Wohnheim Holdergarten
,
Schweiz
Veröffentlicht am 30. März 2022
schoch-tavli architekten gmbh fh/sia
Teilnahme am Swiss Arc Award 2022
Projektdaten
Gebäudedaten nach SIA 416
Beschreibung
Das Wohnheim steht an der Stelle einer ehemaligen Scheune und erweitert die bestehende Heimanlage. Typologisch ordnet sich das Volumen als hölzernes Haus ein in die Randzone des Weilers Obersommeri. Trotz hoher Anforderungen an einen Heimbau bleibt der Baustoff Holz prägend.
Ausgangslage
Die Siedlungstypologie Obersommeris zeugt von bäuerlicher Tradition. Soziale Veränderungen anfangs des 20. Jahrhunderts führten zur Gründung des benachbarten Kinderheimes «Heimetli». Kurz darauf wurde im Haus «Holdergarten» als Heim für Töchter eingerichtet. Daraus entstand die heutige «Bildungsstätte Sommeri». Das neue Gebäude bietet vorwiegend jungen Erwachsenen, die aufgrund einer Einschränkung auf Betreuung angewiesen sind, die Möglichkeit, selbstständig zu wohnen.
Entwurfsidee
Der Weiler Obersommeri gruppiert sich um eine zentrale innere Grünfläche mit angrenzenden Langbauten und durchgehenden Zwischenräumen. Im Lauf der Zeit blieb die bäuerliche und siedlungstypologische Identität mehrheitlich gewahrt: Erweiterungen wurden hauptsächlich in der Längsachse angebaut. Die Gebäude wuchsen in die Länge. Die Breite der historischen Häuser ist definiert durch ihre Stammmasse und der vorherrschenden Riegelbauweise.
Das prägende Ensemble mit der ehemaligen Scheune und dem gegenüberliegenden Gehöft bildete den ortsbaulich identitätsstiftenden Moment am verengten räumlichen Übergang zum südlichen Verlauf der Förstergasse. Die Volumetrie des neuen Wohnheims bildet als Bestandteil des Ensembles weiterhin den ortsbaulichen intakten und landschaftsräumlichen Übergang.
Das Wettbewerbsprogramm und der bauliche Zustand der Scheune liessen es nicht zu, die bestehende Struktur zu erhalten. Eine Analyse überführte inhaltliche und konstruktive Ansätze des ursprünglichen Zweckbaus in ein neues architektonisches Konzept. Analog zu den umgebenden Riegelbauten und entgegen dem ursprünglichen Scheunenbau zeichnet sich der innere Raster an der Fassade und zitiert umgebende Riegelfassaden. Damit entsteht unter der Beibehaltung ortsbaulicher Prägungen eine typologische Transformation in ein modernes Wohngebäude mit eigener Identität und Selbstverständlichkeit.
Projektierung
Die Grundrisstypologie ist entsprechend wohnungsnah organisiert: Vorgelagerte Nischen, Aufenthaltsbereiche und ein Ess- und Kochbereich mit einer Loggia fördern ein gutes soziales Zusammenwohnen. Die klare Gliederung erlaubt zukünftig flexible Nutzungen.
Die typologische Klarheit bildet sich in der Holzkonstruktion ab und zeichnet sich als Raster in der Fassade. Die unterschiedlich bespielten Öffnungen und Glasflächen entsprechen dem denkmalpflegerischen und architektonischen Anspruch auf einen homogenen Gesamteindruck. Die Fassadengliederung mit den differenzierten Holzverkleidungen nimmt Anklang am Bestand.
Räumlich manifestiert sich der Holzbau in naturbelassenen Vollholzdecken und Wänden aus lasierten Drei-Schicht-Platten. Warme Farbtöne in Kombination mit den Anhydritböden erzeugen eine zurückhaltende, robuste Wohnsituation für die Menschen. Unterschiedliche Lasuren und Holzarten differenzieren Wände, Decken, Fenster und Fassade. Das stabilisierende Treppenhaus als Kern ist betoniert und spielt mit einer erhöhten Farbigkeit im räumlichen Übergang vom Innenhof zu den Wohnungen.
Die vertikale Lastabtragung erfolgt über die Aussenwände, die Stützen an Fenstern und Terrassen sowie brandabschnittsbildenden Innenwänden. Zusammen mit dem Treppenhaus und den Deckenscheiben funktioniert die horizontale Stabilisierung.