
Transformation Schulhaus und Kindergarten
,
Schweiz
Veröffentlicht am 07. April 2025
Lehner + Tomaselli AG Architekten HTL/STV
Teilnahme am Swiss Arc Award 2025
Projektdaten
Basisdaten
Gebäudedaten nach SIA 416
Beschreibung
Sanierung Schulanlage Zunzgen – Nord-, Süd- und Mitteltrakt
Der Süd- und Mitteltrakt wurden 1955 gebaut; die erste grosse Erweiterung war bereits zehn Jahre später, 1965, notwendig. Dieses Schulhaus wurde nördlich an die Turnhalle und den Mitteltrakt angebaut. Eine Aufstockung des Westflügels beim Nordtrakt erfolgte 1983, sowie eine Nachverdichtung und ein Anbau im Sockelgeschoss unter dem Westflügel beim Nordtrakt 1995.
Von der Gemeinde wurden die Schülerzahlen für die nächsten fünf Jahre erhoben, die den Bedarf für die zukünftige Schulanlage aufzeigten. Mit einer Machbarkeitsstudie im Bestand und einer Neubauvariante mit Grobkosten gewann die nachhaltige Studie: Sanierung und Umbau. Zum zentralen Entwurfsthema wurde so das Weiterbauen im Bestand. Die aktuellen und zukünftigen Bedürfnisse konnten in Workshopverfahren und Gesprächen mit den Nutzern festgestellt und partizipativ mit den Vertretern der Baukommission entwickelt werden. Die Schulanlage wird von den Schulstufen zwei Jahrgängen Kindergarten und sechs Jahrgängen Primarschule genutzt, ebenso von sämtlichen Dorfvereinen, Musik, Sport, Kultur, Mittagstischen, Musikschule und für private Zwecke. Daher war eine entscheidende Anforderung an den Entwurf, ein klar getrenntes Raumkonzept zu entwickeln, sodass die Schule ungestört ihre pädagogische Aufgabe erfüllen kann. Der Süd- und Nordtrakt werden so zu reinen Schulgebäuden, der Mitteltrakt mit Turnhalle, Mehrzweckraum und Küche wird zum multifunktionalen Gebäude. Die Sanierung und der Umbau der heterogenen Schulanlage entwickelten sich zu einem komplexen, vielschichtigen Projekt, welches in drei Etappen erfolgte.
Im Kontext weiterbauen
Besonders herausfordernd war die Aufgabe, eine gewachsene Schulanlage aus verschiedenen Baujahren im laufenden Betrieb zu erneuern. Dabei wird nicht nur die bestehende Substanz aktualisiert, sondern auch ein neues pädagogisches Raumkonzept etabliert. Klassische Erschliessungsflächen wurden in wertvolle Lernbereiche verwandelt und ein gestalterisches Gesamtkonzept geschaffen, das Alt und Neu harmonisch vereint, ohne ihren gewachsenen Charakter zu verlieren. Ziel war es, den Bestand nicht zu ersetzen, sondern weiterzubauen: Die ursprüngliche Struktur der Trakte wurde analysiert und unter Berücksichtigung der topografischen Gegebenheiten und der inneren Logik weiterentwickelt. In allen Etappen wurde der Fokus auf Tageslicht, akustischen Komfort und eine warme, natürliche Materialwahl gelegt. Eichenholz, Linoleum, Terrazzo und farblich abgestimmte Wandflächen schaffen eine hochwertige Atmosphäre für Kinder und Lehrpersonen. Der Einbau eines Liftes und IV-WCs stellt die Barrierefreiheit sicher. Das Projekt orientiert sich an aktuellen energetischen Standards. Fassaden und Dächer wurden gedämmt, Fenster ersetzt und eine Photovoltaikanlage integriert. Die Auswahl der Materialien berücksichtigt Langlebigkeit und Nachhaltigkeit; die Lösungen der Bauphysik und Akustik wurden präzise auf den Schulbetrieb abgestimmt. Die Sanierung der Schulanlage Zunzgen steht exemplarisch für ein respektvolles Weiterbauen im Bestand – nachhaltig, funktional, atmosphärisch und zukunftsgerichtet.
Was ist das Besondere an der Bauaufgabe?
