Rück-Umwandlung Bauernhaus in der Cretâ
,
Schweiz
Veröffentlicht am 07. April 2025
Bard Yersin Architectes Sàrl
Teilnahme am Swiss Arc Award 2025
Projektdaten
Basisdaten
Gebäudedaten nach SIA 416
Beschreibung
In der Region Glâne, wo eher arme Bauern ihre Höfe mit Holz aus den umliegenden Wäldern errichteten, zeichnet sich der Haustyp Freiburger Bauernhäuser durch eine besondere Qualität aus, die aus der Armut und Einfachheit seiner Mittel hervorgeht – gestärkt durch die offensichtliche Beziehung zwischen Typologie, Fassadengestaltung und Konstruktion.
Das betroffene Bauernhaus in Mézières wurde 2011 erstmals durch die Vorbesitzer umgebaut. Das bestehende Wohnhaus wurde renoviert, und im Erdgeschoss des aufgegebenen Wirtschaftsteils wurde eine neue Wohnung eingebaut. Leider entstellte dieser Eingriff sowohl den Innenraum der Scheune als auch die Rückfassade massiv. Die alten Holzböden wurden durch eine Betondecke ersetzt, die Holzkonstruktion wich gemauerten Wänden, die Komplexität der ursprünglichen Dachstruktur wurde durch grosse Leimbinder eliminiert – und bei der Materialwahl wurde systematisch jede Spur der einstigen ländlichen Atmosphäre ausgelöscht. Wie durch ein Wunder blieb die dem Zugangsweg zugewandte Fassade erhalten, doch verkam sie zu einer blossen, makabren Kulisse, die wie eine Maske mühsam versucht, die Trostlosigkeit des Eingriffs zu verbergen.
Das Projekt verfolgt deshalb eine Rück-Transformation der Scheune, um die ursprünglichen Qualitäten des Ortes wieder sichtbar zu machen und ihm seinen besonderen ländlichen Charakter zurückzugeben. Anstatt eine neue Schicht auf das Palimpsest des Ortes zu legen, wird dessen Oberfläche freigelegt, um die unterschiedlichen Zeitschichten zu harmonisieren. Zentrales Element ist die Wiederherstellung der ehemaligen Fourragère. Dazu wurde die während des ersten Umbaus eingezogene Schlafkammer entfernt, sodass der Raum seine ursprüngliche Durchgängigkeit zurückerhält. Gleichzeitig wurde die damals eingebrachte Betondecke auf der gesamten Tiefe der Fourragère aufgesägt, wodurch die eindrucksvolle räumliche Qualität wiederhergestellt werden konnte. Die grosszügige Geste – sonst oft flächenmässig teuer – wurde hier durch die besondere Lage des Gebäudes ausserhalb der Bauzone begünstigt, wo die Gesetzgebung ohnehin eine Nutzung des leerstehenden Dachgeschosses untersagt.
Bard Yersin Architectes formten ein dreigeteilten Grundriss: Ein durchgehender Wohnraum in der Mitte (ehemalige Fourragère), Küche, Bad und Waschküche im seitlichen Raster neben dem alten Wohntrakt, und im Norden – entlang der Giebelwand – befinden sich Schlafzimmer und ein weiteres Bad. Aufgrund des begrenzten Budgets konzentriert sich der Umbau auf das Wohnzimmer, Esszimmer, die Küche und ein Badezimmer; die übrigen Räume blieben unberührt. Die eingesetzten Materialien folgen konsequent der Logik der Subtraktion und der Harmonisierung historischer Schichten. Der pseudo-toskanische Fliesenbelag des Badezimmers wurde durch weisse quadratische Fliesen ersetzt – eine Reminiszenz an die Klarheit der Melkstuben. Der fade Putz auf der Betondecke und den Ziegelwänden wurde abgepickt und sandgestrahlt, wodurch die rohen Materialien – Backstein und Beton – wieder sichtbar wurden. Die Mörtelausbesserungen erscheinen nun wie bewusste Kompositionen, während in der Tiefe der aufgesägten Betondecke seltsame Fossilien aus verrostetem Eisen und alten Wasserleitungen zum Vorschein treten. Die konstruktiven Prinzipien zeigen sich in frecher Ehrlichkeit.
In derselben Logik wurden die neuen Trennwände, die die doppelte Raumhöhe des Wohnbereichs von den benachbarten Galetas (ähnlich den Heutrocknern) abtrennen, mit sichtbarer Fichtenstruktur ausgeführt. Die verschlossenen Flächen bestehen aus rückversetzten Sperrholzplatten. Durch das Entfernen störender Elemente verweben sich die Zeitebenen neu – der Dialog mit der Geschichte wird wieder aufgenommen. Das Gebäude wird in einen vollständigen, zeitlosen Zustand zurückgeführt.
«Ich gestehe, ich glaube nicht an die Zeit. Ich liebe es, meinen Zauberteppich nach dem Gebrauch so zu falten, dass sich die verschiedenen Teile desselben Musters überlagern. Pech, wenn die Besucher darüber stolpern! Und der Moment, in dem ich am meisten die Negation der Zeit geniesse – an einem zufällig gewählten Ort – ist, wenn ich mich mitten unter seltenen Schmetterlingen befinde und den Pflanzen, von denen sie sich ernähren. Ich bin ekstatisch, und hinter dieser Ekstase steckt etwas anderes, schwer zu erklären. Es ist wie eine momentane Leere, in die alles strömt, was ich liebe. Das Gefühl, eins zu sein mit der Sonne und dem Stein.»
Vladimir Nabokov, Andere Ufer (Ende von Kapitel VI, Schmetterlinge)
Das Projekt von Bard Yersin Architectes wurde für den Swiss Arc Award 2025 eingereicht und von Elisa Schreiner publiziert.