Urban sprawl: Casa di Ringhiera und Torretta
,
Schweiz
Veröffentlicht am 01. April 2022
Oxid Architektur GmbH
Teilnahme am Swiss Arc Award 2022
Projektdaten
Basisdaten
Gebäudedaten nach SIA 416
Beschreibung
Die drei Ersatzneubauten bilden ein Ensemble und nehmen Bezug zum heterogenen Umfeld; die «Torretta» sucht den Bezug zur Strasse, die «Casa di ringhiera» reagiert auf den Reihenhaus-Kontext. In Holzbauweise erstellt, interpretiert sie den regionalen Archetyp neu mit einer Veranda um einen zentralen Hof.
Ausgangslage
Die Parzelle mit drei bestehenden Mehrfamilienhäuser aus den 60er und 80er Jahren steht mitten im urban sprawl zwischen Bellinzona und Giubiasco. Die Häuser liessen sich weder brandschutzmässig ertüchtigen noch hindernisfrei wiederverwenden. Gleichzeitig konnte die Ausnutzungsreserve städtebaulich nicht befriedigend eingelöst werden. Im Wettbewerb haben wir darum vorgeschlagen, nur die beiden Tiefgaragen wiederzuverwenden, um das energieintensive Unterterrainvolumen zu reduzieren. Die Hochbauten hingegen wurden als Ersatzneubauten geplant und entsprechend der städtebaulichen Setzung verortet.
Entwurfsidee
Als urbane Nachverdichtung im «urban sprawl» zwischen Bellinzona und Giubiasco bilden die drei Ersatzneubauten eine neue Nachbarschaft und nehmen doch Bezug zum heterogenen Kontext; Während die fünfgeschossige «torretta» zusammen mit dem bestehenden «complesso residenziale» der 1960er-Jahre den Bezug zur Kantonsstrasse sucht, bezieht sich die dreigeschossige «casa di ringhiera» auf den Kontext der suburbanen «villette a schiera». Zwischen «torretta» und «casa di righiera» spannt sich ein Binnenraum auf, welcher die Durchwegung sichert, mit dem hölzigen Pavillon eine gemeinsame Adresse bildet und mit Kinderspielplatz, Velos, Sitzplatz, zumietbarem Gemeinschaftsraum und den «orti» einen eigentlichen Quartierplatz anbietet. Die bestehenden Tiefgaragen wurden ertüchtigt, zusammengehängt und mit neuer Rampe und Vertikalerschliessungen unter Verwendung der verbauten Grauen Energie ins Projekt integriert.
Projektierung
Die «casa di ringhiera» ist ökologisch nachhaltig in vorfabrizierter Holzbauweise erstellt und nimmt Bezug auf den in der Lombardei und im Tessin verbreiteten Archetyp der «case a ballatoio», einer urbanen kollektiven Wohnform mit Laubengangerschliessung. Diese wird mit einer umlaufenden, überbreiten Veranda, welche als Erschliessung und gemeinschaftlichen Balkon dient, neu interpretiert und generiert einen zentralen Hof als eigentlichen sozialen Inkubator und Begegnungsort. Die durchgesteckten Wohnräume vermitteln mit den raumhohen Verglasungen zwischen Veranda und privatem Aussenraum. Alle Zimmer sind auf der Aussenseite angeordnet. Die Erdgeschosswohnungen beziehen sich mit den Privatgärten wiederum auf die gebaute Nachbarschaft. Im Ausdruck kontrastieren die raumhaltigen, holzfarben gestrichenen Skelettkonstruktionen der Veranden und Balkone mit den geschlossenen Aussen- und Stirnfassaden, welche mit einer vertikalen Schalung verkleidet und silbrig vorbewittert wurden.
Dank der systemischer Bauweise ist das Projekt auch wirtschaftlich nachhaltig.
Realisierung
In der kompakt organisierten «torretta» werden je vier Kleinwohnungen pro Geschoss über ein zentrales Treppenhaus erschlossen und profitieren von einer grossartigen Fernsicht. Das Treppenhaus ist über eine Lichtkanone zenital belichtet und mit satten Farben ausgestrichen. Die vertikal zusammengebundenen Fenster sowie die jeweils an den Ecken angehängten abgerundeten Balkontürme überhöhen das Gebäude. Die Balkone orientieren sich im Ausdruck an den Loggiatürmen der Wohnhäuser von Bianconi und sichern den Schallschutz zur Strasse.