Fotografenateliers auf Zürichs Dächern
Zürich hatte damals die Nase weit vorn: Kaum hatte Louis Daguerre im Jahr 1839 in Paris der Welt mit der von ihm erfundenen Daguerrotypie das erste kommerziell nutzbare fotografische Verfahren präsentiert, fand in der Limmatstadt zwei Monate drauf bereits die erste Fotoausstellung statt. Es dauerte nicht lange, bis das Geschäft mit den Lichtbildern zu blühen begann. Ab Mitte des 19. Jahrhunderts wurden in Zürich erste Fotografenateliers eröffnet. Zwischen 1855 und 1915 sollen in der Stadt Zürich mehr als 100 Standorte solcher Studios bekannt gewesen sein, wie auf der Website des Baugeschichtlichen Archivs zu erfahren ist.

Das Atelier von Johannes Meiner vor dem Umbau. | Foto: Baugeschichtliches Archiv, Johannes Meiner, Public Domain Mark
Damit Porträts und Gruppenbilder gelangen, bedurfte es allerdings ausreichenden Tageslichts. Aus diesem Grund befanden sich die Ateliers meist in Aufbauten auf Gebäuden und waren oft aus Glas. Mittlerweile sind die allermeisten davon aus dem Stadtbild verschwunden. Das Baugeschichtliche Archiv der Stadt Zürich widmet ihnen und der Zürcher Fotografiegeschichte im Haus zum Rech eine kleine Ausstellung, die vielfältige Zeugnisse der neuartigen Technik der Fotografie umfasst: Innen- und Aussenaufnahmen und Baupläne der Ateliers aber auch zahlreiche Stadtansichten; ausserdem sind Aufnahmen der Fotopionier*innen selbst zu sehen.
Dabei wird das Publikum mit auf eine Zeitreise durch Zürich genommen. Und es lernt bekannte Studios der damaligen Zeit kennen: Darunter dasjenige der Familie Schucht, gegründet hatten es Emilie Schucht-Planert und Bruno Eduard Schucht, die beide eine fotografische Ausbildung hatten. Zu sehen sind auch Bilder aus dem Studio Meiner, das neben Gruppenbildern und Porträtaufnahmen auch für den Handel, die Industrie, das Gewerbe und die Werbung tätig gewesen war. Zudem liess Johannes Meiner sein Atelier auf dem Dach des Metropol-Hauses an der Börsenstrasse 1911 modernisieren – und dokumentierte die Arbeiten gleich noch mit der Kamera.
Rund 180 Jahre Stadtgeschichte digital
Ausgestellt sind auch einige neu erschlossene Teilbestände, wie das Zürcher Hochbaudepartement schreibt: So sei erst kürzlich der Nachlass der Foto-Dynastie der Familie Schucht, die ab 1880 über mehrere Generationen hinweg an der Kasernenstrasse tätig gewesen sei, ins Baugeschichtliche Archiv gelangt.
Die weitaus ausführlichere und umfassendere Zeitreise ist übrigens Online möglich: Das Baugeschichtliche Archiv lädt in der Fotodatenbank der ETH zum Spaziergang durch die letzten rund 180 Jahre der Stadt Zürich ein, aktuell verfügt es über 330’000 Aufnahmen. Das Archiv wächst stetig, es kommen laufend neue Aufnahmen hinzu.
Die Bilder lassen sich nach Stichworten durchforsten – oder man klickt sich durch Bildersammlungen. Zum Beispiel zu längst verschwundene Leuchtreklamen, zu Tankstellen, zu den Baustellen der letzten 15 Jahre oder erkundet Kinos, als sie auch in Zürich Lichtspielpaläste waren. Auch zur Ausstellung im Haus zum Rech gibt es eine grosse Kollektion mit rund 550 Aufnahmen.
Ausstellung
Fotoateliers in Zürich
Austellung: 1. März bis 31. Mai 2024
Ort: Haus zum Rech, Neumarkt 4, 8001 Zürich
Öffnungszeiten: Montag bis Freitag, 8 bis 18 Uhr, Samstag 10 bis 16 Uhr