Verborgene Schichten auf der Designmesse in Mailand

 

Messe

Veröffentlicht am 16. April 2025 von
Sabrina Hobi

Bei der Design Week lag der Fokus vieler Beiträge auf dem Offenlegen verborgener Ebenen: auf Materialkreisläufen, Entwicklungspfaden und der Frage, wie Produkte nicht nur aussehen, sondern entstehen und was sie dabei über die Haltung von Gestalter*innen und produzierenden Firmen verraten. Nachhaltigkeit wurde nicht ausgestellt, sondern eingebettet in alle Schritte der Genese der Produkte dargestellt.

Installation «Banquet Echoes» | Foto © V-Zug
«No.1 Loveseat» | Foto © Hayvenhurst

Im Palazzo Francesco Turati als Teil von Masterly The Dutch in Milano zeigte Hayvenhurst by Jackie Jackson mit dem «No.1 Loveseat» ein Möbel, das genau diesem Anspruch folgt. Formal zurückhaltend, verzichtet es auf visuelle Dramatisierung. Die Qualität liegt im Aufbau: recycelte Materialien, wiederverwertbare Verbindungen und ein konsequent durchdachter Fertigungsprozess. Das Sofa stellt keine Thesen zur Zukunft des Wohnens auf – es macht deutlich, was möglich ist, wenn Gestaltung am Ursprung ansetzt und nicht am Erscheinungsbild. Auch bei V-Zug lag der Fokus nicht auf Produktneuheiten; entscheidend war vielmehr das räumliche Verständnis von Funktion. Die Installation «Banquet Echoes», kuratiert von Elisa Ossino, inszenierte die Küche als kulturellen Ort, in dem Zubereitung, Ritual und Gestaltung aufeinandertreffen. Geräte und Materialien waren nicht bloss zur Schau gestellt; sie fügten sich organisch in ein narratives Umfeld ein. Es ging darum, Räume erfahrbar zu machen, nicht darum, Objekte zu betonen. Auch im House of Switzerland wurde diese Haltung deutlich – mit dem «HUG chair», entwickelt von Studierenden der ECAL in Zusammenarbeit mit Karimoku New Standard. Eine Serie von Stühlen verbindet Schweizer Gestaltung mit japanischer Fertigung. Anstelle einer klassischen Montage wird die Sitzfläche gefaltet und in das Holzgestell eingepasst. Kein Statementstück, vielmehr ein funktionaler Entwurf, der auf Zusammenarbeit und Materialverständnis setzt.

«HUG Chair» entwickelt von Studierenden der ECAL | Foto: Agnese Bedini und Alessandro Saletta
Re-Edition der «Achille Castiglioni Collection» | Foto: Elisa Galluzzo

Eine ähnliche Haltung bestimmte die Präsentation von Mamoli. Mit der Re-Edition der «Achille Castiglioni Collection» zeigte das Unternehmen, wie man mit Respekt für ein bestehendes Design neue Relevanz schaffen kann. Die Klassiker wurden in technischer Hinsicht verfeinert, in der Ausführung präzisiert und an aktuelle Anforderungen angepasst, ohne die ursprüngliche Idee zu verwässern. Gestaltung wird hier nicht als Innovation verstanden, vielmehr als Haltung, als Weitergabe durch Reduktion, nicht durch Austausch. Was diese Projekte verbindet, ist der Fokus auf das, was nicht unmittelbar sichtbar ist: auf Materialien, Prozesse, Entscheidungen.

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