STEP2

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8600 Dübendorf,
Schweiz

Veröffentlicht am 07. April 2025
ROK Architekten GmbH
Teilnahme am Swiss Arc Award 2025

Wiederverwendbare und statisch optimierte Stufen werden durch «memory-steel» Vorspannung miteinander verbunden. Die Unit STEP2 befindet sich auf der obersten Plattform des Forschungs- und Innovationsgebäudes NEST auf dem Empa-Campus in Dübendorf, Schweiz. Aussenansicht der NEST-Unit STEP2 von Süden, mit Fassaden-Photovoltaik und geöffneten Sonnenschutzvorhängen. Drei Innovationsobjekte der NEST-Unit STEP2 auf einen Blick: Das multifunktionale und ressourcenoptimierte Deckensystem «IPF», die Treppe "Cadenza" und die adaptive Fassade. Die Treppe «Cadenza» in der NEST-Unit STEP2 wurde in Zusammenarbeit mit der Professur «digital building technologies» der ETH Zürich entworfen. Das offene Foyer der NEST-Unit STEP2 empfängt im Jahr mehrere tausend Besucher. Die Platten der Boden- und Wandoberflächen werden durch Upcycling von Textil- und Papierbecher-Abfall hergestellt. Das zweite Geschoss der NEST-Unit STEP2 mit Blick Richtung Treppe und rechts im Bild die Teeküche. Innenansicht der Teeküche der NEST-Unit STEP2 mit Pausenbereich im Vordergrund. Detailaufnahme der Küche der NEST-Unit STEP2 mit Platten aus recyceltem Industriekaffeesatz und Fliesen aus Meeresplastik. Aussenansicht der NEST-Unit STEP2 von Süd-Osten in der Abenddämmerung. Nachtaufnahme der NEST-Unit STEP2 mit sich in der Fassade abzeichnenden Klappen der kontrollierten natürlichen Lüftung, Photovoltaikbändern und geöffnetem Sonnenschutz Grossformatiger Sand-3D-Drucker zur Herstellung der vollständig kreislauffähigen Schalungen der Deckenelemente der NEST-Unit STEP2. Sand-3D-Druck basierte Schalung eines Deckenelements der NEST-Unit STEP2. Das weltweit neue und für STEP2 zum ersten Mal eingesetzte mineralische Schalungsverfahren ist harzfrei und die Schalelemente werden durch Zermahlen in den Druckkreislauf zurückgefü Vorgefertigtes multifunktionales Deckenelement der NEST-Unit STEP2, mit sichtbarer Schalldiffusionsstruktur und Löchern zur Schallabsorption. Einbau eines vorgefertigten Deckenelements «IPF» in der NEST-Unit STEP2. «IPF» Deckenelemente sparen 50% CO2-eq gegenüber einer Flachdecke ein und integrieren gleichzeitig Schallabsorption und -diffusion.

Projektdaten

Basisdaten

Lage des Objektes
Überlandstrasse 129, 8600 Dübendorf, Schweiz
Projektkategorie
Fertigstellung
07.2024
Links

Gebäudedaten nach SIA 416

Stockwerke
2
Anzahl Kellergeschosse
1
Grundstücksfläche
112 m²
Geschossfläche
185 m²
Nutzfläche
142 m²
Gebäudevolumen
596 m³
Anzahl Arbeitsplätze
6

Beschreibung

Ausgangslage
Die Bauwirtschaft steht heute vor grossen Herausforderungen. Die Gesellschaft und die Märkte verlangen zeitnah nachhaltige Lösungen. Um den Markteintritt solcher Lösungen zu beschleunigen, wurde das modulare Forschungs- und Innovationsgebäude NEST der Empa geschaffen. STEP2 ist ein wegweisender Forschungs- und Innovationsbau im NEST, der sich auf die Entwicklung und Demonstration von Technologien für ein ressourcenschonendes und nachhaltiges Bauen konzentriert. In Zusammenarbeit mit führenden Industriepartnern wurde hier der Übergang von der Entwicklung in die Praxis vollzogen. Das Ziel des Projekts war es, Lösungen zu entwickeln, die nicht nur das theoretische Potential haben, den ökologischen Fussabdruck der Baubranche zu minimieren, sondern auch echte, skalierbare Marktchancen bieten.

Entwurf
Nachhaltigkeit und Ästhetik dürfen kein Widerspruch sein – alles, was wir gestalten, sollte beides vereinen. Diese Herausforderung eröffnet zugleich die Chance, eine neue, zukunftsweisende Architektur zu entwickeln. Unsere Projekte setzen auf technologische Innovation, um Mehrwert für Nutzer und Gesellschaft zu schaffen.
Mit dem Konzept der integrierten Architekturentwicklung wurde ein offener Co-Creation-Ansatz verfolgt, bei dem alle Fachdisziplinen von Anfang an in den Entwicklungs- und Planungsprozess eingebunden wurden. Das Gebäude wurde als ein System verstanden, in dem sich die einzelnen Innovationen gegenseitig ergänzen und gemeinsam zu einem noch nachhaltigeren Ergebnis beitragen. Das Resultat: systemische Lösungen, die verschiedene, individuelle Teilbeiträge zur Erfüllung der funktionalen und architektonischen Anforderungen eines nachhaltigen Gebäudes liefern.

