Räume des Übergangs – Salone del Mobile
In Mailand wurde Gestaltung vielerorts so gedacht, dass sie auf Räume reagiert, statt sich unabhängig von ihnen zu behaupten. Die spezifischen Orte waren nicht bloss Kulisse, sondern Teil des Entwurfs. Die Wirkung eines Objekts hing davon ab, wie es sich zur Umgebung verhielt.
Ein präzises Beispiel dafür war die Kollektion «HYPERCODE» von cc-tapis. Die in Zusammenarbeit mit Roberto Sironi entwickelten Teppiche greifen auf archäologische, digitale und urbane Spuren zurück – nicht als blosses Zitat, sondern als strukturelles Prinzip. Gezeigt wurden sie in einem bewusst unbehandelten Raum mit klar ausgeprägter, eigenständiger Präsenz. Die Teppiche traten dort nicht als Präsentationsobjekte in Erscheinung. Vielmehr reagierten sie auf das, was bereits vorhanden war – sie machten bestehende Spuren sichtbar und fügten neue hinzu. Auch bei Dornbracht ging es weniger um das einzelne Produkt als um den Prozess dahinter. Im neu eingeführten «Dornbracht Atelier» wurden Stücke gezeigt, die mit Form und Oberfläche experimentieren – etwa eine skulpturale Armatur mit flügelartigen Ausläufern oder Griffe, gefertigt aus Materialien wie Samt, Leder oder zermahlenen Eierschalen. Die Präsentation blieb bewusst zurückhaltend, um die Objekte als Teil eines Dialogs zwischen Idee, Ort und Materialität zu zeigen – nicht als abgeschlossene Ware.
Ein ähnlicher Ansatz, räumlich noch dichter gedacht, zeigte sich in «L’Appartamento by Artemest». Der Palazzo auf der Via Cesare Correnti wurde neu interpretiert – durch Räume, die wie bewohnt wirkten. Internationale Studios richteten Interieurs ein, die nicht erklären wollten, sondern wirken. Statt einzelner Produkte stand das Zusammenspiel im Mittelpunkt: Materialien, Lichtstimmungen, Proportionen. Die Gestaltung war opulent und sorgfältig kuratiert – nicht laut, aber mit klarer gestalterischer Aussage. Diese Offenheit gegenüber dem Kontext zeigte sich auch bei Flos. Die Leuchte «Nocturne», entworfen von Konstantin Grcic, ist eine tragbare Lichtskulptur, inspiriert von historischen Strassenlaternen. Ihre Form ist reduziert und dabei technisch präzise durchdacht. Lichtquelle und Struktur greifen ineinander, ohne dass ein einzelnes Element dominiert. Statt Effekten geht es um Licht als Teil der Umgebung und Atmosphäre. Diese Beiträge markieren keine neue Stilrichtung. Stattdessen verbinden sie sich in einem gemeinsamen, feinfühligen Blick auf Übergänge. Räume werden nicht dekoriert, sondern durch die Objekte weitergedacht.
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