Sonnenarena Langnau
,
Schweiz
Veröffentlicht am 10. August 2018
Marazzi + Paul Architektur AG
Teilnahme am Swiss Arc Award 2018
Projektdaten
Basisdaten
Gebäudedaten nach SIA 416
Beschreibung
An einem Südhang in Langnau entstand die Wohnsiedlung „Sonnenarena“. Die politische Gemeinde, die im Zentrum des oberen Emmentals liegt, ist bekannt als Ort mit dem schweizweit meisten Sonnenstunden. Die neun Häuser sind denn auch arenaförmig angeordnet – und so ausgerichtet, dass sie jeweils maximale Sonneneinstrahlung erhalten.
Das Schweizer Dorf Langnau im malerischen Emmental steht für viele Sonnenstunden und kennt kaum Nebel. Dabei galt das bewaldete und von tiefen Gräben geprägte Gelände zwischen Bern und Luzern lange Zeit als unzugänglich. Wurde folglich erst recht spät besiedelt. Und vielleicht gerade deshalb zeichnet ein beschauliches, aber eben auch zugleich weltoffenes Miteinander den Dorfcharakter. Bodenständigkeit, Gemütlichkeit, das Heimelige, das Verlässliche sind dabei genauso wichtig wie Kontinuität, Entwicklung, Offenheit für Neues.
Die neue Wohnüberbauung spürt diesem dualen Lebensgefühl von Orts- und Naturverbundenheit, von Freiheit und Weite nach und widmet sich der Frage: Wie lässt sich das Wesen der einzelnen Gehöfte und Weiler, die wie selbstverständlich in der schönen Emmentaler Hügellandschaft eingebettet sind, in eine verdichtete zeitgenössische Wohnüberbauung mit Einflussfaktoren wie Mobilität, Wohnkomfort, aber auch vielseitig nutzbarer Außenraum transponieren.
Die neue Wohnsiedlung mit dem Namen „Sonnenarena“ bildet den östlichen Siedlungsrand und Übergang in die typische und unüberbaubare Emmentaler Kulturlandschaft. Die Parzelle, die zum Gebiet „Moserli“ gehört, liegt zwar an einem Südhang, gehört aber dennoch zum regionalen Zentrum Langnaus. Ortstypische Qualitäten und Merkmale aufnehmen, die zugleich mit zeitgemäßen Anforderungen korrelieren – diese angestrebte Prämisse bedingte eine sensitive städtebauliche Auseinandersetzung mit verschiedenen Außenraumtypologien (Kulturland, Platz, Geländerkante etc.) und zugleich eine ausgelotete Einpassung in das herausfordernde Hanggelände.
Die Sonnenarena lehnt sich in ihrer punktartigen Anordnung an die bauliche Grundstruktur der in der Emmentaler Landschaft vorhandenen Weiler an. Deren typische Struktur besteht aus drei, vier Bauernhöfe, die sich um Brunnen, Sitzbank, Bäume gruppieren. Analog dazu verbindet ein zentraler, möglichst verkehrsfreier Platzraum die insgesamt neun Siedlungskörper der Sonnenarena. Dieser Platzraum dient als sozialer Treffpunkt, für Begegnung, Austausch, Spiel und zum Feiern. Um ihn gruppieren sich die Mehrfamilienhäuser „arena-artig“, in dem sie in ihrer Setzung jeweils der Topographie folgen und so zugleich eine bauliche Verdichtung erreichen, die einer Zentrumsverdichtung entspricht. Dieser so entstehende Mix aus Verdichtung und Freiräumen schafft eine Anlage, die in ihrer Geometrie eine Fülle an Durchblicken, Weitblicken, Blickkorridoren in die umliegende Landschaft wie ins Zentrum der Überbauung generiert – und zwar von jedem Siedlungskörper, von jeder Wohnung aus. Umgekehrt erschließt
der zentrale Platzraum jedes einzelne Gebäude, woraus insgesamt eine kompakte, städtebaulich differenzierte in den Hang eingebettete Siedlung entsteht.
Die Wohnungen verfügen über ein Typenspektrum vom Zwei- bis zum Vierspänner. Ihre Grundrisse organisieren jeweils verschiedene Zonen. Eine Rückhaltezone mit Schlaf- und Badezimmern, die sich nach Ost, West oder zum ruhigen Nordlicht ausrichtet und eine offene Zone mit Wohn-, Ess- und Kochbereich, die sich zur Sonnen- und Ausblicksseite orientiert und direkt an den Wohnungsaußenraum, Garten oder Balkon, anschließt. Von dort bieten sich Durchblicke auf die sanfte Emmentaler Hügellandschaft. Raumhohe, großflächige Fensterfronten mit Hebeschiebetüren bilden einen schwellenlosen Übergang vom Innen- zum Außenraum. Die offenen Übergänge zwischen den unterschiedlichen, lichtdurchfluteten Bereichen schaffen ein charakteristisches Raumgefühl.
Auch die großzügigen Loggien ermöglichen eine einmalige Weitsicht in die Umgebung. Die Balkon- und Loggiaebene zeichnet sich an der Außenhülle zwar ab, das eingesetzte Gurtsimselement bindet sie aber mit dem Baukörper zusammen und gliedert die Fassade horizontal – eine weitere Anlehnung an die Bauernhöfe der Umgebung, ihre horizontalen Balkone und Verdachungselemente. Auch die Holzschiebeelemente an den Fenstern erinnern an die typische Szene, wenn auf dem Bauernhof frühmorgens die Fensterläden geöffnet werden. Die Sonnenschutz-Elemente lassen sich von Hand verschieben und verleihen den Fassaden und der gesamten Siedlung jedes Mal ein etwas anderes Gesicht.