Innovationen
Ein zentrales Element von STEP2 ist die struktur- und materialoptimierte Betondecke, die den CO₂-Ausstoss im Vergleich zu konventionellen Flachdecken um mindestens 50 Prozent senkt. Diese Decke wurde unter Verwendung von digitalen Planungsmethoden und 3-D-gedruckten Schalungen entwickelt, wodurch Materialabfall vermieden und der Materialeinsatz deutlich reduziert werden konnte. Zusätzlich enthält die Decke akustische Hohlräume, die mit einem lehmbasierten Schallschaum gefüllt sind, um eine angenehme Raumakustik zu gewährleisten. Sie dient auch als thermische Speichermasse, die dabei hilft, die Raumtemperatur zu regulieren und so den Bedarf an Heiz- und Kühlenergie zu minimieren.

Besonderheiten
Die innovative Betontreppe Cadenza ist ein weiteres Beispiel für ressourcenschonendes Bauen. Die Treppe basiert auf Forschung der ETH Professur «Digital Building Technologies» und wurde gemeinsam mit dieser Entworfen. Durch den Einsatz von hochleistungsfähigem Beton und einer strukturellen Optimierung konnte der Materialeinsatz auf ein Minimum reduziert werden. Die Treppe besteht aus nur 16 Stufen, die mit einer wiederverwendbaren 3-D-gedruckten Schalung hergestellt wurden und weniger als 20 Millimeter dick sind. Diese Fertigungsmethode spart nicht nur Material, sondern ermöglicht auch eine einfache Demontage und Wiederverwendung, was die Flexibilität und Nachhaltigkeit des Bauwerks weiter erhöht.
Das Energie- und Klimakonzept von STEP2 basiert auf passiven Systemen, die die Notwendigkeit für aktive Klimaanlagen und Heizsysteme minimieren. Eine zentrale Rolle spielt die adaptive Fassade, die mit einer integrierten Beschattung und kontrollierter natürlicher Lüftung ausgestattet ist. Diese Fassade ermöglicht es, das Raumklima optimal zu regulieren, indem sie je nach Bedarf den Luftaustausch steuert und gleichzeitig die Energieeffizienz des Gebäudes maximiert. Ergänzt wird das Energiekonzept durch Photovoltaik sowohl in der Fassade, als auch auf den Dachflächen, so dass eine positive Energiebilanz im Betrieb entsteht.
Ein weiterer wichtiger Bestandteil des Energiekonzepts ist die Nutzung von thermischer Speichermasse durch die Beton-Decke, die überschüssige Wärme aufnimmt und bei Bedarf an den Raum abgibt. Auf diese Weise wird die Notwendigkeit von Energieaufwendungen für Heizung und Kühlung signifikant reduziert. Diese Technologien helfen nicht nur, den CO₂-Ausstoss zu senken, sondern tragen auch zur Senkung der Betriebskosten des Gebäudes bei.
Bei der Materialisierung stand die Nutzung von Upcycling im Vordergrund, um damit Abfallstoffe in hochwertige, leistungsfähige Baumaterialien zu verwandeln. So werden im Inneren des Gebäudes neue Werkstoffe für Wandpaneele aus recyceltem Papierbecher-Abfall und Bodenbeläge aus Textilabfällen verwendet. Im Küchenbereich werden Platten verwendet, die aus komprimierten Industrie-Kaffeebohnenschalen gefertigt wurden, während in anderen Bereichen grossflächige Fliesen aus Meeresplastik zum Einsatz kommen, das aus der Ostsee recycelt wurde. Die Verwendung von Abfallstoffen, die in grossen Mengen verfügbar sind, trägt nicht nur zur Reduzierung von Abfall bei, sondern vermindert auch den Bedarf an neuen Rohstoffen. Diese Materialien werden mit innovativen, wasserbasierten Bindemitteln von BASF verarbeitet, die wenig graue Energie benötigen und gut mit Verunreinigungen in den Abfallstoffen umgehen können.

Fazit
Das nun fertiggestellte Bauwerk STEP2 demonstriert in eindrucksvoller Weise die Leistungsfähigkeit moderner Bautechnologien. Der entscheidende Erfolgsfaktor ist jedoch nicht technischer Natur, sondern die offene, interdisziplinäre Planungsmethodik mit dem klaren Ziel, marktfähige, revolutionäre Systemlösungen zu entwickeln. Erst durch diese enge Zusammenarbeit zwischen Auftraggeber, Planern und Industriepartnern, von Projektbeginn an, war es möglich, neue Materialien, moderne Planungswerkzeuge und nachhaltige Technologieangebote effizient synergetisch zu verbinden und in eine zeitgemässe Architektur zu übersetzen, um damit einen positiven und langfristigen Beitrag zur Nachhaltigkeit im Bauwesen zu leisten.
Das Projekt dient für die kommende Jahre dem Scouting & Academic Collaborations Team des Projektpartners BASF als Büro- und Arbeitsumgebung und unterstreicht damit den Anspruch, keine blosse Technologieausstellung zu sein, sondern ein uneingeschränkt nutzbares Bürogebäude von hoher Qualität.
Die Besonderheit der Bauaufgabe war, dass Auftraggeberin und Industriepartner eine tragende Rolle bei der Projektentwicklung übernahmen. Die technologischen Inhalte und systemischen Lösungen der Unit wurden gemeinsam mit dem Planungsteam entwickelt und validiert. Während der rund sechsjährigen Projektdauer wurde eine Vielzahl von Innovationsobjekten für den Einsatz in Betracht gezogen. Viele solcher Lösungsansätze wurden während der Planungsphase wieder verworfen, andere wurden konsequent entlang der Wertschöpfungskette ausentwickelt und sind nun in STEP2 im realen Einsatz.

Das Projekt von ROK, Rippmann Oesterle Knauss wurde für den Swiss Arc Award 2025 eingereicht und von Elisa Schreiner publiziert.

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