Pflegeeinrichtung Stiftung Silo

8 von 20

 
1112 Echichens,
Schweiz

Veröffentlicht am 15. September 2021
Lacroix Chessex SA

Olivier Di Giambattista Die grossen Fenster bieten schöne Ausblicke auf die ländliche Umgebung beziehungsweise auf das Dorf. Die grosszügige und  helle Eingangshalle empfängt die Bewohner und Besucher. Der für die Bedürfnisse  der Bewohner einfach gestaltete Speisesaal trägt zu einer angenehmen Atmosphäre beim Essen bei. Im Obergeschoss bieten eine Dachterrasse aus Holz und  eine Gartengestaltung den Kurzzeitbewohnern einen  Bereich zum Verweilen.

Projektdaten

Basisdaten

Lage des Objektes
Route du village 14, 1112 Echichens, Schweiz
Projektkategorie
Fertigstellung
01.2020
Links

Gebäudedaten nach SIA 416

Stockwerke
2
Anzahl Kellergeschosse
1
Geschossfläche
2450 m²
Gebäudevolumen
7317 m³
Gebäudekosten (BKP 2)
13,9 Mio. CHF

Beschreibung

Seit 2020 besitzt die Waadtländer Gemeinde Echichens bei Morges eine funktionale, aber dennoch freundlich gestaltete Einrichtung für Senioren. Das neue, von den Genfer Architekten Lacroix Chessex entworfene Gebäude ergänzt das Angebot an Einrichtungen für die Kurzzeitpflege.

Der Neubau, der aus einem 2016 gewonnenen Wettbewerb hervorgegangen ist, nimmt die typischen Gebäudehöhen des Dorfes auf. Darüber hinaus haben auch die an die ländliche Umgebung angepasste Morphologie, die ausgewogenen Massstäbe und die konstruktiven Eigenschaften des Projektes die Jury überzeugt: Die Architekten haben eine lineare Topographie bevorzugt, um die Einheit zwischen Ort und Landschaft zu unterstreichen.

Ein Projekt, das den Bestand respektiert
Der Fussabdruck des Gebäudes wird von zwei sich überlagernden Rechtecken gebildet. Mit dieser Gliederung haben die Architekten zwei identische strukturelle Einheiten in Form einer liegenden Acht geschaffen, dem Symbol der Unendlichkeit. Passend, denn nach ihrer Auffassung soll das Gebäude zeitlos wirken. Die Anordnung der beiden Baukörper auf dem Gelände ist nicht unbedeutend. Das auf einem Grundstück am Rande der Gemeinde gelegene Gebäude mit einer Fläche von 2904 Quadratmetern fügt sich mit seiner Drehpunktgeometrie gut zum nahegelegenen Pflegeheim Silo und dem Seniorenheim Les Fougères ein. Der architektonische Charakter der neuen Kurzzeit-Pflegeeinrichtung ist durch die Struktur der Fassade geprägt. Mit Längen von circa 25 Metern übernimmt sie die Architektursprache des Dorfes. Für die Gestaltung der Gebäudehülle haben sich die Architekten für vorgefertigte Stahlbetonelemente entschieden. Diese Elemente bilden ein Doppel-T, das an den griechischen Buchstaben Pi erinnert. Dadurch liegen die vertikalen Fugen nicht übereinander, sondern verteilen sich über die Fassade. Zur Lösung der Problematik der Eckzimmer, und um gleichzeitig der komplexen Gebäudestruktur gerecht zu werden, haben die Architekten Betonplatten mit geriffelten Motiven gewählt. Sie erzeugen einen originellen und eleganten Effekt, der sowohl die Fassade als auch das gesamte Erscheinungsbild des Gebäudes verschönert. Innen musste das im Wettbewerb in Holz vorgesehene Dach aus Kosten- und Akustikgründen Betonträgern weichen. Aussen verleiht die mit weissem Zement gebundene Mischung aus zerkleinerten Sedimenten und ockerfarbenem Marmor dem Bau seine Textur und Sandfarbe. An den sechs Gebäudeecken sorgen hervorstehende, U-förmige Wasserspeier für den Regenwasserabfluss.


Zwei sorgfältig festgelegte Programme
Das Gebäude besteht aus zwei jeweils um einen Innenhof angeordneten Trakten. Im Kern ist die Gebäudeprogrammatik identisch auf zwei Ebenen organisiert. Im ersten Geschoss stehen den Kurzzeitbewohnern am Schnittpunkt beider Strukturen zwei Teeküchen zur Verfügung. Dort befinden sich auch die 30 sequenziell angeordneten, 16 Quadratmeter grossen Zimmer. Sie sind mit Eichenparkett ausgelegt und komfortabel ausgestattet. Jede Einheit verfügt über ihr eigenes Bad mit elektrischem Dachfenster, das für die natürliche Belichtung und Lüftung zum Wohle des Bewohners sorgt.
Während die Erschliessung um die zwei Innenhöfe angeordnet ist, bieten die Zimmer über grosse Fensterfronten schöne Ausblicke auf die ländliche Umgebung beziehungsweise auf das Dorf. Die Bewohner können sich frei in der Einrichtung bewegen. Dazu schafft die Gestaltung der Verkehrswege auf beiden Ebenen einen fliessenden Übergang zwischen Privat- und Gemeinschaftsbereich und fördert somit die Mobilität. Mit 1,5 Meter breiten, hindernisfreien Gängen erleichtern die Architekten insbesondere gehbehinderten Personen, sich zu bewegen. Die Gänge fördern zudem auch Begegnungen, die zur sozialen Lebensqualität in der Einrichtung beitragen.
Im Erdgeschoss befinden sich eine Cafeteria, eine medizinische Klinik, ein Friseursalon und eine Postfiliale. Rosa und hellblaue Pastelltöne prägen die Gemeinschaftsbereiche. Die Gestaltung dieser kleinen, geselligen Zonen regt zu Gesprächen und zur Entspannung an. Im Gegensatz zu herkömmlichen Spitaleinrichtungen sind diese kleinen, ruhigen Räume an Hotelinterieurs angelehnt. Im gesamten Gebäude bilden rotbraune Innenausbauelemente einen gemeinsamen Nenner. Eine Treppe, deren Erscheinungsbild an die 1960er-Jahre erinnert, verbindet beide Ebenen.
Auch wenn dieser Bau die Aufgabe hat, ältere Personen, die vorübergehend fragil oder allein sind, für einen kurzen Aufenthalt aufzunehmen, geht die positive Wirkung der Architektur dieser neuen Kurzeit-Pflegeeinrichtung über die den Bewohnern gebotenen Leistungen hinaus. Sie bildet eine unmittelbare Antwort auf die Umgebung, in die sie sich dauerhaft eingliedern soll.

Text: Renzo Stroscio

Erstveröffentlichung im Magazin der Schweizer Baudokumentation 2021 - 5

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