Theater Vidy

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1007 Lausanne,
Schweiz

Veröffentlicht am 24. März 2023
Pont 12 Architectes SA
Teilnahme am Swiss Arc Award 2023

Projektdaten

Basisdaten

Lage des Objektes
Avenue Emile-Henri-Jacques-Dalcroze 5, 1007 Lausanne, Schweiz
Projektkategorie
Fertigstellung
01.2023
Links

Gebäudedaten nach SIA 416

Stockwerke
2
Anzahl Kellergeschosse
1
Grundstücksfläche
122'762 m²
Geschossfläche
4737 m²
Nutzfläche
29'309 m²
Gebäudekosten (BKP 2)
18,0 Mio. CHF

Beschreibung

Das Projekt umfasst die Renovierung, Konformität und Erweiterung des Théâtre de Vidy.

Ausgangslage

Das Théâtre de Vidy ist ein wertvolles Überbleibsel des Pavillons «éduquer et créer» der Schweizerischen Landesausstellung von 1964. Der Zürcher Architekt Max Bill präsentierte einen innovativen Ansatz mit einem flexiblen Bausystem, das eine harmonische Verbindung von Elementen und Räumen auf einer Tragkonstruktion von fünf bis fünf Metern ermöglichte. Durch den Umbau, die Renovierung und die Erweiterung des Theaters wurden zwei wichtige Ziele verfolgt: Die Anpassung des bestehenden Gebäudes an die heutigen Standards und die Erfüllung der Anforderungen für die moderne Nutzung.

Entwurfsidee

Das Projekt zielt darauf ab, diesen Ort zu einem einladenden, mit dem Park verbundenen Ort zu machen, indem die Sichtbarkeit des Eingangs und die Spur des «Kunsthofs», des ursprünglichen Projekts von Max Bill im Süden verstärkt werden. Der Freilufthof, der einst eine bedeutende Verteilungsfunktion für den Pavillon hatte, behält seine symbolische Bedeutung als Ort des Austauschs bei. Mit dem Entfernen des südlichen Teils des Pavillons wurde ein offener Platz geschaffen, der zum See hin ausgerichtet ist. Das bestehende Gebäude gliedert sich L-förmig um die Salle Apothéloz, ein zentrales Element, das sich volumetrisch vom Ganzen abhebt. Das Projekt vereint im Nordflügel verschiedene Funktionen wie die Rezeption im Erdgeschoss und die Produktion im ersten Stock. Um das Gebäude nach Osten hin abzuschliessen und die bestehende Komposition zu ergänzen, wird ein Erweiterungsbau hinzugefügt. Dieser setzt die Funktionen des Nordflügels fort und erweitert die erkennbare «Skyline» des Theaters organisch. Durch seine versetzte Position um zwei Raster nach Süden im Vergleich zum Nordflügel erhält die Erweiterung eine Ostfront, wodurch der «Kunsthofs» teilweise seine ursprüngliche Form wiedererlangt und seinen Charakter als zentraler Austauschraum für das Theater zurückgewinnt. Die Erweiterung fügt sich kompakt in den Osten des Gebäudes ein und trägt dazu bei, die Öffnung des Parks zum See hin zu bewahren.

Projektierung

Um den heutigen Anforderungen gerecht zu werden, wurde der Hauptsaal des Théâtre de Vidy gesichert, modernisiert und neu gestaltet. Ebenso wurden die Arbeitsräume, Werkstätten und Garderoben saniert. Durch die Erweiterung des Theaters konnten Lager- und Technikräume sowie ein Proberaum integriert werden. Dieser Proberaum ermöglicht Uraufführungen parallel zum Betrieb des Apothéloz-Saals.

Die folgenden Massnahmen wurden ergriffen:
Renovierung des Saals und der Apothéloz-Bühne, insbesondere der gesamten Bühnentechnik.
-Erweiterung des Saalvolumens, um eine offene Regie zu integrieren und den Saal auf 430 Sitzplätze zu vergrössern
-Sanierung und Neugestaltung der Unterbühne, einschliesslich der Verlegung der Garderoben ins Obergeschoss
-Neugestaltung, Sanierung und Anpassung der Arbeitsräume
-Einrichtung eines Proberaums im Erweiterungsbau, der den Abmessungen der Bühne des Apothéloz-Saals entspricht
-Erstellung eines Brandschutzkonzepts, um das Gebäude auf den neuesten Stand zu bringen
-Anpassung der technischen Anlagen an die Normen
-Asbestsanierung der Decken im ersten Stock des gesamten Gebäudes und im Salle de la Passerelle
-Demontage und Neuanlage eines Dachkomplexes, um den aktuellen Energiestandards zu entsprechen
-Zugänglichkeit aller renovierten Bereiche für Menschen mit eingeschränkter Mobilität

Realisierung

Die Bauarbeiten begannen im Herbst 2020 mit den Abrissarbeiten im Nordflügel und im Apothéloz-Saal, parallel zum Beginn der Maurerarbeiten für den Erweiterungsbau. Um eine vollständige Neugestaltung zu ermöglichen, wurde der gesamte Raum bis auf die von Max Bill geschaffene Struktur komplett entkernt. Die Arbeiten am Südflügel begannen zeitversetzt, da diese Sanierung einfacher war und den Nutzern ihre Arbeitsräume schneller wieder zur Verfügung gestellt werden konnten, sodass dieser Gebäudeteil im Herbst 2021 wieder bezogen werden konnte. Nach der Renovierung und Erweiterung der Struktur des Apothéloz-Saals und der Fertigstellung des Mauerwerks konnten Anfang 2021 die Fassadenarbeiten beginnen. Eine Fassade aus Sandwichpaneelen umhüllt den Saal, darüber wird eine hinterlüftete Fassade angebracht. Den Abschluss bilden rohe Edelstahlkassetten, die an die Originalfassade von Max Bill erinnern. Die Covid-Krise sowie der Krieg in der Ukraine haben den Bauablauf stark beeinflusst. Unbekannte Lieferzeiten und erhebliche Preissteigerungen waren zu bewältigen. Trotzdem haben alle Beteiligten ihr Bestes gegeben, um das Projekt erfolgreich abzuschliessen.

Besonderheiten

Das Théâtre Vidy-Lausanne ist ein symbolträchtiges Gebäude, auch wenn es seit seiner Erbauung mehrfach umgebaut wurde. Es ist eines der Relikte der Landesausstellung von 1964 und zugleich das letzte Zeugnis der beispielhaften Umsetzung von Max Bill auf dem Ausstellungsgelände. Als Hauptwerk des Architekten hat das Gebäude eine nationale Bedeutung und wird als Gebäude von lokalem Interesse im Architekturinventar des Kantons Waadt geführt. Der Denkmalwert und die Wahrung seiner Identität standen bei der Projektentwicklung im Mittelpunkt der Überlegungen, wobei der Materialität und der Zusammensetzung der Volumen besondere Aufmerksamkeit geschenkt wurde. Das Projekt wurde in enger Zusammenarbeit mit der Denkmalpflege durchgeführt.

Der Text wurde von den Architekt*innen im Zusammenhang mit der Einreichung des Projektes für den Arc Award 2023 verfasst und von Nina Farhumand ins Deutsche übersetzt.

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