Instandsetzung und Umbau Johanniterhaus der Kantonsschule in Küsnacht

 
8700 Küsnacht,
Schweiz

Veröffentlicht am 01. Juli 2021
Bischof Föhn Architekten GmbH
Teilnahme am Swiss Arc Award 2022

Das Johanniterhaus um 1900, damals kantonales Lehrerausbildungsseminar In der ehemaligen Hausmeisterwohnung  sind die Wandfarben  das Ergebnis einer Farbuntersuchung,  die auf Wunsch der kantonalen Denkmalpflege durchgeführt wurde. Der Klassenraum entstand  durch die Zusammenlegung  von zwei Räumen der  ehemaligen Hausmeister- wohnung. Er entspricht den heutigen Lehranforderungen. Das neue Kleid des  Singsaals besteht aus einer  in unterschiedlichen  Altrosa-Farbtönen abgestuften Wandverkleidung. Von einem kleinen für  die Dauer der Grabung errichteten Podest konnten die Schüler und Schülerinnen den Archäologen bei  der Arbeit zusehen.

Projektdaten

Basisdaten

Lage des Objektes
Dorfstrasse 30, 8700 Küsnacht, Schweiz
Projektkategorie
Fertigstellung
01.2019
Links

Gebäudedaten nach SIA 416

Stockwerke
3 bis 5
Anzahl Kellergeschosse
1
Nutzfläche
2311 m²
Gebäudevolumen
11'000 m³
Gebäudekosten (BKP 2)
3,4 Mio. CHF

Beschreibung

Ein historischer Campus

Die Sanierung des «Johanniterhauses» eröffnet ein neues Kapitel in der Geschichte der Kantonsschule Küsnacht. Der Umbau zollt der originalen Bausubstanz Respekt und ist zugleich von ihr inspiriert.

Die Kantonsschule Küsnacht liegt am Rand des mittelalterlichen Stadtkerns am Südufer des Zürichsees. Über eine Brücke gelangt man über das kanalisierte Tobel auf den gepflasterten Vorplatz der Kantonsschule mit seinem markanten Brunnen und einem hundertjährigen Ahorn. Das Johanniterhaus in L-Form begrenzt den Vorplatz im Süden und Osten und bildet den Kopf einer Folge von Höfen zwischen den im Laufe der Zeit entstandenen Gebäuden: eine Jugendstil-Turnhalle (Otto Weber, 1879), die «italienische Villa» (1895), der Baukörper aus dunklem Holz der «Mediothek» (Bétrix & Consolascio, 1999), oder auch der neuere Flügel mit Klassenräumen und seinen zementgebundenen Bruchsteinfassaden (MMJS Jauch-Stolz Architekten, 2007), die den Schulcampus in eine wahre Architekturpromenade verwandeln. Diese idyllische und geschichtsträchtige Lernumgebung verleiht der Schule ihren besonderen Charakter.

Ein Gebäude, mehrere Leben
Das «Johanniterhaus» bezieht sich auf den ritterlichen Orden Sankt Johannis. Das Haus Bubikon erwarb die Kirche im Jahr 1358 und erweiterte sie 1411 zur Komturei. Nach der Reformation von 1532 geht das Gebäude in den Besitz der Stadt Zürich über. Der Vogt wohnt dort bis 1834. Im gleichen Jahr zog das erste Lehrerausbildungsseminar des Kantons in das Gebäude, das 1983 in Kantonsschule Küsnacht umbenannt wird. Das denkmalgeschützte Gebäude, dessen Bausubstanz zum Teil aus dem
14. Jahrhundert stammt, bildet das Herzstück des Campus. In der alten Komturei Sankt Joannis, die heute aus dem Flügel, in dem der Singsaal im Erdgeschoss untergebracht ist und einem langen Hauptflügel besteht, befinden sich die Klassenräume, die Räume für Chemie, Physik und Informatik, das Lehrerzimmer und ein Musiksaal.

Hinter den Kulissen
In dem 2017 von Bischof Föhn Architekten und dem Gesamtplanungs- und Baumanagementbüro Caretta + Gitz gewonnenen offenen Planerverfahren waren verschiedene Eingriffe vorgesehen. Diese betrieblichen Sofortmassnahmen kann man heute noch mehr oder weniger ausgeprägt im gesamten Schulgebäude finden.
Der Umbau und die Sanierung erfolgten in Zusammenarbeit mit der kantonalen Denkmalpflege. Dabei fokussierten sich die Umbauarbeiten vor allem auf zwei Eingriffe: Einerseits wurde der Singsaal umgestaltet und mit einer Lüftung durch einen Monoblock im Untergeschoss ergänzt. Andererseits wurde aus der ehemaligen Hausmeisterwohnung ein Klassenraum, ein Büro, ein Besprechungsraum und ein Vorbereitungsraum für den Physikunterricht. Daneben war eine Reihe punktueller Eingriffe zur Erneuerung der Gebäudetechnik sowie Anpassungen an die aktuellen Brandschutzanforderungen notwendig.

