Umbau Weingut Besson-Strasser
,
Schweiz
Veröffentlicht am 03. April 2025
DOST Architekten GmbH
Teilnahme am Swiss Arc Award 2025
Projektdaten
Basisdaten
Gebäudedaten nach SIA 416
Beschreibung
Der Umbau des Weinguts Besson-Strasser in Laufen-Uhwiesen bei Schaffhausen folgt einer konsequent naturnahen Philosophie, die den Grundsätzen des biodynamischen Weinbaus verpflichtet ist. Für die architektonische Umsetzung zeichnet Dost Architektur GmbH verantwortlich. Das neue Raumkonzept berücksichtigt die sensiblen klimatischen Anforderungen eines Barriquekellers und verzichtet auf konventionelle technische Klimasteuerung zugunsten einer rein baulichen Lösung. Im Zentrum steht eine massive Stampfbetonwand, die sich über die gesamte Tiefe des Gebäudes erstreckt und nicht nur das architektonische Rückgrat bildet, sondern zugleich die Klimazone des Weinkellers auf natürliche Weise reguliert. In ihrer Anordnung entlang der südlichen und östlichen Gebäudeseite trennt sie den Keller in zwei Bereiche: eine kühlere Zone im bergseitig eingebetteten Norden und eine wärmere Zone im Süden, wodurch optimale Bedingungen für die Reifung von Rot- und Weissweinen geschaffen werden.
Der Barriquekeller übernimmt damit die Rolle eines stabilen, atmenden Raumes, der auf die natürlichen Bedingungen der Umgebung reagiert. Die poröse Struktur des grobkörnigen Betons unterstützt eine gezielte Feuchtigkeitsregulierung, indem sie Wasserdampf aufnehmen und wieder abgeben kann. Ergänzt durch die thermische Masse des Materials ergibt sich ein konstantes Raumklima mit Temperaturen zwischen 14 und 16 Grad Celsius sowie einer relativen Luftfeuchtigkeit von 70 bis 75 Prozent – vollständig ohne externe Energiezufuhr. Die Wahl des Stampfbetons lehnt sich an historische Bauweisen vernakulärer Architektur an und ist zugleich Ausdruck einer Low-Tech-Strategie, bei der die Bauphysik selbst zur funktionalen Ressource wird. Der Mischung wurde Pneumatit beigefügt, um das Innenraumklima weiter zu optimieren. Die Herstellung der Stampfbetonwand erfolgt in einem handwerklich aufwändigen Prozess: Erdfeuchter Beton wird in Lagen von etwa 15 bis 25 Zentimetern in eine Schalung eingebracht und händisch verdichtet. Nach ausreichender Trocknungszeit wird Schicht für Schicht aufgebaut, wodurch ein besonders homogener Wandaufbau mit hoher Festigkeit entsteht. Durch den geringen Wasseranteil entstehen kaum Schwindrisse, die Oberfläche bleibt offenporig und zeigt einen lebendigen, schichtigen Charakter, der den Ausdruck des Raumes prägt. Die Materialität des Betons, sein Verhältnis zu Luft und Feuchte, steht somit im Zentrum des architektonischen Konzepts – funktional und atmosphärisch zugleich.
Der Keller gliedert sich in zwei deutlich zonierte Klimabereiche und folgt in seiner Organisation der natürlichen Topografie. Die Hanglage wird auch in der Erschliessung genutzt: Während sich die repräsentativen Verkaufs- und Degustationsräume im Erdgeschoss befinden und über den Haupteingang erreichbar sind, erfolgt die Anlieferung der Trauben direkt in das Untergeschoss, wo sich die Verarbeitungshalle anschliesst. Diese räumliche Trennung zwischen Produktion und Publikumsverkehr ermöglicht einen reibungslosen Betriebsablauf. Das Dach des Weinkellers dient im Bereich des Erdgeschosses gleichzeitig als Erweiterung des Aussenraums: Eine grosszügige Terrasse mit Feuerstelle bildet einen atmosphärischen Ort für Veranstaltungen, der direkt in die Reblandschaft eingebunden ist. Der Umbau steht auch im Zeichen der Übergabe an die nächste Generation innerhalb des Familienbetriebs. Mit dem Generationenwechsel vollzieht sich zugleich der Schritt zu einer neuen, flexibleren und experimentelleren Herangehensweise an Weinbau und Produktion. Die Öffnung der bestehenden Produktionsflächen für variable Nutzungen trägt diesem Wandel Rechnung. Die Architektur reagiert auf unterschiedliche Erntequalitäten, wechselnde Prozesse und variable Produktionsschritte mit Offenheit und Anpassungsfähigkeit – ohne dabei die Beständigkeit des Reifeprozesses im Barriquekeller zu kompromittieren. Während in der Verarbeitung Flexibilität und Wandelbarkeit zentral sind, bleibt der Keller der Ort der klimatischen Konstanz und Reife.