Umbau und Aufstockung Wohn- und Gewerbegebäude Paradiesstrasse

 
9000 St. Gallen,
Schweiz

Veröffentlicht am 14. Juni 2016
Bischof Föhn Architekten GmbH
Teilnahme am Swiss Arc Award 2016

Fassade Nordwest Fassade Zustand Gebäude vor dem Umbau Treppe in Gebäudeschlucht Eingangskorridor mit Blick in die Wohnungen Treppe zwischen den Geschossen Wohn-/ Essgeschoss Wohnung Ost Attikazimmer Dachterrasse Fassade Südewest mit Erker Fassade Südwest Zimmer- Eingangsgeschoss Wohn-/ Essgeschoss Whg West

Projektdaten

Basisdaten

Lage des Objektes
Paradiesstrasse 10a, 9000 St. Gallen, Schweiz
Projektkategorie
Fertigstellung
12.2016
Links

Gebäudedaten nach SIA 416

Stockwerke
3 bis 5
Anzahl Kellergeschosse
1
Anzahl Wohnungen
3
Grundstücksfläche
732 m²
Geschossfläche
690 m²
Nutzfläche
542 m²
Gebäudevolumen
2170 m³
Gebäudekosten (BKP 2)
1,6 Mio. CHF
Anzahl Arbeitsplätze
6
Parkplätze
2

Beschreibung

Optimiertes Bauen

In den letzten zwei Jahrzehnten wurde in den Kerngebieten Schweizer Städte eine Nachverdichtung zugelassen. Nicht alle Hausbesitzer wagen sich, diese neue Möglichkeit auszunutzen und ein bestehendes Gebäude um weitere Geschosse zu erhöhen. Das ehemalige Gewerbegebäude in der Paradiesstrasse in St. Gallen hat jedoch durch diese Neuregelung eindeutig gewonnen. Durch
die Aufstockung wurde der urbane Charakter des Umfelds klarer definiert.


Nördlich, parallel zum Gleisstrang der Bahn zum Bahnhof St. Gallen, liegt die Paradiesstrasse. Die Strasse befindet sich einige Höhenmeter über der Bahnanlage und profitiert deswegen von dem unbeeinträchtigten Blick auf die Hänge des Freudenbergs im Süden der Stadt. Man könnte meinen, der Name der Strasse lässt sich auf die direkte Besonnung von Süden und Südwesten und die Weite der Aussicht zurückführen.
Die pittoresken ehemaligen Arbeiterhäuser, welche die Strasse an beiden Seiten einfassen, wurden im gleichen Zeitraum wie der erste Bahnhof in der Mitte des 18. Jahrhunderts erbaut, in der Blütezeit der Stickerei-Industrie in St. Gallen.
Das ehemalige Lagergebäude, welches in ein Gewerbe- und Wohnhaus umgebaut wurde, liegt in der zweiten Reihe an der nördlichen Seite der Strasse. Es diente seit den zwanziger Jahren des 20. Jahrhunderts als Hinterhaus und Lagerraum. Die Ausrichtung nach Licht und Aussicht war bei der Erbauung des Magazingebäudes zweitrangig.

Aussicht schaffen
Im Zuge der innerstädtischen Verdichtung wurde die Paradiesstrasse als Kerngebiet ausgewiesen, die Ausnutzungsziffer erhöht und auch das Lagerhaus in den Bereich eines Wohngebiets eingegliedert. Der Besitzer des Gebäudes erwog deswegen eine kostengünstige Aufstockung.
Dem Bauherren und den Architekten war relativ bald klar, dass über dem Gewerbegeschoss zweigeschossige Wohnungen entstehen könnten. Während der Planungsarbeiten und dem baurechtlichen Austarieren der Möglichkeiten erkannten die Architekten, dass sie durch eine geschickte Planung der Höhen der einzelnen Geschosse auch noch Aufbauten auf dem Dach anfügen könnten. Die Umrisse des Gebäudes wurden ebenfalls möglichst erweitert: Gegen Nordwesten fügten die Architekten einen zweigeschossigen Erker an. In der Gasse zwischen dem Vorderhaus und dem ehemaligen Lagergebäude wurde durch das neue aussenliegende Treppenhaus die Kubatur der Aufstockung erschlossen.
Konstruktiv blieb von dem Gebäude das gemauerte Erdgeschoss mit dem unterirdischen Lagerraum bestehen, in dem alle nicht tragenden Wände entfernt wurden. Auf dem neuen Auflagerkranz, der auf die Grundmauern des Erdgeschosses betoniert wurde, liegt die neue Holzkonstruktion. Sehr pragmatisch entschieden sich Bauherr und Architekten für eine vorgefertigte Holzbauweise, die mit Metallprofilen verkleidet wurde, um die gewerbliche Geschichte des Gebäudes weiterhin lesbar zu machen.


Wohnerlebnis über drei Geschosse
Sehr geschickt wirkt die Planung der Wohnungen: Die drei Einheiten sind von der aussenliegenden Treppe durch einen zentral gelagerten Korridor im ersten Obergeschoss zugänglich. Alle Wohnungen sind dreigeschossig geplant und werden jeweils durch eine einläufige Treppe, die als Rückgrat fungiert, erschlossen. Durch diesen Kunstgriff vermieden die Architekten, die baurechtlich ab drei Geschossen notwendige Liftanlage zu planen.
Das Eingangsgeschoss der Wohnungen ist niedriger gehalten und beinhaltet Garderobe, Schlafbereich, sowie das Badezimmer. Über die einläufige Treppe gelangt man in den Wohnbereich mit Küche, der durchgestreckt geplant wurde und damit den grösstmöglichen Lichteinfall von allen Seiten zulässt. Die Treppe, welche vom Wohngeschoss auf das Dach führt, hat offene Setzstufen, wodurch der zwei Geschosse tiefer liegende Eingangsbereich der Wohnung natürlich belichtet wird. Jede Wohnung verfügt über einen direkten Zugang zu einer geräumigen Dachterrasse mit Weitblick über die ganze Stadt. Auf den ersten Blick ist es bedauerlich, dass die Aussensitzplätze nicht nach Süden orientiert sind. Doch der enge Abstand zum südlichen Vorderhaus hätten diese gar nicht attraktiv wirken lassen. Umso mehr profitieren die Wohnungen von den grosszügigen Dachterrassen und der Dreigeschossigkeit. Die neuen Wohnungen im nördlichen Hinterhofhaus erreichen durch geschickte Planung durchaus die Wohnqualität der ersten Häuserreihe.

Text: Katharina Wyss

Erstveröffentlichung: Magazin der Schweizer Baudokumentation, 2019-1

Realisierung

Planungszeitraum:
März- Mai 2012 Vorprojekt und Vorverfahren mit der Baubehörde, zur Eruierung des Bewilligungsspielraums
Juli 2012 Baueingabe
Anschliessend Ausschreibungsplanung bis November 2012 und dann Ausführungsplanung

Bauzeitraum:
Jan. 2013- November 2013 Abbruch
März 2013 Aufrichte Holzbau

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