Gebeine und Monoblock
Der Umbau des Singsaals, der auf demselben Gebiet wie der einstige mittelalterlichen Friedhof der Stadt Küsnacht liegt, zog besonders die Aufmerksamkeit der Kantonsarchäologie auf sich. Bei einer im Frühling 2019 durchgeführten «Notausgrabung» wurden 60 Gräber entdeckt. Mit einer Radiokohlenstoffdatierung der Gebeine konnte die Präsenz von Gräbern bereits ab dem 9. Jahrhundert nachgewiesen werden, eine unerwartete Wendung für die Archäologen. Die ausgegrabenen Gegenstände und Gebeine wurden in die Kantonsarchäologie gebracht, wo sie sich immer noch befinden. Heute liegt die Lüftungszentrale unter dem neuen Holzfussboden des Singsaals. Für die künftige Saalnutzung mussten die Architekten dessen Behaglichkeit verbessern. Der nur auf schmalen Streifenfundamenten gelagerte und ungedämmte Holzfussboden verursachte bei den Besuchern im Winter rasch kalte
Füsse. Nach der archäologischen Ausgrabung wurde der Fussboden im Saal vollständig erneuert. Die betonierte Lüftungszentrale unterhalb des Singsaals befindet sich etwas zurückversetzt von den alten Fundamenten, womit die bestehende Tragekonstruktion vollkommen erhalten werden konnte.

Herzstück
Das neue Parkett aus massiver Eiche, das den Boden des Singsaals gliedert, ist vom alten Holzfussboden inspiriert. Darin verbirgt sich unauffällig die Klappe, die den Zugang zum Monoblock verschliesst. Bezug nehmend auf die im Musiksaal vorhandenen historischen Täfelungen aus Arvenholz, entschieden sich Bischof Föhn Architekten im kleinen Saal für eine zwei Drittel hohe Verkleidung der Wände aus MDF-Platten, die in festlichen Farben gestrichen sind. Die Wirkung ist beeindruckend und verleiht dem Raum eine einheitliche Stimmung. Hinter dieser sehr praktischen Verkleidung sind die Innendämmung, Einbauschränke, eine Tafel, ein Bühnenvorhang, die Bedientafel der Bühnentechnik, Lüftungsauslässe und auch die Orgelpfeifen der restaurierten Orgel untergebracht. Weil über dem Singsaal ein Chemieraum im darüber liegenden Geschoss liegt, war der Einbau einer Abhangdecke notwendig, um die aktuellen Brandschutzanforderungen zu erfüllen. Die Bühnentechnik ist an dieser Decke befestigt. Inmitten von den runden, flachen Deckenleuchten wirkt sie weniger präsent und verleiht der überfrachteten Decke einen einheitlichen Ausdruck. Eine doppelte Vorhangreihe sorgt für die Verdunklung und die akustische Variabilität des Saals, der sowohl für Musikdarbietungen wie auch für Referate und Podiumsdiskussionen genutzt werden kann.
Für den Umbau der Hausmeisterwohnung haben die Architekten eng mit der kantonalen Denkmalpflege zusammengearbeitet. Während die Wände der anderen Räume in der Schule weiss sind, ändern sich in diesem Gebäudeteil die Farben in jedem Raum, von Mintgrün über Grau bis Hellblau. Dieses von den Architekten vorgeschlagene Farbkonzept beruht auf einer Farbuntersuchung, bei der die Originalfarben entdeckt werden konnten. Die aufgearbeiteten und teilweise ersetzten Parkettfussböden tragen dazu bei, eine ruhige Lern- und Arbeitsumgebung zu schaffen.
Bei der Sanierung eines Teils des «Johanniterhauses» der Kantonsschule Küsnacht ist es durch das Vorgehen von Bischof Föhn gelungen, eine bunte Vielfalt harmonisch in die vorhandene Bausubstanz zu integrieren, ohne vorgefundene Elemente direkt zu übernehmen und dabei eine neue Sprache zu entwickeln, die sorgfältig abgestimmte Eingriffe sichtbar macht.

Norbert Föhn, Architekt bei Bischof Föhn Architekten, zu akustischen Vorhängen :
Im Saal war die akustische Qualität bereits sehr gut und musste erhalten bleiben. Durch den eingebauten Akustikvorhang kann der Akustikkomfort für jede Saalnutzung erhöht werden.

Norbert Föhn, Architekt bei Bischof Föhn Architekten, zu Eiche Langriemen:
Das neue Parkett aus massiver Eiche im Singsaal ist vom alten Holzfussboden inspiriert und integriert gleichzeitig auf unauffällige Weise die Zugangsklappe zum Monoblock.

Text: François Esquivié

Erstmals veröffentlicht im Magazin der Schweizer Baudokumentation 2021 - 4

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