Schlossgarten, Araukarie und Rosskastanie
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Schweiz
Veröffentlicht am 04. April 2023
Joos & Mathys Architekten AG
Teilnahme am Swiss Arc Award 2023
Projektdaten
Basisdaten
Gebäudedaten nach SIA 416
Beschreibung
Zwei neue Wohnhäuser stehen als Ensemble im ehemaligen Schlossgarten in Rüschlikon. Die Gartenanlage prägen zwei denkmalgeschützte alte Bäume, eine mächtige Rosskastanie und eine exotische Araukarie. Im Norden des Grundstückes steht das Elternhaus der heutigen drei Besitzer der Liegenschaft.
Ausgangslage
Das bestehende Haus als Einfamilienhaus und die beiden neuen Mehrfamilienhäuser sollen sich gemeinschaftlich den grossen Garten teilen und zur Nachbarschaft hin eine Offenheit zeigen. Zudem soll der erhabenen Lage hoch über dem Zürichsee und der schönen Aussicht Rechnung getragen werden und die Neubauten zu den schönen, charaktervollen Bäumen in eine besondere Beziehung treten. Eine gemeinsame Tiefgarage liefert die gesetzlich vorgeschriebenen Parkplätze, ohne die Gartengestalt zu beeinträchtigen. Die Besitzer, drei Geschwister, halten je ein Haus.
Entwurfsidee
Die beiden neuen Häuser umschreiben je in einer winkligen Form nach Süden hin einen gemeinsamen offenen Hof. Als Dominante charakterisiert die alte Rosskastanie den Ort. Es stellt sich eine leichte Symmetrie zwischen den Bauten ein, ohne dass die beiden kongruent sind. Wie Geschwister stehen die beiden Häuser unzertrennlich im Garten und sind doch keine Zwillinge. Weder stehen sie gestaffelt hintereinander, noch kehren sie sich explizit zur Seeseite. Das Spezifische der linken Seeseite ist jedoch, dass die Aussicht, die Sonnen- und die Abendseite nicht die gleichen sind wie auf der Goldküste. Sowohl als Häuser im Park, als auch als Häuser im flachen Hang bedingen sie eine gegenseitige Rundumsicht. Die Häuser mit steilen Satteldächern sind giebelständig zur Seefront gerichtet und traufseitig zu den Gärten orientiert. Diese Disposition der Hauskörper ermöglicht zusammen mit den Überecklukarnen und den Giebelfenstern die Räume spannend zu belichten und so auch die Seesicht in alle Räume hinein zu holen.
Anders als man vermuten könnte, sind die Wohnung nicht unter den Dächern aufgereiht, wie es in Reihenhaustypologien häufig zu finden ist. Die Wohnungen sind durch eine Scheidewand, die unter dem First verläuft back-to-back aneinandergereiht. Es entstehen so spannende Grundrisse auch für die kleineren Wohnungen mit einem interessanten Zuschnitt und mehrseitiger Ausrichtung. Vielfältige Einsichten ermöglichen ein kollektives Zusammenwohnen im Schlossgarten.
Projektierung
Die Häuser sind sowohl entwerferisch, in der Planung als auch konstruktiv einem Bauen verpflichtet, welches man als traditionalistisch beschreiben könnte, aber auch moderne Gedanken und Sichtweisen sind wahrnehmbar. Referenzen können bei den Häusern von Lux Guyer, bei den Schriften von Paul Schmitthenner oder etwa bei den inspirierenden Architekturen von Charles Francis Annesley Voysey gefunden werden. Innen- wie aussenräumlich entsteht Vertrautes und keimt der Gedanke, die Häuser hätten schon immer dagestanden, zusammen mit den alten Bäumen des Schlossgartens. Die Fassaden sind massiv mit Dämmsteinen gemauert und mit einem Waschputz mit Kammstruktur gefasst. Kunststeinwerkstücke für die Loggiengewände, die Rundfenstereinfassungen und die Fensterbänke verleihen den Fassaden eine solide Anmutung. Die französischen Holzfenster werden mit Schlagläden gerahmt. Bei den Loggien bilden textile Ausfallmarkisen den Sonnenschutz.
Die steilen Satteldächer als Zimmermannskonstruktion in Tafelbauweise sind mit Falzblechen aus Chromnickelstahl eingedeckt.
Das solide Äussere widerspiegelt sich im Innern der Wohnungen in der Material- und Farbwahl. Massive Riemenböden aus Eiche mit Fensterschwellen aus Naturstein bei den französischen Fenstern geben den Wohnungen mit einem Lehmputz an den Wänden eine behagliche Wohnlichkeit. Schreinerarbeiten für die Innentüren, die Schränke und Küchen entsprechen einer handwerklich gefertigten Innenausstattung.
Realisierung
Obwohl die Häuser vielleicht wie aus einer früheren Zeit kommen könnten, versteckt sich im Kern der neuen Wohnanlage eine dem Zeitgeist entsprechende Haustechnik. Zwar wurde auf eine unschöne Fotovoltaikanlage auf den steilen Dächern verzichtet, dafür wird die Energie für die Heizung und Warmwasseraufbereitung mittels einer Wärmepumpe und Erdsonden aus der Erdwärme gewonnen.
Besonderheiten
Die Auseinandersetzung mit der Baugesetzgebung und der Bauordnung soll nicht als Einschränkung der städtebaulichen und architektonischen Qualitäten angesehen werden, sondern darin soll ein Mehrwert für den Ort, die Bauherrschaft und die Nachbarschaft gefunden werden.