Die bestehende Schulanlage und deren Struktur vom Süd- und Mitteltrakt stammt aus dem Jahre 1955 und dem im Jahre 1965 angebauten Nordtrakt. Es galt, die in die Jahre gekommene Anlage an die heutigen Schulformen anzupassen. Dabei sollte auch die Entwicklung zukünftiger Aspekte wie Digitalisierung und die Einführung von Tagesschulen in die Konzeptplanung einfliessen. Typische bestehende räumliche, architektonische Gestaltungselemente wurden beibehalten, sichtbar gemacht, neue entwickelt und ergänzt. Dabei galt es nicht nur die baulichen, technischen und gesetzlichen Standards zu aktualisieren und zu ertüchtigen, sondern auch den schulischen Alltag spürbar zu verbessern. Besonderes Augenmerk lag in der Transformation der klassischen Erschliessungszonen in nutzbare Lernbereiche und Gruppenräume sowie in der Entwicklung eines übergeordneten Gestaltungskonzepts, das Alt und Neu auf stimmige Weise miteinander verbindet. Die Sanierung war von der Aufgabe geprägt, ein Gleichgewicht zwischen wirtschaftlichen, funktionalen und atmosphärischen Qualitäten zu finden – ein Balanceakt, der ein hohes Mass an planerischer Sorgfalt verlangte.
Was ist die Inspiration?
Die Inspiration kam in erster Linie vom Ort selbst – ebenso wie die Erinnerungen an meine eigene Schulzeit mit den dunklen Bereichen der Räume und der schlechten Orientierung in dem Gebäudekomplex. Der Respekt vor der bestehenden Architektur und das Ziel, durch Materialien, Farben, Transparenz und Lichtmanagement eine neue Identität zu schaffen, bildeten die Grundlage des Projekts. Die Wahl natürlicher und nachhaltiger Materialien wie geölte oder matt lackierte Eiche, Linoleum und Terrazzo entstand aus dem Wunsch, robuste, kinderfreundliche Oberflächen zu schaffen, die sich gut anfühlen und gleichzeitig Wärme ausstrahlen. Das Gestaltungskonzept ist zurückhaltend und präzise: Farbakzente und klare Formen schaffen atmosphärische Räume und verleihen dem Schulalltag neue Qualitäten.
Welche Rolle hatten Standort und Bestand auf den Entwurf?
Folgendermassen haben Bauherrschaft, Baukommission und die Nutzer*innen das Projekt beeinflusst?
Die partizipative Zusammenarbeit mit der Bauherrschaft und den beauftragten Vertretern in den Phasen der Machbarkeit, Nutzungsplanung und Realisierung bis zur Schlüsselübergabe entspricht unserer Geschäftsphilosophie. Beim Projektstart haben wir mit der Schulleitung und Lehrkräften als Nutzerinnen in gemeinsamen Workshops und persönlichen Gesprächen ein Verständnis für die aktuellen pädagogischen Bedürfnisse und die zukunftsgerichteten funktionalen Anforderungen der NutzerInnen entwickelt. In den neuen Schulformen arbeiten die SchülerInnen hauptsächlich in kleinen Teams und dezentral. So flossen zahlreiche Impulse aus dem Schulalltag in die Planung ein – etwa der Wunsch nach flexiblen Rückzugsorten für Kleingruppen, die Verbesserung der Akustik oder spezifische Anforderungen an die Lehrerarbeitsplätze. Der Dialog mit der Bauherrschaft ermöglichte es zudem, Varianten sorgfältig zu prüfen und gemeinsam Prioritäten zu setzen bei der Materialwahl oder der Etappierung der Bauabschnitte.
Gab es Richtungsänderungen vom ersten Entwurf bis zum fertigen Gebäude?
Der Planungsprozess war geprägt von einer hohen Flexibilität und Offenheit gegenüber Varianten und Optionen. Bereits im Vorprojekt wurden verschiedene Szenarien geprüft – etwa zur Anordnung der Lagerbereiche, zur Verbindung der Trakte oder zur Optimierung von Eingangssituationen. Einige dieser Optionen – wie etwa die Dachanpassung im Südwesten oder die neuen Gruppenraumfenster – wurden im Laufe der Planung konkretisiert oder auf spätere Etappen verschoben. Diese iterative Herangehensweise ermöglichte es sowohl auf die Wünsche der Bauherrschaft als auch auf neue technische Erkenntnisse einzugehen, ohne den roten Faden des Entwurfs zu verlieren.
Welches Produkt oder Material hat zum Erfolg des Bauwerks beigetragen?
Die durchgängige Verwendung von einheitlichen Materialien wie Eichenholz im gesamten Innenausbau, zum Beispiel, verglaste Innentüren, verglaste Raumtrenner, multifunktionale Einbaumöbel, Blumentische und Garderoben hat wesentlich zur starken Identität der Schulanlage beigetragen. In Kombination mit Pinnboards (Bulletinboard-Material) an den Wandschränken, Linoleum, vollflächigen Akustikdecken und farblich abgestuften Wandanstrichen entstand eine ruhige, robuste und zugleich freundliche Atmosphäre, die den Kindern und Lehrpersonen einen hochwertigen Rahmen für ihren Alltag bietet. Die Materialien sind langlebig, pflegeleicht und vermitteln ein Gefühl von Wertigkeit – ein Aspekt, der gerade im Bildungsbau von grosser Bedeutung ist.