Umnutzung einer historischen Stallscheune

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9494 Schaan,
Liechtenstein

Veröffentlicht am 04. April 2025
Beat Burgmaier Architekten AG
Teilnahme am Swiss Arc Award 2025

Aussenansicht Gamanderhof Holzkubus geschlossen Holzkubus geöffnet Zugang WCs Innenraum Verbindung Foyer Alter Stallzugang Vorraum

Projektdaten

Basisdaten

Projektkategorie
Fertigstellung
05.2024
Links

Gebäudedaten nach SIA 416

Stockwerke
2

Beschreibung

Mit einem feinfühligen architektonischen Eingriff hat Beat Burgmaier Architekten AG einen historischen Stallraum im denkmalgeschützten Gamanderhof in Schaan in einen funktionalen Kulturraum überführt. Der Umbau – minimalistisch in der Erscheinung, präzise in der Ausführung – versteht sich als additive Architektur, die respektvoll mit dem Bestand arbeitet und bewusst das Spannungsfeld zwischen Alt und Neu sucht. Der Gamanderhof, 1720/21 als barocker Meierhof zur Bewirtschaftung fürstlicher Güter erbaut, liegt ausserhalb des Siedlungsgebiets auf einer leicht geneigten landwirtschaftlich genutzten Fläche. Heute werden die Räume des Herrenhauses von gemeinnützigen Organisationen genutzt, die angrenzende Stallscheune dient nach einer ersten Sanierung als Veranstaltungs- und Kulturraum.

Im zweiten Schritt der Transformation wurde nun eine WC-Anlage in das historische Stallgemäuer eingefügt – eine Massnahme, die die infrastrukturelle Trennung zwischen Veranstaltungssaal und Herrenhaus auflöst und die Nutzung nachhaltig verbessert. Der Einbau wurde als eigenständiger Holzkörper innerhalb des Bestands realisiert, als «Haus im Haus». Dabei war entscheidend, dass der neue Baukörper den ursprünglichen Raum weder überformt noch unterordnet, sondern ein architektonisches Gleichgewicht herstellt. Der Holzkubus schwebt durch das umlaufende Freistellen leicht im Raum und ist durch seine klare Geometrie und die ruhige Materialwahl als präzise gesetzte Intervention lesbar. Die bestehende Topografie des Bodens wurde durch sandgestrahlte Sichtbetonelemente geglättet, das Foyer mit Kies belegt, Treppe und Plattformen bewusst abgesetzt. Der Zugang zu den Toiletten erfolgt über eine erhöhte Ebene, die ebenfalls in Sichtbeton ausgeführt ist. Die Wände und Decken des Bestands wurden schonend gereinigt, um ihre Patina und historische Tiefe zu bewahren. Der Holzkubus besteht aus Seekiefer, das in ruhiger, vertikaler Gliederung mit integrierten Griffleisten gestaltet ist – ein Detail, das sowohl funktional als auch formal überzeugt und dem Volumen einen Rhythmus verleiht. Innen sind die vier Toilettenräume mit Kalkputz und Pflanzenseife behandelt, die Böden mit Lehmkasein ausgeführt. Der Eingriff lebt von der sorgfältigen Wahl der Materialien und der subtilen handwerklichen Ausführung. Holz, Beton, Kalkputz – unbehandelt, ehrlich, sinnlich – bilden nicht nur einen atmosphärischen Resonanzraum, sondern auch eine Brücke zwischen der historischen Bausubstanz und einer zeitgenössischen Nutzung. So wird der ehemals landwirtschaftlich genutzte Stall zu einem kulturell aktivierten Ort, dessen neue Funktion sich selbstverständlich in die bestehende Struktur einfügt.

Das Projekt von Beat Burgmaier Architekten AG wurde im Rahmen des Swiss Arc Award 2025 eingereicht und von Sabrina Hobi publiziert.

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