem durchmischten und lebendigen Stadtteil unterstreicht. Als erster realisierter Baustein des neuen Quartiers setzt sie ein Zeichen für die zukünftige Bebauung und Nutzung und dient als Katalysator für die städtebauliche Weiterentwicklung. 

Das Gebäude folgt einem modularen, barrierefreien Clusterprinzip mit jeweils drei Klassenzimmern, Gruppenräumen und Aufenthaltszonen. Dies ermöglicht flexible Nutzungsszenarien, langfristige Anpassungsfähigkeit und wirtschaftliche Nachhaltigkeit im Bildungsbau. Der Einsatz robuster, wartungsarmer Materialien und eine optimierte Gebäudetechnik minimieren die Betriebskosten. Ein interner „Boulevard“ verbindet die Haupterschliessung mit dem Pausenhof. Die grosszügigen Freiräume sind differenziert gestaltet und fördern sowohl die schulische als auch die nachbarschaftliche Nutzung. Die Architektur berücksichtigt die Bedürfnisse der wachsenden Bevölkerung durch flexible Raumkonzepte, die sowohl schulische als auch gemeinschaftliche Nutzungen ermöglichen. Die Aussenanlagen stehen ausserhalb der Schulzeiten dem Quartier zur Verfügung und fördern so die soziale Interaktion. Insgesamt trägt die Schulanlage durch die Verbindung von Bildungsinfrastruktur, Freiräumen und ökologischen Massnahmen zur qualitativen Weiterentwicklung des Quartiers bei.

Das L-förmige, 90 m lange Schulhaus setzt entlang der Thurgauerstrasse eine markante städtebauliche Kante und spannt eine grosszügige Vorzone auf. Diese bildet eine wichtige Verbindung für den Fuss- und Veloverkehr und dient als öffentlich zugängliche und multifunktionale Infrastruktur- und Mischverkehrsfläche. Entsiegelte Oberflächen, Strauch- und Baumpflanzungen sowie Sitzgelegenheiten schaffen eine hohe Aufenthaltsqualität. Die vielfältig gestalteten Aussenräume bieten differenzierte Pausen-, Spiel- und Aufenthaltsbereiche, die sowohl den Schüler:innen als auch der Quartierbevölkerung zugutekommen. Extensive Dachbegrünungen, vertikale Fassadenbegrünungen mittels Rankgerüsten und grosszügige Pflanzgärten fördern die Biodiversität und leisten einen Beitrag zur Klimaanpassung. Diese Massnahmen verbessern das Mikroklima und schaffen wertvolle ökologische Ausgleichsflächen im urbanen Raum. 

Mit vielfältigen, offenen Nutzungsangeboten schafft die Schulanlage Räume für Begegnung, Austausch und Inklusion. Die öffentlich zugänglichen Aussenanlagen, darunter ein Allwetterplatz und Pflanzgärten, fördern die Durchmischung von Schulbetrieb und Quartierleben. Das Gebäude reagiert auf die unterschiedliche Massstäblichkeit seiner Umgebung: Zur Thurgauerstrasse bildet es eine klare Kante, zum angrenzenden Wohnquartier öffnet es sich mit gestaffelten Baukörpern und einladenden Freiräumen. So wird die Schule zu einem Ort, der Kindern, Familien und Anwohnern einen gemeinsamen Lebensraum bietet. Mit seiner Clusterstruktur und barrierefreien Zugängen setzt das Gebäude auch intern Massstäbe für Diversität und Inklusion. Es unterstützt unterschiedliche Lern- und Betreuungsformen und fördert durch seine Gestaltung das soziale Miteinander über Alters- und Herkunftsgrenzen hinweg. 

Die Verwendung von grünen Fassaden, extensiv begrünten Dächern und die Integration von Photovoltaikanlagen hinter Well-Polycarbonat-Platten auf den Fassaden tragen zur Energieautonomie bei, reduzieren den externen Strombezug und die Umweltbelastung. Der Baukörper nutzt die natürliche Belichtung optimal, während die Fassade mit integrierten Photovoltaikelementen wesentlich zur Reduktion des Energieverbrauchs beiträgt. Rund 50 Prozent des geschätzten Jahresverbrauchs von 340 000 kWh können durch Eigenproduktion gedeckt werden. Diese nachhaltigen Lösungen entsprechen dem Minergie-P-ECO-Standard und tragen zur Reduktion von CO₂-Emissionen bei. Zudem reduziert das Begrünungskonzept mit erdgebundenen Vertikalbegrünungen an den Stirnfassaden und Rankseilen in den Halbhöfen den Wärmeinseleffekt, während die extensive Dachbegrünung den Regenwasserrückhalt und die Biodiversität fördert. Die Integration in den geplanten Quartierpark fördert zudem die Stadtnatur und schafft einen ökologischen Ausgleich im urbanen Raum.

Welche Überlegungen liegen diesem Projekt zugrunde?
Der Entwurf basiert auf der Idee, zwischen unterschiedlichen Massstäben und Strukturen zu vermitteln. Städtebaulich liegt die Parzelle am Übergang der grossmassstäblichen Büro- und Gewerbehäuser entlang der Thurgauerstrasse und dem kleinteiligen Einfamilienhausquartier an der Grubenackerstrasse. Daraus ergab sich die Überlegung, das Schulhaus als vermittelndes Element zu konzipieren – mit einem klaren städtebaulichen Abschluss zur vielbefahrenen Strasse hin und einem grosszügigen Aussenraum, der sich zum Wohnquartier öffnet.
Ein weiterer zentraler Aspekt war die Frage nach der Massstäblichkeit und Identität des Baukörpers. Um das umfangreiche Raumprogramm übersichtlich und kindgerecht zu strukturieren, wurde das Volumen fein gegliedert und bewusst relativ niedrig gehalten. Diese quartierverträgliche Morphologie überträgt sich auch auf die innere Organisation: Die einzelnen Schulcluster sind klar erkennbar und erleichtern die Orientierung. So entsteht eine Umgebung, die nicht nur funktional ist, sondern auch eine starke Identifikation der Primarschüler*innen mit ihrem Schulhaus ermöglicht.

Welche Rolle hatten Standort und Bestand auf den Entwurf?
Das Schulhaus ist der erste Baustein eines neuen Stadtquartieres, welches die Umgebung prägen und stark verändern wird. Der Entwurf hat die Aufgabe, diese Entwicklung zu antizipieren und sich mit der wachsenden Umgebung zu transformieren. Sowohl jetzt, als erstes gebautes Gebäude ohne direkte Nachbarn, wie auch in Zukunft, umgeben von Hochhäusern, muss das Schulhaus seine Rolle als öffentliches Haus und zentraler Treffpunkt für das Quartier souverän behaupten können.

Das Projekt von Bollhalder Walser Architektur Zürich wurde für den Swiss Arc Award 2025 eingereicht und von Elisa Schreiner publiziert.

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